Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 24
Begriff "Vorteilsgeneigtheit". In seinem Urteil v. 7.8.2002 hat der BFH erstmalig als weitere Tatbestandsvoraussetzung einer vGA gefordert, dass die Unterschiedsbetragsminderung die Eignung haben müsse, bei dem betroffenen Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen. Die Entscheidung betraf Beiträge für eine Rückdeckungsversicherung, die eine GmbH abgeschlossen hatte, um die Pensionsverbindlichkeit gegenüber ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer abzudecken. Der BFH behandelte die Differenz zwischen den Beiträgen und der zu aktivierenden Forderung auf die Lebensversicherung als betrieblichen Aufwand, der keine vGA auslöste. Die Rechtsprechung dient der Abgrenzung zwischen einer vGA und sonstigen Schäden, die der Gesellschafter-Geschäftsführer seiner GmbH z.B. aufgrund falscher Entscheidungen oder sonstiger Schädigungshandlungen zufügen kann. Sie bedeutet auch, dass nicht jeder Schaden, den ein Gesellschafter-Geschäftsführer seiner GmbH zufügt, zwangsläufig eine vGA ist. Die Vorteilsgeneigtheit der Unterschiedsbetragsminderung heißt nicht, dass ein Zufluss des Vorteils i.S.d. § 11 Abs. 1 EStG beim Gesellschafter Voraussetzung ist, um die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG anwenden zu können. Es reicht aus, dass die Unterschiedsbetragsminderung dem betroffenen Gesellschafter künftig zufließen könnte. Der Zufluss kann sich in mehreren Teilbeträgen vollziehen, was das Beispiel einer unangemessen hohen Pensionszusage belegt. Unschädlich für die Annahme einer vGA ist auch, wenn es zu dem Zufluss nicht mehr kommt, weil der Gesellschafter vor Eintritt des Pensionsfalles verstirbt. Dies schließt die Vorteilsgeneigtheit der Unterschiedsbetragsminderung nicht aus.
Rz. 24.1
"Vorteilsgeneigtheit" in der weiteren Rechtsprechung. Der BFH hat an dem Erfordernis der Vorteilsgeneigtheit in weiteren Entscheidungen festgehalten. Er hat die Vorteilsgeneigtheit allerdings überwiegend bejaht. Dies gilt für die Zusage einer sog. Nur-Pension, für die Tätigkeit eines Betriebes gewerblicher Art für den Hoheitsbetrieb der Trägerkörperschaft ohne Deckung der Vollkosten, für die Übernahme der Kosten anlässlich des Geburtstages des Geschäftsführers, der zugleich mittelbarer Gesellschafter ist, durch eine GmbH. Dies kann auch im Falle einer bloßen Wertberichtigung einer Forderung gegenüber dem Gesellschafter zu bejahen sein. An der Vorteilsgeneigtheit fehlt es dagegen, wenn eine irische Kapitalgesellschaft freiwillig in Irland eine höhere Körperschaftsteuer zahlt, um eine Hinzurechnungsbesteuerung bei ihrem im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter zu vermeiden. Die Frage der Vorteilsgeneigtheit bei vGA in Gestalt einer verhinderten Vermögensmehrung ist derweilen beim BFH anhängig.
Rz. 24.2
Weitere Entscheidungen. In seinem Urteil v. 17.11.2004 hat der BFH die Auffassung vertreten, dass die Frage, ob eine Kapitalgesellschaft ein Verlustgeschäft im eigenen Gewinninteresse oder im Interesse der Gesellschafter durchgeführt hat, nach den Kriterien zu prüfen sei, die zur Abgrenzung zwischen Einkunftserzielung und "Liebhaberei" entwickelt worden seien. Erwerbe und unterhalte eine GmbH ein Einfamilienhaus, das an den Gesellschafter-Geschäftsführer zu dessen privater Nutzung vermietet werde, so müsse die angemessene Miete nach den Grundsätzen der Kostenmiete zzgl. eines angemessenen Gewinnzuschlags bemessen werden. Vorteile der GmbH aus der Inanspruchnahme begünstigter Aufwendungen nach § 82i EStDV 1990 seien nicht einzubeziehen. Ähnlich hat der BFH durch Urteil v. 21.6.2013 bezogen auf die unentgeltliche Überlassung eines Ferienhauses in Spanien durch eine ausländische Kapitalgesellschaft zugunsten ihres inländischen Gesellschafters entschieden. Nach der Auffassung des BFH löst das Unterhalten eines strukturell dauerdefizitären Betriebs gewerblicher Art durch eine Gebietskörperschaft ohne Verlustausgleich und angemessenen Gewinnaufschlag durch die Trägerkörperschaft eine vGA aus.