Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
(a) Überblick
Rz. 2665
Überblick über die geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode. Im Rahmen der geschäftsvorfallbezogenen Gewinnaufteilungsmethode (PSM) wird im ersten Schritt der Gesamtgewinn aus einem Geschäftsvorfall ermittelt und dieser im zweiten Schritt auf die an der Transaktion beteiligten nahestehenden Unternehmen aufgeteilt. Als Aufteilungsmaßstab der PSM fungieren die von den beteiligten nahestehenden Unternehmen ausgeübten Funktionen, getragenen Risiken und eingesetzten Wirtschaftsgüter, die mittels einer Funktionsanalyse zu erfassen sind. Insoweit soll eine transaktionsbezogene Gewinnaufteilung erreicht werden, wie sie zwischen unabhängigen Unternehmen bei vergleichbaren Funktionen, Risiken und Wirtschaftsgütern entstanden wäre. Eine solche geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilung entspricht zwar nicht unmittelbar dem Grundsatz des Fremdvergleichs, weil fremde Dritte keine Gewinne untereinander aufteilen, sondern Preise miteinander vereinbaren. Gleichwohl kann trotz fehlender Vergleichsmaßstäbe des Markts eine Verrechnungspreissimulation auf der Grundlage eines Fremdvergleichs durchgeführt werden, die i.d.R. zu akzeptablen Ergebnissen führt. Dabei ist wesentlich, dass die PSM die Entscheidungssituation des "doppelten" ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters berücksichtigt. Bei dieser Betrachtungsweise werden die Leistungen beider Geschäftspartner aus einem Geschäft beurteilt und der aus dem einzelnen Geschäft resultierende Gewinn entsprechend der jeweiligen Leistungen auf die beiden Geschäftspartner (Lizenznehmer/Lizenzgeber) verteilt. Abgebildet wird dabei sozusagen der Verhandlungsprozess zweier ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter, die nur dann zu einem Verhandlungsergebnis kommen können, wenn die Preisobergrenze des Lizenznehmers über der Preisuntergrenze des Lizenzgebers liegt. Ist dies der Fall, so existiert ein Einigungsbereich, der zwischen den beiden Geschäftspartnern aufgeteilt werden muss.
(b) Methoden der Gewinnaufteilung
Rz. 2666
Pauschale Gewinnaufteilungsmaßstäbe – Knoppe -Formel. Das Hauptproblem bei Anwendung der PSM liegt in der Ermittlung eines möglichst objektivierten Gewinnaufteilungsmaßstabs. Die wohl bekannteste Methode zur Gewinnaufteilung bildet die sog. Knoppe-Formel. Wenngleich sie konzeptionell angreifbar ist, insbesondere weil es sich um eine pauschale Aufteilung ohne Berücksichtigung der Ergebnisse einer Funktionsanalyse handelt, werden in der Verrechnungspreispraxis Lizenzgebühren für immaterielle Werte oft nach dieser Formel verprobt. Diese Formel sieht für den Lizenzgeber eine Lizenz in Höhe von 25 % bis 33[1]/3 % des vorkalkulierten Gewinns (ohne Berücksichtigung der Lizenzgebühr) des Lizenznehmers aus den zur Nutzung überlassenen immateriellen Werten vor.
Beispiel:
Eine deutsche Gesellschaft (Lizenznehmer) erwirtschaftet aus dem Einsatz einer von der ausländischen Muttergesellschaft eingeräumten Markenlizenz ein jährliches Betriebsergebnis (EBIT) vor Lizenzaufwand in Höhe von 12 Mio. Euro. Der Umsatz unter Nutzung der Markenlizenz beträgt jährlich 100 Mio. Euro.
Lizenzberechnung:
25 % bis 33,3 % von 12 Mio. Euro = 3 Mio. Euro bzw. 4 Mio. Euro.
Bezogen auf den Umsatz des Lizenznehmers von 100 Mio. Euro ergibt sich somit eine angemessene Lizenzgebühr zwischen 3 % und 4 % des Umsatzes.
Mithin verbleibt nach der Knoppe-Formel der größere Teil des durch die Überlassung der immateriellen Werte erwirtschafteten Gewinns beim Lizenznehmer. Dies ist auch insoweit gerechtfertigt, als der Lizenznehmer umfassendere Aktivitäten übernimmt und höhere wirtschaftliche Risiken (z.B. Vermarktungsrisiko, Kapitaleinsatzrisiko) trägt. Daher hat er auch Anspruch auf einen größeren Anteil des Einigungsbereichs.
Rz. 2667
25 %-Rule. Auch wenn die Knoppe-Formel wegen ihrer Herleitung und pauschalen Vorgehensweise vielfach Kritik erfährt, so gibt es mittlerweile recht umfassende Studien, die ihren Gehalt bestätigen und präzisieren. Interessant ist dabei, dass diese Studien nicht aus dem Bereich des Steuerrechts, sondern des gewerblichen Rechtschutzes (IP-Recht) stammen. Dies ist auch nachvollziehbar, weil die Lizenzierung immaterieller Werte (Marken, Patente usw.) zwischen fremden Dritten ein vornehmliches Betätigungsfeld des gewerblichen Rechtschutzes darstellt. Hier gibt es eine umfassende Datengrundlage, anhand derer allgemeine Erkenntnisse abgeleitet werden können. Besonders erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang die Arbeiten von Goldscheider. Dieser hatte bereits vor Jahrzehnten die sog. "25 %-Rule" zur Ermittlung angemessener Lizenzsätze auf Basis eigener empirischer Studien sowie Vorarbeiten anderer Experten ...