"... d) einer oder mehrere der an der Gestaltung Beteiligten gehen in einem anderen Steuerhoheitsgebiet einer Tätigkeit nach, ohne dort ansässig zu sein oder eine Betriebstätte zu begründen; ..."
Rz. 47
Auffangbestimmung. Schließlich kann sich ein grenzüberschreitender Bezug aus einer Tätigkeit in einem anderen Steuerhoheitsgebiet ergeben, ohne dass der betreffende Beteiligte dort ansässig ist oder dort eine Betriebstätte unterhält. Die Regelung ist als Auffangbestimmung zu verstehen, so dass bereits eine Tätigkeit unterhalb der Schwelle einer steuerlichen Ansässigkeit oder der Belegenheit einer Betriebstätte für die Begründung eines grenzüberschreitenden Bezugs genügen kann.
Rz. 48
Steuerlich erhebliche Tätigkeit. Nach der Gesetzesbegründung ist einzige Voraussetzung des § 138d Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d AO, dass die Tätigkeit "steuerlich erheblich" i.S.d. § 138d Abs. 2 Nr. 2 AO sowie der zugrunde liegenden EU-Richtlinie ist. Dies sollte so zu verstehen sein, dass – ähnlich der Anforderung des § 138d Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c AO – ein Bezug bzw. ein Veranlassungszusammenhang zwischen der Tätigkeit und der fraglichen Gestaltung bestehen muss. Die Finanzverwaltung stellt zutreffend darauf ab, dass nur solche Tätigkeiten zu berücksichtigen sind, die für die konkrete Steuergestaltung relevant sind. Mit anderen Worten kann eine Tätigkeit, die in einem anderen Steuerhoheitsgebiet ausgeübt wird, ohne dass ein solcher Bezug besteht, nicht genügen, um einen grenzüberschreitenden Bezug i.S.d. § 138d Abs. 2 Nr. 2 AO herzustellen. Andere Anforderungen an die Tätigkeit i.S.d. § 138d Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d AO sind nicht ersichtlich. Nach Auffassung des BMF kann eine solche Tätigkeit auch digital, d.h. ohne physische Präsenz im betreffenden Steuerhoheitsgebiet ausgeübt werden.
Beispiel 27
Die A-GmbH erwirbt von der B-GmbH ein bebautes Grundstück im Inland. Die Übertragung ist als Steuergestaltung anzusehen. Die A-GmbH und die B-GmbH sind beide (allein) in Deutschland ansässig. Die A-GmbH erbringt digitale Dienstleistungen an Kunden in Deutschland, aber auch in Italien.
Lösung: Die Erbringung der digitalen Dienstleistungen der A-GmbH in Italien ist für die rechtliche Beurteilung des Grundstückserwerbs der A-GmbH irrelevant. Für die Beurteilung des grenzüberschreitenden Bezugs i.S.d. § 138d Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO ist sie daher nicht zu berücksichtigen.
Rz. 49
Ständiger Vertreter. Unklar ist, ob ein ständiger Vertreter nach § 13 AO bzw. eine Vertreterbetriebstätte nach Art. 5 Abs. 4 OECD-MA eine solche Tätigkeit (jenseits der Betriebstättendefinition nach § 12 AO bzw. Art. 5 Abs. 1 OECD-MA) darstellen können. Dies ist insbesondere deshalb zweifelhaft, weil ein Vertreter per Definition eine Person ist, die vom hier interessierenden "an der Gestaltung Beteiligten" verschieden ist. Der Vertreterbegriff verlangt, dass der Vertreter anstelle des Unternehmers Handlungen vornimmt, die in dessen Betrieb anfallen. Erforderlich ist demnach die Personenverschiedenheit von Unternehmer und (ständigem) Vertreter. Nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut kommt es aber darauf an, dass der "Beteiligte [...] einer Tätigkeit nach[geht]". Damit stellt sich die Frage, ob die Tätigkeit eines Vertreters dem Vertretenen (an der Gestaltung Beteiligten) als dessen eigene Tätigkeit zugerechnet werden kann. Ein Vertreter besorgt die Geschäfte eines Unternehmens, d.h., er nimmt anstelle des Vertretenen Handlungen vor. Ferner muss der Vertreter sachlich weisungsgebunden sein, d.h., das Handeln des Vertreters muss durch den Unternehmer bestimmt werden. Vor diesem Hintergrund sollte auch durch einen ständigen Vertreter eine i.S.d. § 138d Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b Doppelbuchst. dd AO Tätigkeit in einem anderen Steuerhoheitsgebiet ausgeübt werden können.