"(4) Bei der Anwendung der Absätze 1 und 3 sind bei einer Person Gewerbebetriebe, Beteiligungen, Einkünfte und Vermögen einer ausländischen Gesellschaft im Sinne des § 5, an der die Person unter den dort genannten Voraussetzungen beteiligt ist, entsprechend ihrer Beteiligung zu berücksichtigen."
Rz. 301
Funktion. Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht könnte leicht durch Zwischenschaltung einer ausländischen Gesellschaft umgangen werden. Zum einen könnte die natürliche Person bestimmte Einkunftsquellen dieser Gesellschaft übertragen, so dass hinsichtlich der von ihr unmittelbar erzielten Einkünfte die Freigrenze des Abs. 1 Satz 3 nicht mehr überschritten wird. Zum anderen könnte die zwischengeschaltete Gesellschaft wesentliche Inlandsinteressen der Person aufnehmen, so dass diese die Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 nicht mehr erfüllt. Abs. 4 soll solche Gestaltungen dadurch verhindern, dass jeweils Einkünfte und Vermögensteile einer zwischengeschalteten Gesellschaft i.S. von § 5 als mittelbare Inlandsinteressen der Person zugerechnet, genauer bei der Anwendung von Abs. 1 und 3 berücksichtigt werden.
Rz. 302
Verweis auf Abs. 1 Satz 1. Aus dem funktionalen Verständnis von Abs. 4 (vgl. Rz. 301) folgt, dass der pauschale Verweis auf Abs. 1 seit Art. 4 Nr. 1 ErbStRG (zuvor auf Abs. 1 Satz 2 = Abs. 1 Satz 3 i.d.F. des JStG 2009) nicht dahingehend missverstanden werden darf, dass sich dieser auch auf Abs. 1 Satz 1 beziehen würde, dass also der ausländischen Gesellschaft zufließenden Einkünfte über die in § 5 genannten Einkünfte hinaus ebenfalls der erweiterten beschränkten Steuerpflicht unterlägen ("über die beschränkte Steuerpflicht [...] hinaus beschränkt steuerpflichtig mit allen Einkünften, die bei unbeschränkter Steuerpflicht nicht ausländische Einkünfte [...] sind"). Zwar erzielt der Stpfl. aus der zwischengeschalteten Gesellschaft nur ausländische Einkünfte. Ohne Zurechnung der Einkünfte der Gesellschaft zum Stpfl. entgehen diese, soweit sie nicht von § 5 erfasst werden, dem deutschen Steuerzugriff. Darin liegt indessen keine Gesetzeslücke, sondern es entspricht der Teleologie des Gesetzes. Noch im Regierungsentwurf des AStG sollten die nicht-ausländischen Einkünfte der zwischengeschalteten Gesellschaft durch § 5 einer erweiterten beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterworfen werden. Würden die Einkünfte außerdem noch beim Anteilseigner besteuert, so läge eine echte Doppelbesteuerung im Inland vor, was nicht dem Sinn des Gesetzes entspricht. Hieran hat sich nicht dadurch etwas geändert, dass der Finanzausschuss die erweitert beschränkte Körperschaftsteuerpflicht der ausländischen Gesellschaft durch die Zurechnungsbesteuerung von Einkünften der ausländischen Gesellschaft beim Anteilseigner ersetzt hat. Ein Indiz dafür, dass die eigentliche Zurechnung der Einkünfte der Gesellschaft zu der Person des Gesellschafters weiterhin abschließend durch § 5 geregelt ist, lässt sich bereits bei einem Vergleich der Gesetzestexte gewinnen. Während nämlich § 5 von der "Zurechnung der Einkünfte" spricht, sollen nach § 2 Abs. 4 die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft bei der Gesetzesanwendung von Abs. 1 und 3 nur "berücksichtigt" werden. § 2 Abs. 4 enthält mithin lediglich eine Tatbestandserweiterung des § 2, während die eigentliche Durchgriffsbesteuerung § 5 zu entnehmen ist. Außerdem wäre der Regelung des § 5 der Anwendungsbereich genommen, wollte man § 2 Abs. 4 eine solch weitreichende Bedeutung beimessen.
Rz. 303
Verweis auf Abs. 1 Satz 2. Keine Bedeutung hat der Verweis ferner für die gewerblichen Einkünfte, für die der Stpfl. keine eigene Betriebsstätte unterhält und daher sein Wohnsitz als Geschäftsleitungsbetriebsstätte gilt (Abs. 1 Satz 2, vgl. Rz. 141). Zwar führt Abs. 4 dazu, dass der Stpfl. eine ausländische Betriebsstätte der zwischengeschalteten Gesellschaft als eigene zugerechnet wird, zumal Abs. 4 nicht auf die Zurechnung von inländischen Einkünften und Vermögensgegenständen beschränkt ist. Die fraglichen gewerblichen Einkünfte werden jedoch nicht "durch" diese Betriebsstätte erzielt.
Rz. 304
Verweis auf Abs. 1 Satz 3. Der Verweis auf Abs. 1 hat daher vor allem Bedeutung für die Berechnung der Freigrenze in Abs. 1 Satz 3. Hierzu sind dem Stpfl. die Einkünfte der zwischengeschalteten ausländischen Gesellschaft in dem prozentualen Umfang zuzurechnen, zu dem er an der Gesellschaft beteiligt ist. Dies gilt für Zwischeneinkünfte i.S. von § 8 und sonstige Einkünfte sowie für ausländische wie nicht-ausländische Einkünfte der Gesellschaft gleichermaßen, wobei für die Anwendung von Abs. 1 Satz 3 nur die Summe der nicht-ausländischen Einkünfte von Bedeutung ist. Die Berücksichtigung von Gewerbebetrieben, Beteiligungen und Vermögen der zwischengeschalteten Gesellschaft läuft in diesem Zusammenhang leer. Unerheblich ist auch die Höhe der Einkünfte, die der Betroffene aus der zwischengeschalteten Gesellschaft jährlich erzielt.
Rz. 305