Rz. 1196

[Autor/Stand] Vorgang zwischen unabhängigen Dritten. Eine Funktionsverlagerung liegt außerdem nicht vor, wenn der Vorgang zwischen voneinander unabhängigen Dritten nicht als Veräußerung oder Erwerb einer Funktion angesehen würde. Dies war im früheren Recht noch ausdrücklich geregelt (vgl. § 1 Abs. 7 Satz 2 Alt. 2 FVerlV 2008), ist in der FVerlV 2022 indessen nicht mehr enthalten. In der Begründung zur FVerlV 2022 heißt es in diesem Zusammenhang, dass der bisherige § 1 Abs. 7 FVerlV 2008 entfallen konnte, da auch mit den verbleibenden Regelungen sichergestellt sei, dass es in derartigen Fällen nicht zur Verwirklichung einer Funktionsverlagerung kommt;[2] insoweit sollte sich im Vergleich zur vorherigen Rechtslage keine Änderung ergeben haben. Da die frühere Regelung in der FVerlV 2022 nicht mehr enthalten ist und auch in den VWG VP 2023 nicht auf die betreffenden Fälle eingegangen wird, ist gleichwohl eine gewisse Rechtssicherheit verloren gegangen. Indessen wird auch durch den BFH betont, dass es vornehmlich darauf ankomme, ob ein fremder Dritter bereit gewesen wäre, für das inländische Steuersubstrat (Funktion als Ganzes) ein Entgelt zuzahlen.[3] Auch insoweit sollte der Gedanke des § 1 Abs. 7 Satz 2 Alt. 2 FVerlV 2008 weiter maßgebend sein und es kann auf die frühere Regelung Bezug genommen werden.

 

Rz. 1197

[Autor/Stand] Vorgang zwischen voneinander unabhängigen Dritten unter Geltung der FVerlV 2008. § 1 Abs. 7 Satz 2 Alt. 2 FVerlV 2008 regelte ausdrücklich, dass eine Funktionsverlagerung nicht vorliegt, "wenn der Vorgang zwischen voneinander unabhängigen Dritten nicht als Veräußerung oder Erwerb einer Funktion angesehen würde." Diese Regelung ist insofern sachgerecht, als auch bei Funktionsverlagerungen nach dem Grundsatz des Fremdvergleichs zu prüfen ist, ob diese zwischen unabhängigen Dritten (d.h. nach dem Modell des hypothetischen Fremdvergleichs zwischen zwei ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleitern) vergütet worden wären.[5] Dies ist nach der Begr. der FVerlV 2008 insbesondere bei Funktionsverlagerungen ohne relevante Gewinnauswirkungen (sog. Bagatellfälle) sowie bei Vorgängen, die formal den Tatbestand einer Funktionsverlagerung erfüllen, aber entsprechend dem Fremdvergleichsgrundsatz tatsächlich anders abgewickelt werden, der Fall. Letzteres gilt z.B. für die fristgerechte Kündigung von Verträgen oder das Auslaufen von Vertragsbeziehungen.[6] Dass in diesen Fällen keine Funktionsverlagerung anzunehmen ist, ist insofern sachgerecht, als hier i.d.R. die Voraussetzung einer Geschäftsbeziehung i.S.d. § 1 Abs. 4 nicht erfüllt ist.

 

Rz. 1198

[Autor/Stand] Zeitlich befristete und geringfügige Verlagerungen (Bagatellfälle). Nach der Begr. zu § 1 Abs. 7 Satz 2 Alt. 2 FVerlV 2008 bezieht sich diese Vorschrift in ihrer ersten Fallgruppe auf zeitlich befristete und geringfügige Verlagerungen (sog. Bagatellfälle), die mangels relevanter Gewinnauswirkungen aus der Funktionsverlagerungsbesteuerung ausgenommen werden sollen, obgleich die Tatbestandsvoraussetzungen einer Funktionsverlagerung erfüllt sind.[8] Im Hinblick auf die konkrete Abgrenzung der Geringfügigkeits- bzw. Wesentlichkeitsgrenze verweisen die VWG-Funktionsverlagerung auf die Bagatellregelung, die in Fällen der Funktionsverdoppelung für die Feststellung einer nicht nur geringfügigen Funktionseinschränkung zum Tragen kommt.[9] Demnach führen Umsatzrückgänge von weniger als 1 Mio. Euro nicht zu einer Funktionsverlagerungsbesteuerung. Darüber hinaus führen die VWG-Funktionsverlagerung exemplarisch die Verlagerung eines einzelnen Auftrags als Beispielsfall für § 1 Abs. 7 Satz 2 Alt. 2 FVerlV 2008 an. Dies ist allerdings insofern nicht sachgerecht, als bei der Verlagerung eines einzelnen Auftrags die Voraussetzungen einer Funktionsverlagerung regelmäßig nicht erfüllt sind.

 

Rz. 1199

[Autor/Stand] Fristgerechte Kündigung von Verträgen und Auslaufen von Vertragsbeziehungen. Die zweite Fallgruppe des § 1 Abs. 7 Satz 2 Alt. 2 FVerlV erfasst Vorgänge, die formal als Funktionsverlagerung zu qualifizieren sind, aber entsprechend dem Fremdvergleichsgrundsatz tatsächlich anders abgewickelt werden. Dies gilt insbesondere für die fristgerechte Kündigung von Verträgen (z.B. von Lizenz-, Vertriebs-, Kommissionärs- oder Handelsvertreterverträgen) oder das Auslaufen von Vertragsbeziehungen.[11] Die VWG-Funktionsverlagerung führen darüber hinaus exemplarisch die zentrale, optimierte Steuerung der Produktion durch die Muttergesellschaft und die damit verbundene Zuteilung eingehender Aufträge an die Produktionsgesellschaften des Konzerns an.[12]

 

Rz. 1200

[Autor/Stand] Beendigung eines Lizenzvertrages. Die Anwendung des § 1 Abs. 7 Satz 2 Alt. 2 FVerlV 2008 kann an folgendem Beispiel dargestellt werden:

 

Beispiel:

Die in Deutschland ansässige A-AG hat mit ihrer ebenfalls in Deutschland ansässigen Tochtergesellschaft, der T-GmbH, einen Lizenzvertrag abgeschlossen, wonach die Marke ABC von der A-AG an die T-GmbH lizenziert wird. Der Lizenzvertrag wurde 2019 abgeschlo...

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