Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
Rz. 405
Zusammenhang. Zwischen der Einkunftsquelle und der Wirtschaftstätigkeit muss ein Zusammenhang bestehen. Der Zusammenhang ist dabei für jede Einkunftsquelle separat zu prüfen (sog. einkunftsquellenbezogene Prüfung). Der Begriff des Zusammenhangs ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der in besonderer Weise auslegungsbedürftig ist. Methodische Grundlage für die Bestimmung dieses Zusammenhangs ist das sog. Veranlassungsprinzip, das, wo auch immer das Ertragsteuerrecht einen Zusammenhang oder eine Zuordnung verlangt, für die Bestimmung dieses Zusammenhangs und der darauf aufbauenden Zuordnungsentscheidung einen fundamentalen methodischen Rahmen vorgibt, der anhand der jeweils betroffenen Norm (hier des § 50d Abs. 3 EStG) mittels allgemeiner Auslegungskriterien zu konkretisieren, d.h. mit sachgerechten Kriterien zu "füllen" ist. Ein Zusammenhang zwischen der Einkunftsquelle und der Wirtschaftstätigkeit liegt daher vor, wenn das Halten der Einkunftsquelle durch die Wirtschaftstätigkeit "veranlasst" ist. Wie dieser (Veranlassungs-)Zusammenhang zu konkretisieren ist, richtet sich nach allgemeinen Auslegungskriterien:
Rz. 406
Wirtschaftlich-funktionale Betrachtungsweise. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll der Zusammenhang zwischen der Einkunftsquelle und der Wirtschaftstätigkeit so zu verstehen sein, dass die Einkunftsquelle für die Wirtschaftstätigkeit eine wirtschaftliche Funktion erfüllt (sog. aktueller Zusammenhang) oder erfüllt hat (sog. fortdauernder Zusammenhang, vgl. Rz. 419), oder die Einkunftsquelle aus ihr resultiert (sog. Entstehungszusammenhang, vgl. Rz. 418). Maßgebend für die Feststellung des Zusammenhangs ist also eine wirtschaftlich-funktionale Betrachtungsweise i.S. eines wirtschaftlich-funktionalen Veranlassungszusammenhangs. Abzustellen ist dabei auf die tatsächliche oder beabsichtigte (vgl. Rz. 419) Nutzung der Einkunftsquelle für die Ausübung der Wirtschaftstätigkeit. Eine wirtschaftliche Funktion haben demnach alle Wirtschaftsgüter, die durch Förderung des Geschäftszwecks der Ausübung der Wirtschaftstätigkeit dienen (vgl. Rz. 410). Für die praktische Anwendung kann hier auf bereits vorhandene Grundsätze wirtschaftlich-funktionaler Veranlassung zurückgegriffen werden (zur weiteren Konkretisierung s. Rz. 410 ff.).
Rz. 407
Wesentlich. Nach dem Wortlaut des § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 1 EStG wird der Zusammenhang in der Weise konkretisiert, dass dieser "wesentlich" sein muss. Auch der Begriff "wesentlich" ist dabei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der in besonderer Weise auslegungsbedürftig ist. Die Wesentlichkeit des Zusammenhangs ist nicht so zu verstehen, dass die Einkunftsquelle im Sinne einer "wesentlichen Betriebsgrundlage" für das Ausüben der Wirtschaftstätigkeit notwendig oder erforderlich wäre. Es geht bei § 50d Abs. 3 EStG nicht um die Fortführung und den Erhalt betrieblicher Einheiten durch eine Umstrukturierungsmaßnahme, bei der das Kriterium der wesentlichen Betriebsgrundlage sachlich gerechtfertigt sein mag. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll die Wesentlichkeit des Zusammenhangs in der Weise zu verstehen sein, dass die wirtschaftliche Funktion (vgl. Rz. 406) der Einkunftsquelle für die Wirtschaftstätigkeit nicht nur eine "völlig untergeordnete Rolle" spielen darf. Dieses Kriterium erinnert an die Basisgesellschafts-Rechtsprechung des BFH, wobei dort die Wirtschaftstätigkeit an sich angesprochen war (vgl. Rz. 397); es bleibt daher unklar, ob sich der Gesetzgeber an diesen Rechtsprechungsgrundsätzen orientieren wollte. Mit anderen Worten – so die Gesetzesbegründung weiter – müsse „wirtschaftlich nachvollziehbar” sein, warum gerade die Körperschaft die Einkunftsquelle hält. Daraus wird ersichtlich, dass nach dem Willen des Gesetzgebers an die Wesentlichkeit des Zusammenhangs keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind ("nachvollziehbar", "völlig untergeordnet"). Das entspricht auch dem Zweck des § 50d Abs. 3 EStG, nur wirklich missbräuchliche Gestaltungen zu erfassen, was an sich schon eine hohe Hürde bedeutet. Gerade das Kriterium der "Wesentlichkeit" ist zudem in besonderer Weise am Maßstab des Missbrauchszwecks des § 50d Abs. 3 EStG, d.h. missbrauchsspezifischauszulegen, da anhand dieses Kriteriums das Gesetz letztlich die entscheidende Grenze zieht, ab der das zivilrechtliche Halten der Einkunftsquelle trotz einer bestehenden Wirtschaftstätigkeit einen Missbrauch indizieren soll. Die Wesentlichkeit des Zusammenhangs muss also vor dem Hintergrund einer zielgenauen Missbrauchsvermeidung interpretiert werden. Ein "wesentlicher Zusammenhang" fehlt erst, wenn wirtschaftlich nicht mehr nachvollziehbar ist, warum die Körperschaft die Einkunftsquelle hält. Dies hat die FinVerw nachzuweisen, wobei die erweiterten Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 AO zu berücksichtigen sind (vgl. Rz. 628 ff.). Für die Prüfung der wirtschaftlichen Nachvollziehbarkeit ist eine objektive Betrachtung aus der Sicht eines ordent...