Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 23
Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung. Tatbestandsvoraussetzung der vGA ist zunächst eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung auf Ebene der Körperschaft, die sich auf den bilanziellen Unterschiedsbetrag i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt. Mithin erfordert die vGA eine Auswirkung auf den steuerbilanziellen Gewinn der ersten Stufe der Gewinnermittlung. Eine Vermögensminderung mit Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag in der Steuerbilanz liegt vor, wenn sich ein Aktivposten vermindert oder ein Passivposten begründet oder sich erhöht. Ein unangemessen hohes Entgelt wird innerhalb der Unterschiedsbetragsermittlung erfolgswirksam angesetzt. Anschließend wird außerhalb der Unterschiedsbetragsermittlung der erfolgswirksame Ansatz rückgängig gemacht (außerbilanzielle Korrektur). Entspricht die vGA einer bestimmten Unterschiedsbetragsminderung, so kann ihr Vorliegen nur dann richtig beurteilt werden, wenn man den Unterschiedsbetrag exakt ermittelt. Eine verhinderte Vermögensmehrung liegt vor, wenn sich aus der Perspektive des doppelten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ein steuerbilanzieller Vorgang ereignet, der einen Aktivposten nicht erhöht oder einen Passivposten nicht vermindert. Während sich die Vermögensminderung aufwandswirksam in der Steuerbilanz widerspiegelt, ist die verhinderte Vermögensmehrung gerade durch ihre fehlende Auswirkung auf die Steuerbilanz gekennzeichnet. Sie geht insofern nicht in die Unterschiedsbetragsermittlung ein. Die verhinderte Vermögensmehrung stellt einen nicht entstandenen Gewinn dar und wird von Gosch zutreffend als "negative Größe des Gewinnverzichts" bezeichnet. Es handelt sich um eine Gewinnkorrektur außerhalb der Unterschiedsbetragsermittlung.
Rz. 23.1
Einkauf zu einem unangemessen hohen Preis. Erwirbt eine GmbH von ihrem Gesellschafter ein Wirtschaftsgut zu einem unangemessen hohen Preis, ist das Wirtschaftsgut bei der GmbH nur mit seinen angemessenen Anschaffungskosten zu aktivieren. Die Rechtsfolge der vGA setzt auch hier gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung an. Auf Ebene der ersten Stufe der Gewinnermittlung ist zu entscheiden, wie sich dort der unangemessen hohe Teil des Kaufpreises auswirkt. Er muss dort als Betriebsausgabe abgesetzt werden, die den Unterschiedsbetrag mindert. Der Ansatz der Betriebsausgabe folgt aus der Überlegung, dass die GmbH keine Privatsphäre hat und deshalb alle Aufwendungen, für die keine Aktivierungspflicht besteht, Betriebsausgaben sein müssen. Die dadurch eintretende Gewinnminderung wird durch den Ansatz eines gleich hohen Betrages als vGA wieder neutralisiert. Im Grundsatz gilt, dass der Abfluss einer vGA ohne vorherige bzw. gleichzeitige Unterschiedsbetragskorrektur nicht denkbar ist. Dies folgt aus dem Wechselspiel zwischen der ersten und der zweiten Stufe der Gewinnermittlung (vgl. Rz. 20.4 ff.). Bei dieser Aussage ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Unterschiedsbetragskorrektur gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sich auch im Bereich steuerfreier Einkünfte vollziehen kann, die bekanntlich nicht in das zu versteuernde Einkommen eingehen. Außerdem können auch ausländische Kapitalgesellschaften, die in Deutschland gar nicht steuerpflichtig sind, an einen inländischen Gesellschafter verdeckt ausschütten. Der Begriff "Unterschiedsbetragskorrektur" ist deshalb hypothetisch zu verstehen. Es wird fiktiv unterstellt, dass die ausschüttende Gesellschaft ihren Gewinn nach deutschem Steuerrecht ermittelt.
Beispiel:
Eine inländische GmbH unterhält im Ausland eine Betriebsstätte. Für Zwecke der ausländischen Betriebsstätte erwirbt die GmbH von ihrem inländischen Gesellschafter einen Pkw zu einem unangemessen hohen Preis. Der Pkw wird als Wirtschaftsgut der ausländischen Betriebsstätte zugeordnet. Die Betriebsstätteneinkünfte sind aufgrund eines DBA im Inland steuerfrei. Die Steuerfreiheit umfasst auch den Mehrgewinn, der sich aus der Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ergibt.
Das Beispiel belegt, dass die vGA auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung logisch vor der Ausklammerung steuerfreier Einkünfte (Einnahmen) ansetzt
Rz. 23.2
Beteiligungserwerbe im Konzern. Die steuerrechtliche Behandlung von Beteiligungserwerben innerhalb desselben Konzerns zu einem unangemessen hohen oder niedrigen Kaufpreis soll an zwei Beispielen dargestellt werden.
Beispiel 1:
Eine Muttergesellschaft (M) verkauft ihre an der Tochtergesellschaft (T1) gehaltene Beteiligung zu einem unangemessen hohen Kaufpreis an ihre andere Tochtergesellschaft (T). Der tatsächlich gezahlte Kaufpreis beträgt 300; angemessen sind lediglich 100.
Lösung:
In diesem Fall hat die T einen Aufwand von 300, der auf der ersten Stufe der Gewinnermittlung i.H.v. 100 als Anschaffungskosten auf die Beteiligung an T1 und i.H.v. 200 als sofort abziehbare Betriebsausgabe zu behandeln ist. Der Mehrbetrag von 200 ist nicht mehr durch den Erwerb der Beteiligung, sondern durc...