Rz. 924

[Autor/Stand] Auffassung der Finanzverwaltung in den VWG-Funktionsverlagerung. Neben periodischen Besteuerungseffekten will die Finanzverwaltung auch aperiodische Besteuerungseffekte in die Ermittlung des jeweiligen Grenzpreises des Leistungserbringers und des Leistungsempfängers einbeziehen. Die Finanzverwaltung macht sich hierbei eine vereinzelt im Schrifttum vertretene Auffassung zu eigen,[2] ohne diese allerdings zu begründen oder aus den gesetzlichen Vorgaben abzuleiten. So heißt es in Rz. 118 der VWG-Funktionsverlagerung denkbar knapp: "Für die Berechnung des Mindestpreises des verlagernden Unternehmens ist auch dessen Steuerbelastung auf den Ertrag aus der Veräußerung von Bestandteilen des Transferpakets der verlagerten Funktion zu berücksichtigen."[3] Bei der Ermittlung der Preisgrenze des Leistenden soll mithin die Steuerbelastung auf den jeweiligen Ertrag aus der Veräußerung einbezogen werden (sog. Exit-Tax bzw. Tax-Gross-up). Zu der Ermittlung der Preisgrenze des übernehmenden Unternehmens (Höchstpreis) führen die VWG-Funktionsverlagerung in Rz. 125 aus, "dass auch die steuerlichen Auswirkungen der Aufwendungen für den Erwerb von Bestandteilen des Transferpakets der verlagerten Funktion (Abschreibungen auf erworbene Wirtschaftsgüter) zu berücksichtigen"[4] seien. Die Finanzverwaltung will also die Besteuerungseffekte des durch die Funktionsverlagerungsbesteuerung erst entstehenden Abschreibungspotentials (sog. Tax-Amortization-Benefit [TAB]) in die Ermittlung des Höchstpreises einbeziehen.

Die Berücksichtigung einer Exit-Tax und eines TAB ist weder Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens zum Unternehmensteuerreformgesetz gewesen, noch kann sie der Begründung des Verordnungsgebers zur FVerlV[5] entnommen werden[6]. Das BMF hat diese Beurteilung der Finanzverwaltung auch erst seiner endgültigen Fassung der VWG-Funktionsverlagerung zugrunde gelegt. Hierbei mutet es schon befremdlich an, dass die Finanzverwaltung ihre Auffassung im Wesentlichen anhand eines Beispiels darbringt.[7]

Beide Vorgaben der Finanzverwaltung bewirken, dass sich die Preisgrenzen deutlich erhöhen und es durch diese Art einer wertmäßigen "Parallelverschiebung nach oben" zu einer Steigerung des innerhalb des Einigungsbereichs ansetzbaren Werts z.B. für die Übertragung eines immateriellen Einzelwirtschaftsguts kommt.[8] Überdies führt die Barwertermittlung zu einer Einengung des Einigungsbereichs, weil die zeitlich später anfallenden abschreibungsbedingten Entlastungseffekte regelmäßig hinter dem Barwerteffekt der Exit-Tax zurückbleiben.[9]

 

Rz. 925

[Autor/Stand] Nationale und internationale Bewertungsgrundsätze. Wie bereits dargestellt, kann aus den gesetzlichen Vorgaben lediglich die Berücksichtigung laufender Besteuerungseffekte der finanziellen Überschüsse entnommen werden (Rz. 923).[11] Ebenso wenig sieht IDW S 1, auf den die VWG-Funktionsverlagerung ansonsten für Zwecke der Bewertung von Transferpaketen verweisen,[12] die Berücksichtigung einer Exit-Tax oder eines TAB vor. Nach IDW S 5 steht es im Bewertungsermessen, diese Besteuerungseffekte beim kapitalwertorientierten Verfahren in die Bewertung einzubeziehen.[13] Im Übrigen sind entgegen den gesetzlichen Vorgaben für den hypothetischen Fremdvergleich in Gestalt der Einigungsbereichsbetrachtung nach IDW S 5 die Modalitäten des Bewertungsverfahrens zwischen den Parteien frei verhandelbar.[14]

Die VWG-Funktionsverlagerung können zur Rechtfertigung nicht auf die international konsensfähige Auslegung des Fremdvergleichsgrundsatzes für die Verrechnungspreisermittlung nach den OECD-Leitlinien zurückgreifen. Zwar können nach den OECD-Leitlinien immaterielle Werte auch anhand eines Grenzpreiskonzepts bewertet werden, ohne dass jedoch die Berücksichtigung einer Exit-Tax oder eines TAB vorgesehen wäre.[15] Auch die Aussagen in Tz. 6.178 der OECD-Leitlinien[16] stellen keinen allgemeinen internationalen Konsens zur zwingenden Berücksichtigung einer Exit Tax und eines TAB bei der Bewertung dar, sondern sie beziehen sich auf die Formulierung von Bewertungsannahmen für die Anwendung ertragswertorientierter Bewertungsverfahren und stellen keine Auslegung oder Konkretisierung des Fremdvergleichsgrundsatzes dar.

Eine Fremdüblichkeit ergibt sich auch nicht aus der Bewertung im Rahmen der Übertragung einer Unternehmenstätigkeit bei Unternehmensrestrukturierungen. Hier kann sich die Bewertungsmethodik an derjenigen orientieren, die für Unternehmenskäufe verwendet wird.[17] Praxisberichte aus der Transaktionspraxis belegen allerdings, dass insbesondere bei Unternehmensbewertungen im Rahmen von Unternehmenskäufen die Exit-Tax und der TAB keine oder eine nur untergeordnete Rolle spielen.[18] In der Realität von Unternehmenstransaktionen werden solche Steuerwirkungen regelmäßig nicht vergütet.[19] Insofern lässt sich aus dem abstrakten Fremdvergleich die Berücksichtigung der Exit-Tax und des TAB nicht als fremdüblich ableiten. Aus dem Fremdvergleich lässt sich stattdessen ableiten, dass die Berüc...

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