Rz. 1187

[Autor/Stand] Funktionsverlagerungen auf ein Routineunternehmen unterliegen nicht der Funktionsverlagerungsbesteuerung. Nach § 1 Abs. 3b Satz 3, der inhaltlich weitgehend § 2 Abs. 2 FVerlV 2008 entspricht, werden von der Funktionsverlagerungsbesteuerung solche Sachverhalte ausgeschlossen, in denen die Funktion von dem übernehmenden Unternehmen nur gegenüber dem verlagernden Unternehmen ausgeübt und der Verrechnungspreis für die entsprechenden Lieferungen oder Leistungen auf Basis der Kostenaufschlagsmethode ermittelt wird. Diese Regelung ist zutreffend, da in diesen Fällen keine wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter auf das ausländische verbundene Unternehmen übergehen und es sich bei dem von dem übernehmenden Unternehmen erwirtschafteten Gewinn ausschließlich um einen angemessenen Funktionsgewinn handelt. Der Anwendungsbereich dieser Ausnahmeregel erstreckt sich insbesondere auf den Bereich der Funktionsabspaltungen. Eine Funktionsabspaltung liegt vor, wenn eine Funktion unter Beibehaltung der dazugehörigen Chancen und Risiken beim inländischen Unternehmen übertragen wird (Rz. 1156). Nach zutreffender Auffassung der Finanzverwaltung ist die Ausnahmeregelung insbesondere bei Funktionsabspaltungen anzuwenden, wenn auf das ausländische verbundene Unternehmen sog. "Routinefunktionen"[2] übertragen werden.[3] Typischer Anwendungsfall ist die Übertragung (eines Teils) der Produktion auf einen Lohnfertiger.[4] Mit der Übertragung einer Funktion auf ein Routineunternehmen werden mit dem übergehenden Transferpaket keine wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter und Vorteile übertragen, sodass der Anwendungsbereich der Einzelbewertung nach § 1 Abs. 3b Satz 2 eröffnet ist.

 

Rz. 1188

[Autor/Stand] Definition der Routinefunktion. Die Finanzverwaltung definiert das Routineunternehmen als ein Unternehmen, das als Ergebnis einer Funktions- und Risikoanalyse für den jeweiligen Geschäftsvorfall allein oder zusammen mit anderen nahestehenden Personen die Routinefunktionen ausübt, nur in geringem Umfang Vermögenswerte einsetzt und nur geringe Risiken trägt.[6] Als Routinefunktionen kommen bspw. die Erbringung konzerninterner, marktgängiger Dienstleistungen und einfache Vertriebsfunktionen in Betracht. Infolgedessen sind z.B. Lohn- oder Auftragsfertiger, der Kommissionär, der Low-Risk-Distributor oder der Auftragsforscher und -entwickler als Routinefunktionen zu qualifizieren. Das Funktionsprofil eines Routineunternehmens beschränkt sich regelmäßig auf die (konkrete) Funktions- bzw. Tätigkeitsausübung. Eigene Marktchancen und Risiken nimmt es nicht oder nur geringfügig wahr.[7] Die für die Geschäftsbeziehung wesentlichen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter werden nicht durch das Routineunternehmen eingesetzt, sondern durch den Auftraggeber – i.d.R. kostenlos – beigestellt. Insofern kennzeichnen das Risikoprofil eines Routineunternehmens lediglich die mit der Funktionsausübung verbundenen Risiken. Die eingeschränkte Funktionsausübung des Routineunternehmens ist grundsätzlich – ausgenommen die als Eigenhändler zu qualifizierende Low-Risk-Vertriebsgesellschaft oder -Einkaufsgesellschaft – als Dienstleistung an den Auftraggeber anzusehen. Für diese wird in der Verrechnungspreispraxis i.d.R. ein nach der Kostenaufschlagsmethode oder der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode (TNMM) ermitteltes kostenorientiertes Entgelt vergütet. Vor diesem Hintergrund vertritt die Finanzverwaltung zutreffend die Auffassung, dass Routineunternehmen "bei üblichem Geschäftsablauf keine Verluste, sondern regelmäßig geringe, aber relativ stabile Gewinne" erzielen.[8] Von Verlusten werden Routineunternehmen – bei gewöhnlichem Geschäftsverlauf – durch den Auftraggeber freigehalten, was durch die kostenorientierte Entgeltbemessung gewährleistet ist.[9]

 

Rz. 1189

[Autor/Stand] Keine Verlagerung eines Gewinnpotentials. Wird lediglich die Funktionsausübung auf ein Routineunternehmen übertragen, ist der Tatbestand der Funktionsverlagerung regelmäßig nicht erfüllt.[11] Sowohl die Funktion selbst als auch die mit ihr verbundenen Chancen und Risiken verbleiben in diesen Fällen beim verlagernden inländischen Unternehmen und gehen nicht auf das aufnehmende Unternehmen über.[12] Was die mit der Funktions- bzw. Tätigkeitsausübung einhergehenden Chancen und Risiken anbelangt, sind diese jedweder Tätigkeitsausübung eigen.[13] Sie erwachsen aus der Funktionsausübung selbst. Ebenso wenig gehen auf das Routineunternehmen ein Gewinnpotential ausmachende immaterielle Wirtschaftsgüter oder sonstige Vorteile über. Vielmehr wird es (lediglich) in die Lage versetzt, eine nur die Tätigkeitsausübung betreffende fremdvergleichskonforme Vergütung zu erzielen. Insofern rechtfertigt sich auch unter Fremdvergleichsgesichtspunkten keine Vergütung für ein übergehendes Transferpaket.[14] Von solchen Überlegungen geht auch die Begr. zu § 2 Abs. 2 FVerlV 2008 aus. Dort heißt es: "Auf ein solches Unternehmen [mit Routinefunktionen] gehen auf Grund der Funktionsv...

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