Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
(1) [1] Für die Zuordnung eines Geschäftsvorfalls (§ 1 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 des Außensteuergesetzes), den das Unternehmen mit einem unabhängigen Dritten oder mit einer nahestehenden Person abgeschlossen hat, zu einer Betriebsstätte ist die Personalfunktion, auf der das Zustandekommen des Geschäftsvorfalls beruht, die maßgebliche Personalfunktion.
Rz. 3111
Geschäftsvorfall. Die Zuordnung von Geschäftsvorfällen des Unternehmens erfolgt nach § 9 BsGaV. Hinsichtlich des Begriffs des Geschäftsvorfalls verweist die Vorschrift auf die Geschäftsbeziehung i.S.d. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 (Anm. 2730 ff.). Danach sind Geschäftsbeziehungen einzelne oder mehrere zusammenhängenden wirtschaftliche Vorgänge (Geschäftsvorfälle) zwischen einem Stpfl. und einer ihm nahestehenden Person, die Teil einer Tätigkeit sind, auf die §§ 13, 15, 18 oder 21 EStG anzuwenden sind oder anzuwenden wären. Die Zuordnungsregelungen des § 9 BsGaV gehen allerdings über den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 hinaus, denn die Zuordnung gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 BsGaV bezieht sich nicht nur auf Geschäftsvorfälle zwischen nahestehenden Personen, sondern auch auf Geschäftsvorfälle mit fremden Dritten. Damit sind Gegenstand der Zuordnung gem. § 9 BsGaV Geschäftsvorfälle des Stpfl. im Außenverhältnis, die bereits vor der Einführung des AOA bei der Anwendung der direkten Methode (Anm. 2808) zwischen dem Stammhaus und der Betriebsstätte aufzuteilen waren.
Rz. 3112
Zustandekommen des Geschäftsvorfalls. Nach der Vermutungsregelung des § 9 Abs. 1 BsGaV ist für die Zuordnung eines Geschäftsvorfalls des Unternehmens mit einem unabhängigen Dritten oder mit einer nahestehenden Person in erster Linie die Ausübung der Personalfunktion maßgeblich, die für das Zustandekommen des betreffenden Geschäftsvorfalls maßgeblich ist. Dies gilt auch für die Zuordnung der mit dem Geschäftsvorfall im Zusammenhang stehenden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben. Diese Vorgehensweise entspricht weitgehend dem Veranlassungsprinzip, wonach der Betriebsstätte Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben zuzuordnen sind, die durch deren Tätigkeit veranlasst worden sind (Anm. 2807). Insoweit lassen sich aus der Rechnungsstellung oder der Bezeichnung der Vertragspartner zwar Anhaltspunkte für das Zustandekommen des Geschäftsvorfalls ableiten; entscheidend ist aber die Personalfunktion, die dem Geschäftsvorfall zugrunde liegt. Wird z.B. in der Geschäftsleitungsbetriebsstätte über den Erwerb einer Maschine entschieden, ist der Geschäftsvorfall aufgrund der ausgeübten Personalfunktion (hier: Erwerbsentscheidung) dieser Betriebsstätte zuzuordnen. Wird das materielle Wirtschaftsgut anschließend von einer anderen Betriebsstätte genutzt, liegt eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung ("Verkauf" oder "Nutzungsüberlassung", Anm. 3322, 3325) zwischen der ersten Betriebsstätte und der nutzenden Betriebsstätte vor. Etwas anderes gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung, wenn der Erwerb des materiellen Wirtschaftsguts von vornherein speziell für Zwecke der nutzenden Betriebsstätte vorgesehen ist. In diesem Fall kommt eine Zuordnung des Geschäftsvorfalls von Anfang an zu der nutzenden Betriebsstätte in Betracht.