Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 3541
Dotationskapital als Residualwert. Nach der direkten (Vorab-) Zuordnung von Vermögenswerten der Aktivseite der Bilanz des Versicherungsunternehmens zur inländischen Betriebsstätte und der indirekten Zuordnung nach § 25 Abs. 1 BsGaV ergibt sich als Residualwert auf der Passivseite der Hilfs- und Nebenrechnung der Versicherungsbetriebsstäte das Dotationskapital, das dieser zuzuordnen ist. Dabei sind die nun nach inländischem Recht ermittelten versicherungstechnischen Rückstellungen, Verbindlichkeiten und Rechnungsabgrenzungsposten zugrunde zu legen, die der Versicherungsbetriebsstätte aufgrund der Funktions- und Risikoanalyse über die entsprechende Zuordnung von Versicherungsverträgen zugewiesen wurden. Im OECD-Betriebsstättenbericht finden sich zu diesem Schritt keine näheren Erläuterungen, da sich die Regelungen der OECD aufgrund der unterschiedlichen nationalen aufsichtsrechtlichen Vorgaben zur Kapitalausstattung bei Versicherungsunternehmen auf die Bestimmung der Gesamtkapitalausstattung der Versicherungsbetriebsstätte beschränken. Die anschließende Aufteilung des Gesamtkapitals in Eigenkapital, versicherungstechnische Rückstellungen, Verbindlichkeiten und Rechnungsabgrenzungsposten hat auf Grundlage der jeweiligen nationalen Regelungen zu erfolgen. Dementsprechend sind für die Ermittlung des Dotationskapitals der inländischen Betriebsstätte die Werte nach HGB und RechVersV heranzuziehen.
Rz. 3542
Negatives Dotationskapital steuerlich anzuerkennen. Da für die Aufteilung der Vermögenswerte nach § 25 Abs. 1 BsGaV die in der ausländischen Bilanz erfassten Werte der versicherungstechnischen Rückstellungen maßgeblich sind, während für die Ermittlung des Dotationskapitals die versicherungstechnischen Rückstellungen nach HGB zu ermitteln sind, kann dies – bei unterschiedlichen Rechnungslegungsstandards im In- und Ausland – entsprechende Auswirkungen auf die Höhe des Dotationskapitals haben. Beispiel hierfür ist die Bildung einer Schwankungsrückstellung nach § 341h HGB. Sofern nach den Rechnungslegungsstandards des ausländischen Stammhauses keine Schwankungsrückstellungen zu bilden sind (z.B. bei einer Rechnungslegung nach IFRS), werden diese auch nicht in die Ermittlung des Aufteilungsfaktors nach § 25 Abs. 1 BsGaV auf Grundlage der versicherungstechnischen Rückstellungen des Versicherungsunternehmens mit einbezogen. Dadurch fällt die Höhe der der Versicherungsbetriebsstätte zuzuordnenden Vermögenswerte entsprechend geringer aus als bei Berücksichtigung der Schwankungsrückstellungen im Aufteilungsschlüssel. Im nächsten Schritt werden nach § 25 Abs. 2 BsGaV die Schwankungsrückstellungen, zusammen mit den sonstigen nach HGB und RechVersV ermittelten versicherungstechnischen Rückstellungen, den Verbindlichkeiten und Rechnungsabgrenzungsposten, von den Vermögenswerten der Betriebsstätte abgezogen, um das Dotationskapital der Versicherungsbetriebsstätte zu erhalten. Dabei kann der Fall eintreten, dass aus der Anwendung der unterschiedlichen Rechnungslegungsstandards ein negatives Dotationskapital bei der inländischen Versicherungsbetriebsstätte resultiert, wenn der Wert der Schwankungsrückstellungen höher ist als der Wert des Dotationskapitals, das sich unter den ausländischen Rechnungslegungsstandards ergeben hätte. Dieses Ergebnis ist der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode allerdings inhärent, da diese Methode allein die vollständige und überschneidungsfreie Aufteilung von Kapitalanlagen und Erträgen zwischen den einzelnen Teilen des Versicherungsunternehmens zum Ziel hat, um dadurch eine ansonsten drohende Doppelbesteuerung zu vermeiden. Mit welchen Werten die einzelnen Positionen anschließend in der Bilanz bzw. Hilfs- und Nebenrechnung im In- und Ausland erfasst werden, fällt nicht unter Art. 7 OECD-MA. Auch die BsGaV enthält als reine Gewinnaufteilungsvorschrift keine Regelung, wonach die inländische Versicherungsbetriebsstätte bei Anwendung der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode nach § 25 Abs. 1 und 2 BsGaV ein positives Dotationskapital aufweisen muss. Der Ausweis eines Mindesteigenkapitals nach § 25 Abs. 3 Satz 2 BsGaV beschränkt sich ausweislich der Verordnungsbegründung ausschließlich auf die Anwendung der Öffnungsklausel nach § 25 Abs. 3 Satz 1 BsGaV und ist somit im Rahmen der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode nicht anwendbar (siehe auch Anm. 3546). Ein negatives Dotationskapital ist in diesem Fall somit auch steuerlich anzuerkennen. Die Zuordnung zusätzlicher Kapitalanlagen zur inländischen Versicherungsbetriebsstätte, die auf Grundlage der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode bereits einem anderen Teil des Versicherungsunternehmens zugewiesen wurden, würde dagegen die Doppelbesteuerung der entsprechenden Kapitalerträge zur Folge haben, die nicht nur dem Ziel des AOA widersprechen, sondern auch einer nationalen gesetzlichen Grundlage entbehren würde.
Rz. 3543
Ausgleich der Hilfs- und Nebenrechnung bei negativem Dotationskapital....