Dr. Nils Häck, Dr. Julian Böhmer
Rz. 405
Tatbestandsverwirklichung. Der Erwerb der Anteile durch einen Alleinerben aufgrund gesetzlicher oder testamentarischer Gesamtrechtsnachfolge qualifiziert als "Erwerb von Todes wegen" (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i.V.m. § 1922 BGB) und ist nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 steuerpflichtig, wenn der Erbe nicht in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist. Ist er sowohl in Deutschland als auch in einem oder mehreren ausländischen Staaten unbeschränkt steuerpflichtig, kann (nur) der Tatbestand i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ausgelöst sein (s. Rz. 461 ff.). Die noch in der Person des Erblassers entstehende Einkommensteuerschuld (s. Rz. 369) sowie dessen verfahrensrechtliche Positionen gehen im Zuge der Gesamtrechtsnachfolge auf den Alleinerben über (§ 1922 Abs. 1 BGB, § 45 Abs. 1 Satz 1 AO). Das Gesetz scheint im Hinblick auf die in § 6 Abs. 5 Satz 1 getroffene Unterscheidung aber weiterhin zwischen dem "Steuerpflichtigen" und dem Erben ("Gesamtrechtsnachfolger") unterscheiden zu wollen. Nach hier vertretener Ansicht tritt hingegen der Alleinerbe auch in die Position als "Steuerpflichtiger" für Zwecke des § 6 Abs. 3 bis 5 ein, da er insoweit in die Rechtsposition des Erblassers steuerrechtlich alleine und vollumfänglich eintritt.
Rz. 406
Anwendung von § 6 Abs. 3 Satz 5. Eine natürliche Person als Alleinerbe der unentgeltlich übertragenen Anteile kann unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 5 bei "rechtzeitiger" Rückkehr nach Deutschland die Wegzugsteuerschuld rückwirkend zum Entfallen bringen (s. dazu Rz. 642 ff.). § 6 Abs. 3 Satz 1 bis 3 gelten in diesem Fall entsprechend (§ 6 Abs. 3 Satz 5). Anders als unter Geltung des § 6 Abs. 3 a.F. (dazu Rz. 1052 ff.) kommt es nicht mehr differenzierend darauf, ob der Erbe in einem EU-/EWR-Staat (§ 6 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. Abs. 5 a.F.) oder einem Drittstaat (§ 6 Abs. 3 Satz 3 a.F.) ansässig ist. Bei der Anwendung von § 6 Abs. 3 Satz 1 bis 3 muss man sich vor Augen halten, dass an sich der Erblasser ursprünglicher "Steuerpflichtiger" hinsichtlich der Wegzugsteuer war, der Erbe insoweit aber als Gesamtrechtsnachfolger in seine Position vollumfänglich eingetreten ist. Den Empfänger der Anteile bei Tatbestandsverwirklichung i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bezeichnet § 6 Abs. 3 Satz 5 als "die betreffende Person". Sie muss grundsätzlich innerhalb von sieben Jahren wieder in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig werden (§ 6 Abs. 3 Satz 5), es dürfen in der Zwischenzeit keine schädlichen Ereignisse i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 (i.V.m. Satz 5) verwirklicht worden sein und das deutsche Besteuerungsrecht muss in seinem ursprünglichen Umfang wiederbegründet werden (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 5). Bei der Anwendung von § 6 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 5 ist bei einer zwischenzeitlichen Übertragung der Anteile von Todes wegen nach hier vertretener Ansicht der Alleinerbe nunmehr der "Steuerpflichtige". Hinsichtlich der Verlängerung des Rückkehrzeitraums um fünf Jahre i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 5 ist nach hier vertretener Ansicht (s. Rz. 369) der Alleinerbe in die Position des "Steuerpflichtigen" eingerückt, so dass er den Antrag stellen kann. Zuständiges Finanzamt ist aber das zuletzt für den Erblasser im Zeitpunkt des Erbfalls zuständige Wohnsitzfinanzamt.
Rz. 407
Anwendung von § 6 Abs. 4. Der Antrag auf Ratenzahlung (§ 6 Abs. 4 Satz 1) bzw. auf temporäre Stundung (§ 6 Abs. 4 Satz 7) ist durch den "Steuerpflichtigen" zu stellen. "Steuerpflichtiger" bei einer unentgeltlichen Übertragung von Todes wegen auf einen Alleinerben ist der Erblasser, der Alleinerbe rückt aber in seine Position als "Steuerpflichtiger" für Zwecke des § 6 nach hier vertretener Auffassung ein. Die Gewährung einer Ratenzahlung wird ggf. davon abhängig gemacht, dass der Alleinerbe eine Sicherheit stellt (§ 6 Abs. 3 Satz 2). Er ist es, der als Gesamtrechtsnachfolger die Raten zu leisten hat (§ 6 Abs. 4 Satz 3). Bei den – sowohl für Ratenzahlung wie temporäre Stundung gleichermaßen relevanten – schädlichen Ereignissen i.S.v § 6 Abs. 4 Satz 5 kommt es maßgeblich auf den Alleinerben an, wenn er die Jahresraten nicht fristgemäß entrichtet (Nr. 1), die ihn treffenden Mitwirkungspflichten nach § 6 Abs. 5 (dazu Rz. 803 ff.) nicht erfüllt oder Insolvenz anmeldet (Nr. 3). Weiter dürfen keine schädlichen Ereignisse i.S.d. Nr. 4 (Anteilsveräußerung oder -übertragung) bzw. Nr. 5 (Überschreiten der Auskehrungsgrenze) erfolgen. Die weitere unentgeltliche Übertragung durch den Alleinerben im Wege der Schenkung führt zu einem schädlichen Ereignis, da insoweit keine unentgeltliche Übertragung "von Todes wegen" i.S.d. § 6 Abs. 4 Satz 6 gegeben ist. Rückt der Alleinerbe in die Position des "Steuerpflichtigen" für Zwecke des § 6 ein (s. dazu Rz. 37) findet § 6 Abs. 4 Satz 6 bei seinem Tod ohne Weiteres Anwendung.
Rz. 408
Anwendung von § 6 Abs. 5. Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 bzw. Satz 3 sind die anlassbezogenen Mitwirkungspflichten (§ 6 Abs. 5 Satz 1 ...