Rz. 39
Einbringung in eine Kapitalgesellschaft nach dem 31.12.2013. Im Jahr 2014 wurde § 50 i im Zuge des KroatienAnpG um einen zweiten Absatz angereichert, der eine Zwangsbesteuerung der in den von § 50 i erfassten Wirtschaftsgütern und Anteilen ruhenden stillen Reserven bei bestimmten Umwandlungs- und Einbringungsvorgängen, bei steuerneutralen Überführungs- oder Übertragungsvorgängen, bei der Unternehmensnachfolge oder im Falle des sog. Strukturwandels der Personengesellschaft vorsah. Die Vorschrift war nach § 52 Abs. 48 Sätze 4 und 5 EStG i.d.F. des KroatienAnpG auf Umwandlungen, Einbringungen etc. anzuwenden, die nach dem 31.12.2013 beschlossen, vertraglich vereinbart oder tatsächlich vollzogen wurden. Mit dem am 23.12.2016 im Bundesgesetzblatt veröffentlichten BEPS-UmsG I wird nur noch die Einbringung in eine Kapitalgesellschaft nach § 20 UmwStG als Zwangsrealisationstatbestand von § 50i Abs. 2 erfasst. Die Gesetzesänderung von § 50i Abs. 2 erfolgte mit Rückwirkung: nach § 52 Abs. 48 Satz 4 ist § 50i Abs. 2 i.d.F. des Artikels 7 des Gesetzes v. 20.12.2016 erstmals für Einbringungen anzuwenden, bei denen der Einbringungsvertrag nach dem 31.12.2013 geschlossen worden ist; § 52 Abs. 48 Satz 5 EStG i.d.F. des KroatienAnpG wurde gelöscht. Die mit dem KroatienAnpG eingeführten Zwangsbesteuerungstatbestände wurden damit rückwirkend beseitigt, d.h., sie sind in keinem Fall anzuwenden. Die rückwirkende Beseitigung von Zwangsbesteuerungstatbeständen ist verfassungsrechtlich nicht nur nicht zu beanstanden, sondern ausdrücklich zu begrüßen. Gleichwohl stellt sich weiterhin die Frage, ob in Bezug auf die Zwangsbesteuerung von bestimmten Einbringungsvorgängen nach § 20 UmwStG ggf. eine unzulässige Rückwirkung bestehen kann.
Rz. 40
(Un)echte Rückwirkung. Die erstmalige Anwendung von § 50 i Abs. 2 auf Vorgänge ab dem Veranlagungszeitraum 2014 entfaltet eine unechte Rückwirkung. In Einbringungsfällen, die im ersten Halbjahr 2014 mit steuerlicher Rückwirkung auf den 31.12.2013 (oder einen früheren Zeitpunkt) vollzogen wurden, ist eine echte Rückwirkung gegeben, weil die aus der rückwirkenden Versagung des Buchwertansatzes resultierende Ertragsteuer bereits zum Tag des steuerlichen Rückbeziehungszeitpunkts (31.12.2013 oder früher) entsteht und damit im Jahr vor Verabschiedung des KroatienAnpG. Aus vertrauensschutzrechtlicher Sicht ist dies insb. dann höchst problematisch, wenn ein Vorgang bereits vor Bekanntwerden der Gesetzesänderung irreversibel verwirklicht worden ist. Es ist nicht ersichtlich, warum Stpfl., die vor der Gesetzesänderung ihre § 50 i-Struktur beseitigen oder entschärfen wollten, kein schutzwürdiges Vertrauen haben sollten. Der pauschale Verdacht des Gesetzgebers, dass alle von § 50 i betroffenen Stpfl. nur deshalb eine Transaktion i.S. des § 50 i Abs. 2 wählen würden, um sich einer Inlandsbesteuerung zu entziehen, weshalb ihr Verhalten als "grob treuwidrig" einzustufen wäre und kein Vertrauensschutz zu gewähren sei, ist nicht haltbar. Bis zum Bekanntwerden der Gesetzesänderungen durch das KroatienAnpG konnten die Stpfl. davon ausgehen, dass Transaktionen i.S. von § 50 i Abs. 2 insb. deshalb steuerneutral möglich sind, weil § 50 i aufgrund seiner Sperrwirkung (Anm. 49) eine Inlandsverhaftung der stillen Reserven in den "bewegten" Wirtschaftsgütern und Anteilen vor und nach der Transaktion sicherstellt. Anders betrachtet hätten die Stpfl. vor Schaffung von § 50 i die "entstrickten" Wirtschaftsgüter und Anteile ohnehin ohne Besteuerungskonsequenzen im Inland übertragen oder überführen können, weil Deutschland nach der BFH-Rspr. kein Besteuerungsrecht hatte (Anm. 10). Auf die Inanspruchnahme einer privilegierten Buchwertfortführung käme es dann nicht mehr an. Man könnte sogar argumentieren, dass durch § 50 i ein Vertrauen der Stpfl. dahingehend verstärkt wurde, dass Buchwertübertragungen möglich sind, weil mit § 50 i eine unilaterale Steuerverhaftung perpetuiert wurde. Es besteht also keine Rechtfertigung dafür, solche Transaktionen zu sanktionieren, die nur wegen § 50 i in die deutsche Steuerverhaftung zurückgekehrt sind. Nach dieser Betrachtungsperspektive hat § 50 i a.F. zunächst aus deutscher Fiskalsicht für eine Gleichbehandlung von Personengesellschaften i.S. des § 15 Abs. 3 EStG (bzw. Besitzunternehmen) und originär gewerblichen Personengesellschaften gesorgt (eine abkommensrechtliche Zuordnung der Wirtschaftsgüter zu einer Inlandsbetriebsstätte unterstellt), in dem den vormals "privilegierten" Personengesellschaften i.S. des § 15 Abs. 3 EStG (und Besitzunternehmen) die Möglichkeit genommen wurde, Betriebsvermögen ohne Inlandsbesteuerung zu verkaufen. Durch die Ergänzung von § 50 i um den hier diskutierten zweiten Absatz werden die vormals noch privilegierten Rechtsformen aber in krasser Form gegenüber den originär gewerblich tätigen Personengesellschaften benachteiligt, da letztere ohne Zwangsrealisation der stillen Reserven nach § 50i Abs. 2 in eine Kapital...