Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 3564
Keine Anerkennung einer Rückversicherung innerhalb des Unternehmens. § 28 BsGaV bestimmt, dass für steuerliche Zwecke die Übertragung des versicherungstechnischen Risikos aus einem Versicherungsvertrag, der der Betriebsstätte nach Maßgabe von § 24 BsGaV zugeordnet wurde, auf das übrige Unternehmen nicht anerkannt wird. Hintergrund ist, dass die Entscheidung darüber, ob ein Versicherungsvertrag innerhalb eines Unternehmens rückversichert werden soll, keine unternehmerische Risikoübernahmefunktion ist, die eine Zuordnungsänderung des Versicherungsvertrags rechtfertigen würde. Es handelt sich auch nicht um eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung, die über einen fremdüblichen Verrechnungspreis zu vergüten wäre. Dies entspricht grundsätzlich der Regelung im OECD-Betriebsstättenbericht, wenngleich die OECD der internen Rückversicherung keine vollständige Absage erteilt. Eine Übertragung des versicherungstechnischen Risikos innerhalb eines Unternehmens wäre nach OECD-Auffassung allerdings nur dann möglich, wenn gezeigt werden kann, dass die Personalfunktion des Risikomanagements tatsächlich als unternehmerische Risikoübernahmefunktion anzusehen ist. Da diese Funktion jedoch in der Regel von untergeordneter Bedeutung ist, verbleibt das versicherungstechnische Risiko beim abgebenden Unternehmensteil. In diesem Fall ist die Ausübung der Risikomanagementfunktion über ein angemessenes (Dienstleistungs-)Entgelt zu vergüten. Wenngleich § 28 BsGaV dem Wortlaut nach nur die Rückversicherung eines Versicherungsvertrags der Betriebsstätte an das übrige Unternehmen betrifft, fällt unter die Vorschrift auch die Rückversicherung des übrigen Unternehmens an die Versicherungsbetriebsstätte sowie die Rückversicherung zwischen Betriebsstätten des gleichen Versicherungsunternehmens. Die Zuordnung eines Rückversicherungsvertrags zu einer Versicherungsbetriebsstätte, den das Versicherungsunternehmen mit einem nahestehenden oder einem unverbundenen Versicherungsunternehmen abschließt, ist dagegen nicht von § 28 BsGaV erfasst. Dies insbesondere deshalb, weil sich die Risikostruktur des Versicherungsunternehmens beim Abschluss eines Rückversicherungsvertrags mit einem nahestehenden oder einem unverbundenen Versicherungsunternehmen ändert. Die Zuordnung eines solchen Rückversicherungsvertrags richtet sich nach § 9 BsGaV.
Rz. 3565
Kritische Anmerkung. Die Differenzierung zwischen Rückversicherungsverträgen zwischen verbundenen Unternehmen einerseits und zwischen Stammhaus und Betriebsstätte andererseits ist zu kritisieren, da dadurch der Fremdvergleichsgrundsatz des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA nicht – wie vom AOA beabsichtigt – auf das Verhältnis zwischen Stammhaus und Betriebsstätte nach Art. 7 OECD-MA übertragen wird. Die Weitergabe versicherungstechnischer Risiken über eine Rückversicherung setzt Kapital frei, das dem abgebenden Unternehmen für andere Zwecke zur Verfügung steht. Diese unternehmerische Entscheidung, die zwischen verbundenen Unternehmen anerkannt wird, sollte auch innerhalb eines Unternehmens anerkannt werden. Unter der bestehenden Regelung des § 24 Abs. 1 BsGaV wäre § 28 BsGaV allerdings auch nicht erforderlich gewesen, da bereits § 24 Abs. 1 BsGaV bestimmt, dass allein der Zeichnungsprozess als unternehmerische Risikofunktion gilt, welcher die Zuordnung des versicherungstechnischen Risikos folgt. Stehen dagegen als unternehmerische Risikoübernahmefunktion grundsätzlich alle Funktionen des Versicherungsunternehmens zur Verfügung, wie im OECD-Betriebsstättenbericht vorgesehen (vgl. Anm. 3510 und 3512), sollte auch die unternehmensinterne Rückversicherung grundsätzlich anerkannt werden können. In Übereinstimmung mit den Regelungen zur Weitergaben von Risiken zwischen verbundenen Unternehmen nach den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien, die eine rein vertragliche Risikoweitergabe nicht zulassen, sollte hierfür auch im Betriebsstättenkontext genau geprüft werden, welche Rolle die Rückversicherung im Unternehmen spielt, wer im Unternehmen die wesentlichen Entscheidungen hinsichtlich der Rückversicherung trifft und durch wen die Rückversicherung gesteuert und kontrolliert wird. Wäre nach diesen Grundsätzen eine Rückversicherung zwischen verbundenen Unternehmen anzuerkennen, sollte dies auch für eine Risikoweitergabe innerhalb eines Unternehmens gelten. Nur dadurch wird der Fremdvergleichsgrundsatz auch für Betriebsstätten konsequent umgesetzt.