Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
... ist der Mittelwert des Einigungsbereichs zugrunde zu legen, ...
Rz. 1055
Hälftige Teilung des Einigungsbereichs. § 1 Abs. 3a Satz 6 enthält – wie bereits zuvor § 1 Abs. 3 Satz 7 a.F. – eine gesetzliche Regelung zur Aufteilung eines Einigungsbereichs. Hiernach "ist der Mittelwert des Einigungsbereichs zugrunde zu legen, wenn der Steuerpflichtige nicht glaubhaft macht, dass ein anderer Wert innerhalb des Einigungsbereichs dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht ". Wenn also nichts anderes glaubhaft gemacht wird, ist zunächst auf den Mittelwert abzustellen. Eine solche hälftige Teilung des Einigungsbereichs ist zunächst nicht abwegig, zumal sie betriebswirtschaftlich der sog. Arbitriumwertlösung entspricht. Auch die sog. Zinsurteile des BFH (Rz. 1050) machen einen entsprechenden Lösungsvorschlag.
Rz. 1056
Gesetzliche Änderung durch die Neufassung i.R. des AbzStEntModG. Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 3a Satz 6 entspricht diese Regelung "inhaltlich dem bisher geltenden § 1 Abs. 3 Satz 7 ". Dies verwundert insofern, als der Gesetzgeber tatsächlich den Gesetzeswortlaut geändert hat, und lässt es fraglich erscheinen, ob nicht tatsächlich § 1 Abs. 3a Satz 6 gegenüber der Vorfassung eine inhaltlich geänderte Regelung aufweist. § 1 Abs. 3 Satz 7 a.F. lautete wie folgt: "Es ist der Preis im Einigungsbereich der Einkünfteermittlung zugrunde zu legen, der dem Fremdvergleichsgrundsatz mit der höchsten Wahrscheinlichkeit entspricht; wird kein anderer Wert glaubhaft gemacht, ist der Mittelwert des Einigungsbereichs zugrunde zu legen." Abgesehen davon, dass der Gesetzgeber mit den neu gefassten Regelungen in § 1 Abs. 3, Abs. 3a und Abs. 3b durch das AbzStEntModG durchgehend stärker den Charakter von § 1 als Einkünftekorrekturvorschrift und nicht als Einkünfte- bzw. Gewinnermittlungsvorschrift zum Ausdruck bringt, unterscheiden sich § 1 Abs. 3a Satz 6 und § 1 Abs. 3 Satz 7 a.F. offensichtlich in den folgenden drei Punkten: (i) die widerlegbare gesetzliche Vermutung des § 1 Abs. 3 Satz 7 a.F. bezog sich darauf, dass der Mittelwert des Einigungsbereichs der Preis (nicht der Wert) ist, der dem Fremdvergleichsgrundsatz mit der höchsten Wahrscheinlichkeit entspricht; (ii) war der Gegenbeweis zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des Mittelwertansatzes nach § 1 Abs. 3 Satz 7 a.F. nicht auf den Steuerpflichtigen beschränkt, sondern stand z.B. auch der Finanzbehörde offen; (iii) die nach § 1 Abs. 3 Satz 7 a.F. glaubhaft zu machende Tatsache bezog sich auf einen vom Mittelwert abweichenden Wertansatz innerhalb der Einigungsbereichs, "der dem Fremdvergleichsgrundsatz mit der höchsten Wahrscheinlichkeit entspricht", während § 1 Abs. 3a Satz 7 nur eine Entsprechung mit dem Fremdvergleichsgrundsatz hinreichen lässt.
Auch wenn zu begrüßen ist, dass der Gesetzgeber von einer Glaubhaftmachung mittels Wahrscheinlichkeiten – verstanden als Häufung einer (beobachtbaren) Ausprägung – im Rahmen des hypothetischen Fremdvergleichs Abstand genommen hat, weil eine größere Häufung einer Ausprägung ebenso wie der hypothetische Fremdvergleich selbst einem Denkprozess entspringen mussten und deshalb die entsprechende Glaubhaftmachung durch nichts zu begründen war, fehlt der gesetzlichen Regelung des § 1 Abs. 3a Satz 6 im Hinblick auf die glaubhaft zu machenden Umstände ein Maßstab. Dies kann nicht der Fremdvergleichsgrundsatz selbst sein, denn dessen Anwendung ist mit der Grenzpreisbestimmung und der Abgrenzung des Einigungsbereichs abgeschlossen. Dies bedeutet dann aber, dass sich kein konkreter Wert innerhalb des Einigungsbereichs auf den Fremdvergleichsgrundsatz zurückführen lässt bzw. jeder Wert innerhalb des Einigungsbereichs dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht.