Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
a) Verständnis der OECD
Rz. 1010
Relativ gleiche Zuverlässigkeit/verhältnismäßig gleicher Vergleichbarkeitsgrad. Die OECD-Leitlinien stellen zunächst fest, dass es viele Situationen geben wird, bei denen die Anwendung der am besten geeigneten Methode bzw. Methoden eine Bandbreite von Werten ergibt, von denen alle relativ gleich zuverlässig sind. Allerdings können erhebliche Abweichungen zwischen den Punkten innerhalb dieser Fremdvergleichsbandbreite nach Auffassung der OECD darauf hindeuten, dass die für die Bestimmung dieser Punkte verwendeten Daten nicht so zuverlässig sind wie solche Daten, die für andere Punkte innerhalb der Bandbreite herangezogen wurden. Ebenso kann sich die Abweichung aus Vergleichsdaten erklären, die eine Anpassung erfordern. In diesen Fällen empfehlen die OECD-Leitlinien eine weitergehende Analyse der Werte dieser Bandbreite daraufhin, inwieweit sie überhaupt als Vergleichswerte für eine Fremdvergleichsbandbreite geeignet sind. Insofern kommen sowohl die Nichtberücksichtigung bestimmter Werte, ggf. die Vornahme von Vergleichbarkeitsanpassungen als auch die unveränderte Berücksichtigung für die Fremdvergleichsbandbreite in Betracht. Den OECD-Leitlinien kann nicht entnommen werden, dass erhebliche Abweichungen zwischen einzelnen Werten der Bandbreite die fehlende Vergleichbarkeit (Vergleichbarkeitsdefizite) und/oder Zuverlässigkeit indizieren. Lediglich ihre ungeprüfte Einbeziehung in die Bandbreite sollte den Grundsätzen der OECD-Leitlinien nicht entsprechen. Insofern sind auch die Ausführungen in Tz. 3.63 der OECD-Leitlinien von Bedeutung, wonach extreme Werte nicht allein deshalb ausgeschlossen werden können, weil sie in auffälliger Weise von anderen Vergleichswerten abweichen. Ohne konkrete Anhaltspunkte für bestehende Vergleichbarkeitsdefizite sind auch extreme Vergleichswerte zu berücksichtigen. Die OECD-Leitlinien nennen in diesem Zusammenhang verlustbringende Geschäftsvorfälle bzw. defizitäre Unternehmen, die im Hinblick auf ihre Einbeziehung in die Vergleichbarkeitsanalyse einer weitergehende Überprüfung daraufhin zu unterziehen sind, ob sie den Vergleichbarkeitsanforderungen konkret genügen. Ausdrücklich lehnen die OECD-Leitlinien einen Ausschluss nur aufgrund der Verlustentstehung ab, wobei Gleiches auch für Vergleichswerte gilt, die ungewöhnlich hohe Gewinne ausweisen. Bei relativ gleichem Grad von Vergleichbarkeit und Zuverlässigkeit der Vergleichswerte sehen die OECD-Leitlinien keine Einengung der Wert- oder Preisbandbreite vor. Die konkreten Anforderungen an den Grad der Vergleichbarkeit bleiben allerdings völlig offen.
Rz. 1011
Unterschiedliche Vergleichbarkeitsgrade. Offenkundig gehen die OECD-Leitlinien davon aus, dass nur in Ausnahmefällen ("in einigen Fällen") nicht alle untersuchten Vergleichstransaktionen einen verhältnismäßig gleichen Grad an Vergleichbarkeit aufweisen. Tz. 3.55 ("viele Situationen [...], bei denen die Anwendung der am besten geeigneten Methode bzw. Methoden eine Bandbreite von Werten ergibt, von denen alle relativ gleich zuverlässig sind") und 3.56 ("einige Fälle") OECD-Leitlinien verdeutlichen, dass die Auffassung der deutschen Finanzverwaltung von einer allenfalls "eingeschränkten Vergleichbarkeit" und dem regelmäßigen Vorliegen von Vergleichbarkeitsdefiziten nicht auf die OECD-Leitlinien gestützt werden kann. Ob in der Praxis das Verbleiben von Vergleichbarkeitsdefiziten den "wahrscheinlicheren" Fall darstellt, ist eben ganz entscheidend von den Anforderungen abhängig, die an einen relativ hohen Grad der Vergleichbarkeit gestellt werden. Bereits die Feststellung von Vergleichstransaktionen, die einen geringeren Grad an Vergleichbarkeit aufweisen als andere und deshalb ausgeschlossen werden sollten, ist jedenfalls schon angesichts der inhaltlichen Unbestimmtheit problematisch.
Rz. 1012
Bandbreiteneinengung bei Vergleichbarkeitsdefiziten. Im Falle verbleibender Vergleichbarkeitsmängel, die nicht identifiziert oder quantifiziert werden können und deshalb nicht angepasst sind, empfehlen die OECD-Leitlinien bei einer "beträchtlichen Zahl solcher Beobachtungen" innerhalb der Bandbreite deren Einengung mittels statistischer Verfahren, die am Mittelwert orientiert sind. Vergleichbarkeitsmängel liegen nach Auffassung der OECD vor, wenn die Bandbreite Werte enthält, die einen geringeren Grad an Vergleichbarkeit aufweisen. Allerdings bedeutet Vergleichbarkeit nicht Identität. Die Anwendung des Fremdvergleichs kann stets nur auf eine Annäherung der Vergleichbarkeitsfaktoren gerichtet sein. Dementsprechend ist das Verbleiben von Unterschieden jeder Vergleichbarkeitsanalyse immanent.
Die OECD-Leitlinien geben keine konkreten Verfahren für die Einengung von Preis- oder Wertbandbreiten vor, sondern beschränken sich auf die Feststellung, dass statistische Verfahren mit zentraler Tendenz dabei helfen können, die Verlässlichkeit der Analyse zu verbessern. Als solche statistische...