1. Definition des Mindestwertänderungsrisikos (Satz 1)
„(3) [1] Der Gläubiger der Kapitalerträge muss unter Berücksichtigung von gegenläufigen Ansprüchen und Ansprüchen nahe stehender Personen das Risiko aus einem sinkenden Wert der Anteile oder Genussscheine im Umfang von mindestens 70 Prozent tragen (Mindestwertänderungsrisiko). ...”
Rz. 83
Legaldefinition des Mindestwertänderungsrisikos für die Zwecke des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2. Der Gläubiger der Kapitalerträge (s. Rz. 58) muss gemäß § 50j Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG während der Mindesthaltedauer ununterbrochen das "Mindestwertänderungsrisiko" tragen (s. Rz. 67 f.), um einen DBA-Entlastungsanspruch (s. Rz. 47) im Erstattungsverfahren nach § 50d Abs. 1 EStG (s. Rz. 54) geltend machen zu können. Das Mindestwertänderungsrisiko wird durch den Abs. 3 Satz 1 des § 50j EStG definiert. Es bezieht sich auf die Aktien oder Genussscheine, deren Kapitalerträge dem Erstattungsantrag zugrunde liegen. Auch im Rahmen des Abs. 3 Satz 1 sind unter "Anteile[n]" nur Aktien zu verstehen (vgl. Rz. 30). Die Definition des Mindestwertänderungsrisikos stimmt mit derjenigen des § 36a Abs. 3 Satz 1 EStG überein.
Rz. 84
Wertverlustrisiko von mindestens 70 %. Das Mindestwertänderungsrisiko wird als reines Verlustrisiko aus einem sinkenden Wert der Aktien oder Genussscheine definiert. Dieses Risiko besteht bei einem isoliert betrachteten Wertpapierkauf bei 100 %, da ein sinkender Wert eines Wertpapiers das Vermögen des Inhabers um denselben Betrag verringert. § 50j Abs. 3 Satz 1 EStG lässt es ausreichen, wenn unter Berücksichtigung weiterer Ansprüche (s. Rz. 85) des Gläubigers der Kapitalerträge und der ihm nahestehenden Personen (s. Rz. 86) die resultierende Vermögensverringerung bei zumindest 70 % des verringerten Wertpapierwerts bestünde. Der Satz 2 des § 50j Abs. 3 EStG enthält ein Beispiel für ein fehlendes hinreichendes Wertverlustrisiko (s. Rz. 87). Das BMF-Schreiben zur Schwestervorschrift des § 36a EStG (s. Rz. 15) bietet, insbesondere mit Bezug auf gängige Finanzmarktinstrumente, die Kursverluste absichern (s. Rz. 85), eine Vielzahl von Berechnungsbeispielen, die aufgrund der identischen Definition des Mindestwertänderungsrisikos sowie der gleichen Zielrichtung (s. Rz. 15) auf die Anwendung des § 50j EStG übertragen werden können.
Rz. 85
Gegenläufige Ansprüche. Das Wertverlustrisiko (s. Rz. 84) ist unter Berücksichtigung gegenläufiger Ansprüche sowohl des Gläubigers der Kapitalerträge selbst als auch der ihm nahestehenden Personen (s. Rz. 86) zu berechnen. Sie sind "gegenläufig", wenn die Höhe des Anspruchs negativ mit dem Wert der betreffenden Aktie oder des betreffenden Genussscheines korreliert, wenn also die Höhe des Anspruchs steigt, sofern der Wert der Aktie oder des Genussscheins sinkt, und umgekehrt. Solche gegenläufigen Ansprüche können aus jeglichen Rechtsgeschäften stammen. § 50j Abs. 3 Satz 2 EStG nennt – nicht abschließend – Kurssicherungsgeschäfte als mögliche Rechtsgeschäfte (s. Rz. 87). Der Finanzmarkt bietet derzeit eine ganze Reihe von Produkten, die in standardisierter Form Rechtsgeschäfte anbieten, die gegenläufige Ansprüche zu einzelnen Wertpapieren verbriefen. Hierzu gehören laut dem BMF-Schreiben zur Schwestervorschrift des § 36a EStG (vgl. Rz. 15) z. B. Optionsscheine, Futures, Forwards, Aktien-Swaps, Aktienindex-Swaps und Leerverkaufspositionen.
Rz. 86
Nahestehende Personen. Bei der erforderlichen Berücksichtigung von Ansprüchen nahestehender Personen sind solche Personen zu berücksichtigen, die im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG nahestehend sind (s. § 1 AStG Rz. 501 ff.).
2. Kurssicherungsgeschäfte (Satz 2)
„(3) ... [2] Kein hinreichendes Mindestwertänderungsrisiko liegt insbesondere dann vor, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge oder eine ihm nahe stehende Person Kurssicherungsgeschäfte abgeschlossen hat, die das Wertänderungsrisiko der Anteile oder Genussscheine unmittelbar oder mittelbar um mehr als 30 Prozent mindern.”
Rz. 87
Beispiel für fehlendes Mindestwertänderungsrisiko. § 50j Abs. 3 Satz 2 EStG gi...