Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld, Gary Rüsch
Verfasser der nachstehenden Erläuterungen:
Prof. Dr. Jens Schönfeld, Bonn
Dr. Gary Rüsch, Köln
Literaturverzeichnis
Kommentare: Cloer/Hagemann in Bordewin/Brand, § 50d EStG (Stand: Juli 2017); Boochs in Lademann, KStG, § 50d EStG (Stand: Oktober 2020); Frotscher in Frotscher/Geurts, § 50d EStG (Stand: Februar 2018); Gebhardt in Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner, 6. Aufl. 2021, § 50d EStG; Gosch in Kirchhof/Seer, 20. Aufl. 2021, § 50d EStG; Hahn-Joecks in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 50d EStG (Stand: März 2014); Klein/Hagena in Herrmann/Heuer/Raupach, § 50d EStG Rz. 125 (Stand: August 2019); Lampert in Kirchhof/Kulosa/Ratschow, 2020, § 50d EStG; Oellerich in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 50d Abs. 9 EStG; Loschelder in Schmidt, 40. Aufl. 2021, § 50d EStG; Vogel/Lehner, Doppelbesteuerungsabkommen, 7. Aufl. 2021; Wagner in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 50d EStG (Stand: Mai 2019); Zuber/Ditsch in Littmann/Bitz/Pust, § 50d EStG (Stand: Februar 2014).
Monographien/Sammelwerke: Beck, Qualifikationskonflikte im Internationalen Steuerrecht, Diss., 2016; Jankowiak, Doppelte Nichtbesteuerung im Internationalen Steuerrecht, Diss., 2009, S. 228 ff.; Kaminskiy, Korrespondenzregelungen zur Neutralisierung von Besteuerungsinkongruenzen aufgrund hybrider Gestaltungen, Diss., 2020, S. 237 ff.; Marquardsen, Hybride Gesellschaften im internationalen Steuerrecht der Bundesrepublik Deutschland, Diss., 2019, S. 147 ff.; Meretzki in Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, 2. Aufl. 2015, Rz. 15.61 ff.; Schänzle/Engel in Mössner u.a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 5. Aufl. 2018, Rz. 6.124 ff.; Schnitger in Brunsbach/Endres/Lüdicke/Schnitger, Deutsche Abkommenspolitik, ifst 492 (2013), S. 78 ff.
Beiträge (Auswahl): Benz/Böhmer, Die Nichtanwendungsgesetze des RefE eines "Anti-BEPS-Umsetzungsgesetzes", DB 2017, 1531; Cloer/Hagemann, Der Einkünftebegriff i.S.v. § 50d Abs. 9 EStG, IStR 2015, 489; Dallwitz/Mattern/Schnitger, Beeinträchtigung grenzüberschreitender Finanzierung durch das JStG 2007, DStR 2007, 1697; Ditz/Quilitzsch, Die Änderungen im internationalen Steuerrecht durch das Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz, DStR 2017, 281 (290); Gebhardt, § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG in der europa- und verfassungsrechtlichen Kritik, IStR 2011, 59; Gebhardt, Die atomisierende Betrachtungsweise nach § 50d Abs. 9 S. 4 EStG-E und die Lösung des "wenn vs. soweit"-Problems in § 50d Abs. 9 S. 1 EStG-E, IStR 2016, 1009; Grotherr, Zum Anwendungsbereich der unilateralen Rückfallklausel gemäß § 50d Abs. 9 EStG, IStR 2007, 265; Kahle, Aktuelle Entwicklungen der Ertragsbesteuerung ausländischer Betriebsstätten, IStR 2007, 757; Kahle/Beinert/Heinrichs, § 50d Abs. 9 EStG nach den Änderungen durch das BEPS 1-Gesetz: Die Erosion der Freistellungsmethode schreitet voran (Teil I), Ubg 2017, 181; Kahle/Beinert/Heinrichs, § 50d Abs. 9 EStG nach den Änderungen durch das BEPS 1-Gesetz: Die Erosion der Freistellungsmethode schreitet voran (Teil II), Ubg 2017, 247; Meretzki, Greift § 50d Abs. 9 EStG bei nur zum Teil steuerfreien Einkünften? – Auch Sondervergütungen und Gewinnanteil bilden eine Einkünfteeinheit, IStR 2008, 23; Pohl, Zur Diskussion des Einkünftebegriffs im Sinne des § 50d Abs. 9 EStG, DB 2012, 258; Salzmann, Weitere Treaty Overrides aufgrund des AmtshilfeRLUmsG, IWB 2013, 405; Urbahns, Das Rangverhältnis von § 50d Abs. 8 und 9 EStG, StuB 2011, 420.
A. Allgemeine Erläuterungen zu § 50d Abs. 9 EStG
I. Entstehungsgeschichte
1. Überblick zur strukturellen Entwicklung der Vorschrift
Rz. 1
Überblick zur strukturellen Entwicklung. § 50d Abs. 9 EStG wurde durch das JStG 2007 v. 13.12.2006 (s. Rz. 2 ff.) eingefügt. Die damaligen Bestandteile (Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2, Satz 2 und Satz 3) enthält die Vorschrift nach wie vor. Satz 4 ist durch das "BEPSUmsG" v. 20.12.2016 hinzugekommen.
2. Einfügung von § 50d Abs. 9 EStG durch das JStG 2007 v. 13.12.2006
Rz. 2
§ 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG. Mit dem seit der Einfügung durch das das JStG 2007 v. 13.12.2006 unverändert bestehenden § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG soll ausweislich der Gesetzesbegründung "zur Verhinderung von Steuerausfällen" eine abkommensrechtliche Steuerfreistellung von Einkünften eingeschränkt werden, wenn es aufgrund von „ Qualifikationskonflikten ” zu einer „ Nichtbesteuerung ” kommt, weil sie dem "Sinn und Zweck" der Freistellungsmethode widersprechen würde. Mit der Vorschrift wird allerdings keine tatsächliche, sondern "nur" eine abstrakte Nicht-, dafür aber auch eine Niedrigbesteuerung (s. Rz. 69 ff.) korrigiert. Unabhängig davon ist der Hintergrund von § 50d Abs. 9 EStG zunächst darin zu sehen, dass durch DBA das Besteuerungsrecht an Einkünften zwischen dem Ansässigkeits- und Quellenstaat "verteilt" wird. Dabei erlauben die Verteilungsnormen (Art. 6–22 OECD-MA) eine Besteuerung entweder ausschließlich durch den Ansässigkeits- oder Quellenstaat (Verteilungsartikel mit "abschließender" Rechtsfolge) oder durch beide Staaten (Verteilungsartikel mit "offener" Rechtsfolge). In den letztgenannten Fällen stellt sich die Frage, wie der ...