Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer, Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
Rz. 421
Vergleich mit anderen Vorschriften. § 10 Abs. 4 folgt seinem Wortlaut und seiner Zielsetzung nach weitgehend dem § 50 Abs. 1 Satz 1 EStG, weshalb zur Auslegung der Vorschrift in vollem Umfang auf die Kommentierung zu § 50 EStG Bezug genommen werden kann. In § 10 Abs. 4 ist nur von einem „wirtschaftlichen Zusammenhang” die Rede, weshalb eine Unmittelbarkeit nicht erforderlich ist. Entsprechend gelten die zu § 3 c EStG entwickelten Grundsätze im Rahmen des § 10 Abs. 4 nicht.
Rz. 422
Betriebsausgaben/Werbungskosten. § 10 Abs. 4 spricht ausdrücklich nur Betriebsausgaben an. In Anm. 218.1 und 300 wurde jedoch die Auffassung vertreten, dass eine ausländische Zwischengesellschaft auch Überschüsse der Einnahmen über die Werbungskosten i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG erzielen kann. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob § 10 Abs. 4 sinngemäß auch auf Werbungskosten anwendbar ist. Diese Frage ist zu bejahen. § 10 Abs. 4 soll nur klarstellende Bedeutung haben. Es ist jedenfalls kein Rechtfertigungsgrund für eine unterschiedliche Behandlung von Betriebsausgaben und Werbungskosten zu erkennen. Möglicherweise hat der Gesetzgeber geglaubt, auf ausländische Zwischengesellschaften sei immer § 8 Abs. 2 KStG anzuwenden. Dem steht jedoch der Wortlaut von § 7 Abs. 1 entgegen. Danach können auch Personenvereinigungen oder Vermögensmassen ausländische Gesellschaft sein. Personenvereinigungen und Vermögensmassen müssen jedoch nicht unter § 8 Abs. 2 KStG fallen. Es handelt sich deshalb um ein gesetzgeberisches Versehen.
Rz. 423
Reine Zwischengesellschaften. Die wohl entscheidende Frage innerhalb des § 10 Abs. 4 geht dahin, ob der Anwendungsbereich der Bestimmung auf Gesellschaften mit sog. gemischten Tätigkeiten (vgl. Anm. 224, 243) beschränkt ist oder ob auch reine Zwischengesellschaften nichtabzugsfähige Betriebsausgaben i.S. von § 10 Abs. 4 haben können. Wendt bejaht letztere Möglichkeit. Unserer Auffassung nach ist sie jedoch nicht gegeben. Dazu ist von § 4 Abs. 4 EStG auszugehen. Diese Bestimmung erfordert für jede Ausgabe, die als Betriebsausgabe abgezogen werden soll, eine betriebliche Veranlassung. Der Begriff der betrieblichen Veranlassung unterscheidet sich von dem des wirtschaftlichen Zusammenhangs nur in der Theorie. Stehen z.B. Ausgaben objektiv nur im Zusammenhang mit der Person eines Gesellschafters der Zwischengesellschaft, so sind sie i.S. des § 4 Abs. 4 EStG nicht betrieblich veranlasst, sondern als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren. Entsprechend geht auch in dem von Wendt, aaO, gebildeten Bürgschaftsfall die allein interessierende Frage dahin, ob für die Bürgschaftsübernahme eine betriebliche oder eine außerbetriebliche (= in der Gesellschaftersphäre begründete) Veranlassung gegeben ist. Je nach der Beantwortung dieser Frage ergibt sich die Korrektur der Zwischeneinkünfte bereits aus § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, der dem § 10 Abs. 4 logisch vorgeht. Daraus folgt dann aber, dass bei reinen Zwischengesellschaften das in § 4 Abs. 4 EStG verankerte Veranlassungsprinzip das entscheidende Abgrenzungskriterium bildet. Die Funktion des § 10 Abs. 4 beschränkt sich darauf, bei Gesellschaften mit gemischten Tätigkeiten die Bereiche der aktiven und passiven Tätigkeiten voneinander abzugrenzen. Für die Abgrenzung soll auf den wirtschaftlichen Zusammenhang als ein objektives Kriterium abgestellt werden. § 10 Abs. 4 will also keinen neuen Betriebsausgabenbegriff nur für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung schaffen.
Rz. 424
Kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang. Ist in den genannten Fällen als Abgrenzungskriterium auf den wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen, so interessiert vor allem die steuerliche Behandlung der Ausgaben, die sowohl mit den aktiven als auch mit den passiven Tätigkeiten in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (z.B. Miete für ein Büro, von dem aus die Gesellschaft sowohl aktive als auch passive Tätigkeiten ausübt). In einem solchen Fall muss man eine Aufteilung vornehmen. Dies gebietet der den Betriebsausgabenbegriff beherrschende Veranlassungsgedanke. Zur Auslegung kann auf § 50 Abs. 1 Satz 1 EStG zurückgegriffen werden. Die Aufteilung hat nach objektiven Kriterien zu erfolgen. Die bestehenden wirtschaftlichen Zusammenhänge sind dabei zu gewichten. In erster Linie ist eine direkte Gewinnermittlungsmethode anzuwenden und hilfsweise eine Aufteilung nach Umsätzen vorzunehmen. Ein Aufteilungsverbot, wie es z.B. nach h.M. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG beinhaltet, besteht für den hier interessierenden Bereich nicht. Im Übrigen ist ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit Zwischeneinkünften stets anzunehmen, wenn die Entstehung der Ausgaben objektiv und unmittelbar auf wirtschaftliche Vorgänge zurückzuführen sind, die den passiven Erwerb der Zwischengesellschaft betreffen. Allerdings kann auch ein nur mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang den (ggf. anteiligen) Betriebsausgabenabzug begründen. Der wirtsch...