Neue Verrechnungspreisrichtlinien konsolidieren diverse BEPS-Veröffentlichungen

Hintergründe
Verrechnungspreise stehen nach wie vor im Fokus von Steuerverwaltungen und Steuerzahlern. Regierungen müssen sicherstellen, dass die Gewinne multinationaler Unternehmen nicht künstlich aus ihrem Hoheitsgebiet verlagert werden und dass die von multinationalen Unternehmen in ihrem Land ausgewiesene Steuerbemessungsgrundlage die dort ausgeübte Wirtschaftstätigkeit widerspiegelt. Für Steuerpflichtige ist es wiederum wichtig, die Risiken einer Doppelbesteuerung zu kennen und zu begrenzen. Aus diesem Grund sind Leitlinien für die ordnungsgemäße Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes generell zu begrüßen. Besonders im vergangenen Jahr haben die OECD-Verrechnungspreisrichtlinien für deutsche Steuerpflichtige an Relevanz gewonnen, da das Bundesfinanzministerium mit dem Schreiben vom 14.7.2021 (BMF, Schreiben v. 14.7.2021, IV B 5 - S 1341/19/10017 :001) die alten Verrechnungspreisrichtlinien 2017 als Anlage in die "Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2021" (VWG VP 2021) aufgenommen hat. Diese sind in allen noch offenen Jahren für steuerliche Außenprüfungen durch die Betriebsprüfung verbindlich zu berücksichtigen.
Konsolidierung statt Neuregelung
Bei der Prüfung der neuen OECD-Verrechnungspreisrichtlinien vom 20.1.2022 wird schnell deutlich, dass von einem hohen Neuheitsgrad keine Rede sein kann. Vielmehr spiegelt die neue Ausgabe die Konsolidierung einer Reihe von Papieren wider, die aus dem Projekt zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (Base Erosion and Profit Shifting, "BEPS") hervorgegangen sind. Die Richtlinien wurden in Bezug auf die folgenden Punkte aktualisiert:
- Die "Überarbeiteten Leitlinien zur Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Gewinnaufteilungsmethode" ( Revised Guidance on the Application of the Transactional Profit Split Method, Juni 2018)
- Die "Leitlinien für Steuerverwaltungen zur Anwendung des Ansatzes für schwer zu bewertende immaterielle Wirtschaftsgüter" ( Guidance for Tax Administrations on the Application of the Approach to Hard-to-Value Intangibles, Juni 2018)
- Die "Verrechnungspreisleitlinien zu Finanztransaktionen" ( Transfer Pricing Guidance on Financial Transactions, Februar 2020)
Darüber hinaus wurden aus Gründen der Konsistenz und Kohärenz einige editorische Änderungen am Dokument vorgenommen. In den Anwendungsbeispielen zur Gewinnaufteilung im Anhang wurden einige Formulierungen angepasst, die jedoch nicht zu einer anderen Interpretation führen sollten, wie zum Beispiel die Verwendung von "Profit Split Factor" anstelle von "Allocation Key". Weiterhin haben sich manche Randziffern verschoben, insbesondere ab 1.107, da hier Randziffern zu risikolosen Zinsen aus den Leitlinien für Finanztransaktionen ergänzt wurden.
Komplexitätstreiber: OECD Guidelines vs. VWG VP 2021
Inhaltlich gibt es somit keine überraschenden Neuerungen im Hinblick auf die OECD-Verrechnungspreisrichtlinien. Dennoch lohnt es sich für Unternehmen mit ausländischen Tochtergesellschaften oder Betriebsstätten, die neuen Leitlinien im Blick zu haben, da sie künftig für die Analyse von Verrechnungspreisen anzuwenden sind. Unternehmen sollten die Auswirkungen der Änderungen für jedes Land, in dem sie aktiv sind, analysieren und ihre derzeitigen Verrechnungspreisansätze dementsprechend überprüfen.
Inwieweit das BMF die VWG VP 2021 anpassen wird, bleibt zwar fraglich, es ist aber anzunehmen, dass die Finanzverwaltung den Empfehlungen der OECD-Neuauflage folgen wird. Dies würde bedeuten, dass die neuen Regelungen über die Preisgestaltung bei Finanztransaktionen, die Methode der Gewinnaufteilung bei Transaktionen und die Anwendung des Ansatzes zur Bewertung immaterieller Vermögenswerte in die lokalen Rechtsvorschriften aufgenommen werden. Gleichzeitig sind die OECD-Richtlinien Kompromisspapiere der OECD-Mitgliedstaaten und daher oft sehr vage in ihren Empfehlungen. Dies wird in Zukunft unweigerlich zu einer zunehmenden Komplexität für den Rechtsanwender und zu einem weiteren Verlust an Rechtssicherheit bei Betriebsprüfungen führen. Das Problem der unzureichenden Spezifizierung des Bereichs der Verrechnungspreise wird daher aufgrund der dynamischen Entwicklung und Auslegung wohl langfristig aktuell bleiben.
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