Rz. 1263

[Autor/Stand] Bestimmung der finanziellen Überschüsse aus der Sicht der beteiligten Unternehmen. Zur Ermittlung des Einigungsbereichs sind zunächst die auf das Transferpaket entfallenden finanziellen Überschüsse zu bestimmen. Hierzu ist die Perspektive sowohl des übertragenden als auch des übernehmenden Unternehmens einzunehmen, wobei auf den Zeitpunkt der Verlagerung der Funktion abzustellen ist (§ 3 Abs. 1 FVerlV 2008, § 2 Satz 4 FVerlV 2022). Entscheidend ist dabei die Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters in der Position der beteiligten Unternehmen (§ 1 Abs. 4 FVerlV 2008). Die Bestimmung der finanziellen Überschüsse des Transferpakets richtet sich damit letztlich nach der bekannten Rechtsfigur des doppelten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (s. Rz. 227 ff.).[2] Bei der Bestimmung der auf das Transferpaket entfallenden finanziellen Überschüsse ist zwischen der direkten und der indirekten Methode zu unterscheiden.[3] Bei der direkten Methode werden unmittelbar die finanziellen Überschüsse des Transferpakets aus der Sicht der beteiligten Unternehmen ermittelt. Diese werden regelmäßig aus den für die Zukunft geplanten Jahresergebnissen abgeleitet. Erforderlich ist damit eine zweifache Bewertung.[4] Bei der indirekten Methode erfolgt dagegen eine Ermittlung der finanziellen Überschüsse der beteiligten Unternehmen jeweils vor und nach der Verlagerung der Funktion. Die finanziellen Überschüsse des Transferpakets ergeben sich in diesem Fall aus der Differenz der Unternehmenswerte vor und nach der Funktionsverlagerung. Dies erfordert eine vierfache Bewertung.[5] Hält man sich den Aufwand vor Augen, den eine Unternehmensbewertung erfordern kann, dürfte die Grenze des dem Steuerpflichtigen Zumutbaren damit deutlich überschritten sein.[6] Gleichwohl stehen die direkte Methode und die indirekte Methode grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander,[7] wobei in der Praxis aber regelmäßig die direkte Methode angewendet wird, weil diese einfacher zu handhaben ist.[8] Voraussetzung für eine Anwendung der indirekten Methode ist lediglich, dass die entsprechenden Berechnungen betriebswirtschaftlich nachvollziehbar sind. Was den Begriff der finanziellen Überschüsse anbelangt, ist festzustellen, dass dieser – anders als zuvor der Begriff der Gewinnpotenziale – weder in der FVerlV 2022 noch in den VWG VP 2023 definiert ist. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Begrifflichkeiten inhaltlich übereinstimmen, sodass für den Begriff der "finanziellen Überschüsse" auf die bisherige Definition nach § 1 Abs. 4 FVerlV 2008 zurückgegriffen werden kann. Unter "Finanzielle Überschüsse" sind demnach die aus der verlagerten Funktion jeweils zu erwartenden Reingewinne nach Steuern zu verstehen, auf die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter aus der Sicht des übertragenden Unternehmens nicht unentgeltlich verzichten würde und für die ein solcher Geschäftsleiter aus der Sicht des übernehmenden Unternehmens bereit wäre, ein Entgelt zu entrichten. Nach Verwaltungsauffassung[9] wird durch die Einnahme einer solchen Sichtweise zwischen dem übertragenden und dem übernehmenden Unternehmen eine Verhandlungssituation simuliert, die die unterschiedlichen Verhandlungspositionen und die jeweilige Verhandlungsstärke aufgrund der individuellen geschäftlichen Verhältnisse aus Sicht der beiden ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter berücksichtigt.

 

Rz. 1264

[Autor/Stand] Berücksichtigung von Handlungsalternativen, Standortvorteilen und Synergieeffekten. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 FVerlV 2008 sind die Gewinnpotentiale (finanziellen Überschüsse) des Transferpakets unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und tatsächlich bestehender Handlungsmöglichkeiten zu ermitteln und beinhalten auch Standortvorteile und Synergieeffekte.[11] Als Beispiele für solche Standortvorteile nennt die Finanzverwaltung[12] Unterschiede bei Lohn- und Materialkosten, Finanzierungskonditionen, die Qualität der Infrastruktur oder die Zuverlässigkeit und die Qualifizierung des Personals und der Materiallieferungen.[13] Auch Steuerbelastungsunterschiede und Investitionshilfen sollen Standortvorteile begründen können, ohne dass dies bereits die Annahme eines steuerlichen Missbrauchs rechtfertigen würde. Eine Begründung dafür, weshalb Standortvorteile, die allein dem ausländischen Unternehmen zustehen, zur Besteuerung im Inland herangezogen werden können, obwohl diese keinen Bezug zum inländischen Wertschöpfungsprozess aufweisen, bleibt die Finanzverwaltung freilich schuldig.[14] Ebenso wird es auch ein ausländischer Fiskus nicht anerkennen, wenn etwa eigene steuerliche Investitionsanreize berücksichtigt werden und insoweit den Verrechnungspreis zuungunsten des ausländischen Fiskus erhöhen.[15] Hinzu kommt, dass ein fremder Dritter nicht akzeptieren würde, dass die eigenen Standortvorteile bei der Bemessung des Kaufpreises zu seinen Lasten berücksichtigt werden. Insofern ist die Regelung auch nicht fremdvergleichskonfo...

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