Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
"(3) Soweit in Anwendung des § 10 Abs. 3 Wirtschaftsgüter erstmals zu bewerten sind, sind sie mit den Werten anzusetzen, die sich ergeben würden, wenn seit Übernahme der Wirtschaftsgüter durch die ausländische Gesellschaft die Vorschriften des deutschen Steuerrechts angewendet worden wären."
Rz. 13
Keine inhaltliche Gesetzesänderung. § 20 Abs. 3 wurde im StÄndG 1992 in § 21 Abs. 3 übergeleitet. Abgesehen davon handelt es sich zusammen mit Abs. 2 um die einzigen Absätze, die inhaltlich nie geändert wurden. Im Gegensatz zu § 21 Abs. 2 hat die Vorschrift auch heute noch Bedeutung. Dies zeigt sich zB dann, wenn unbeschränkt steuerpflichtige Personen einen ausländischen (Teil-)Konzern erwerben und damit erstmalig in die Hinzurechnungsbesteuerung eintreten. Die Problematik der Vorschrift muss auch vor dem Hintergrund des § 6 Abs. 1 Nr. 5 a EStG, weil der Gesetzgeber dort eine Regelung geschaffen hat, aufgrund derer Wirtschaftsgüter mit ihrem gemeinen Wert zu bewerten sind, wenn sie erstmalig von der inländischen Steuerpflicht erfasst werden.
Rz. 14
Vorschrift mit nur deklaratorischer Bedeutung. Man kann zu § 21 Abs. 3 sicherlich die Frage aufwerfen, ob die Vorschrift Überleitungscharakter hat oder ob sie von konstitutiver oder nur von deklaratorischer Bedeutung ist. Die Antwort auf diese Frage findet sich gewissermaßen im AEAStG, der Fragen der Eröffnungsbilanz nur in Tz. 10.3.3 regelt und in Tz. 21 nicht einmal anspricht. Daraus folgt, dass § 21 Abs. 3 nur deklaratorischen Charakter hat. Dies beantwortet jedoch noch nicht die Frage, ob die Vorschrift rechtspolitisch richtig ist und ob nicht ein offener Wertungswiderspruch zu § 6 Abs. 1 Nr. 5 a EStG besteht.
Rz. 15
Erstmalige Bewertung von Wirtschaftsgüter in Anwendung des § 10 Abs. 3. § 21 Abs. 3 spricht den Fall der erstmaligen Bewertung von Wirtschaftsgütern in Anwendung von § 10 Abs. 3 an. § 10 Abs. 3 sieht insoweit die Anwendung von Vorschriften des deutschen Steuerrechts vor, weshalb es sich nur um eine Bewertung nach deutschem Steuerrecht handeln kann. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt, in dem ein Wirtschaftsgut erstmalig in einer Hinzurechnungsbilanz zu erfassen ist. Dies kann einerseits von einer Mehrheitsbeteiligung von Steuerinländern abhängen. Die erstmalige Erfassung kann aber auch darauf beruhen, dass bestimmte Wirtschaftsgüter erstmalig zum passiven Erwerb eingesetzt werden. Schließlich kann auch die Niedrigbesteuerung von Einkünften, die mit einem Wirtschaftsgut erzielt werden, "erstmalig" einsetzen. Umgekehrt kann ein Wirtschaftsgut aus der Hinzurechnungsbesteuerung ausscheiden. Für diesen Fall kann aus dem Rechtsgedanken des § 21 Abs. 3 abgeleitet werden, dass kein "Aufgabegewinn" entsteht. Für die Annahme eines solchen fehlt es im deutschen Steuerrecht an einer Rechtsgrundlage.
Rz. 16
Übernahme der Wirtschaftsgüter durch die ausländische Gesellschaft. § 21 Abs. 3 spricht von "Übernahme der Wirtschaftsgüter durch die ausländische Gesellschaft". Der Begriff stellt auf den Zeitpunkt ab, in dem die ausländische Gesellschaft erstmalig wirtschaftlicher Eigentümer eines Wirtschaftsgutes wurde und dasselbe nach deutschem Steuerrecht hätte in der Steuerbilanz ausweisen müssen. Der Begriff "Übernahme" ist vor allem dann zu beachten, wenn die ausländische Gesellschaft ihrerseits aus einer Umwandlung entstanden ist. In einem solchen Fall stellt § 21 Abs. 3 nur fiktiv auf die Anwendung deutschen Steuerrechts ab dem Zeitpunkt der Umwandlung ab.
Rz. 17
Werte. § 21 Abs. 3 spricht von den "Werten", mit denen Wirtschaftsgüter anzusetzen sind. Aus der Verwendung dieses Begriffs folgt, dass es sich bei § 21 Abs. 3 um eine reine Bewertungsvorschrift handelt. Zwar ist eine eröffnende Hinzurechnungsbilanz erstmals auf den Zeitpunkt aufzustellen, in dem die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen (s. § 7 Rz. 4.1) erfüllt sind. Dies berührt jedoch nicht die Möglichkeit, dass die ausländische Gesellschaft bestimmte Wirtschaftsgüter schon vorher inne hatte und dass deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten sich auf einen früheren Zeitpunkt beziehen. Mit anderen Worten hat der Zeitpunkt, zu dem erstmals eine eröffnende Hinzurechnungsbilanz zu erstellen ist, keine zwangsläufige Rückwirkung auf den Wertansatz der Wirtschaftsgüter. Im Einzelnen ist zwischen folgenden Fallgestaltungen zu unterscheiden:
Rz. 18
Fallgestaltung Nr. 1: Steuerinländer gründen eine ausländische Gesellschaft, die zunächst ausschließlich aktiven Tätigkeiten nachgeht und erst ab einem bestimmten Zeitpunkt auch oder ausschließlich niedrig besteuerte Einkünfte aus passivem Erwerb erzielt. In diesem Fall ist die ausländische Gesellschaft seit Gründung von Steuerinländern beherrscht. Für die Wertansätze in der eröffnenden Hinzurechnungsbilanz ist von dem Zeitpunkt auszugehen, in dem die ausländische Gesellschaft erstmalig niedrig besteuerte Einkünfte aus passivem Erwerb erzielt. Liegt dieser Zeitpunkt vor dem Zeitraum, in...