Dr. Nils Häck, Dr. Julian Böhmer
Rz. 388
Unentgeltliche Übertragungen unter Lebenden. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 a.F. erfasste in seiner 1. Alternative ausdrücklich die "Übertragung der Anteile durch ganz oder teilweise unentgeltliches Rechtsgeschäft unter Lebenden". Diese Formulierung findet sich in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 nicht mehr, sondern es ist im Grundsatz jede "unentgeltliche Übertragung" auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person tatbestandsgemäß. Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers sollte aber durch die Straffung des Wortlauts keine inhaltliche Änderung herbeigeführt werden, vielmehr seien "Übertragungen im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AStG [...] wie bisher Übertragungen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder durch Erwerb von Todes wegen". Diesem Verständnis entspricht die Verwaltungsauffassung. Auch wenn der Wortlaut über dieses Verständnis hinauszugehen scheint, soll hier dem gesetzgeberischen Willen entsprechend an der bisherigen Unterscheidung festgehalten werden (s. Rz. 380). Hauptsächlicher Anwendungsbereich der unentgeltlichen Übertragung durch Rechtsgeschäft unter Lebenden ist insoweit die Schenkung der Anteile (zu gemischten Schenkungen s. Rz. 389). Empfänger kann jede "Person" sein, worunter nicht nur natürliche Personen zu verstehen sind (s. Rz. 383). Tatbestandlich wäre nach dem Wortlaut auch die verdeckte Einlage der Anteile in eine ausländische Kapitalgesellschaft erfasst, insoweit geht aber § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG dem § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 vor (s. Rz. 291). Eine Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt steht der Unentgeltlichkeit der Übertragung nicht entgegen. Die unentgeltliche Nießbrauchsbestellung an einem Anteil zugunsten eines Steuerausländers kann dann zur Anwendung von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 führen, wenn der Nießbrauch (ausnahmsweise) so ausgestaltet ist, dass das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen dem Nießbrauchsberechtigten zuzurechnen ist.
Rz. 389
Teilweise unentgeltliche Übertragung. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 a.F. sprach noch ausdrücklich von der Übertragung der Anteile "durch ganz oder teilweise unentgeltliches" Rechtsgeschäft unter Lebenden. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 enthält diese Differenzierung nicht mehr ausdrücklich, sondern stellt generell auf "unentgeltliche" Übertragungen ab. Nach dem gesetzgeberischen Verständnis sollte die bisherige Rechtslage aber hierdurch nicht verändert werden. Ansetzend bei der vom BFH im Bereich des § 17 EStG in ständiger Rechtsprechung angewandten sog. strengen Trennungstheorie soll nach der Gesetzesbegründung bei nicht voll unentgeltlichen Übertragungen (gemischte Schenkungen) die teilentgeltliche Übertragung in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Anteil aufzuteilen und § 6 auf den voll unentgeltlichen Teil anzuwenden sein. Im Übrigen greift § 17 EStG (Veräußerung) unmittelbar. Die Anschaffungskosten werden hierbei sodann entsprechend der "Entgeltlichkeitsquote" aufgeteilt.
Rz. 390
Übertragung auf "nicht unbeschränkt steuerpflichtige Personen". S. dazu Rz. 384.
Rz. 391
Steuerpflichtiger. S. dazu Rz. 369.
Rz. 392
Anwendung von § 6 Abs. 3 Satz 5. Eine natürliche Person als Empfänger der unentgeltlich übertragenen Anteile kann unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 5 bei "rechtzeitiger" Rückkehr nach Deutschland die Wegzugsteuerschuld rückwirkend zum Entfallen bringen (s. dazu Rz. 642 ff.). § 6 Abs. 3 Satz 1 bis 3 gelten in diesem Fall entsprechend (§ 6 Abs. 3 Satz 5). Anders als unter Geltung des § 6 Abs. 3 a.F. (dazu Rz. 1052 ff.) kommt es nicht mehr darauf, ob der Beschenkte in einem EU-/EWR- oder einem Drittstaat ansässig ist. Bei der Anwendung von § 6 Abs. 3 Satz 1 bis 3 muss man sich vor Augen halten, dass der Schenker weiterhin "Steuerpflichtiger" hinsichtlich der Wegzugsteuer ist, der Beschenkte hingegen Anteilsinhaber. Den Empfänger der Anteile bei Tatbestandsverwirklichung i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bezeichnet § 6 Abs. 3 Satz 5 als "die betreffende Person". Sie muss grundsätzlich innerhalb von sieben Jahren wieder in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig werden (§ 6 Abs. 3 Satz 5), es dürfen in der Zwischenzeit keine schädlichen Ereignisse i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 (i.V.m. Satz 5) verwirklicht worden sein und das deutsche Besteuerungsrecht muss in seinem ursprünglichen Umfang wiederbegründet werden (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 5). Bei der Anwendung von § 6 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 5 ist bei einer zwischenzeitlichen Übertragung der Anteile von Todes wegen der "Steuerpflichtige" durch "die betreffende Person" i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 5 "auszutauschen". Hinsichtlich der Verlängerung des Rückkehrzeitraums um fünf Jahre i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 5 ist hingegen – da weiterhin nur der Schenker die Steuer schuldet – der Schenker (d.h. der "Steuerpflichtige") weiterhin derjenige, der – bei seinem zum Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.S.v. § 19 AO z...