Rz. 28
Die Mehrzahl der abweichenden Länder sieht verfahrensrechtlich keine Abweichungen gegenüber dem Bundesrecht vor. Das gilt namentlich für Sachen (s § 15 Abs. 1 LGrStG Sachsen, LGrStG Sachsen Rz. 71 f) und das Saarland (LGrStG Saarland Rz. 72 ff.). Für sie gilt angesichts nur punktueller Abweichungen bei den Steuermesszahlen (s. Rz. 25) die Abgabenordnung nach § 1 Abs. 1 AO unmittelbar und als Bundesrecht.
Rz. 29
In den anderen abweichenden Ländern ist dagegen nach Geltungsgrund und Reichweite der Geltung der Abgabenordnung zu unterscheiden: Baden-Württemberg hat als einziges Land eine Vollregelung des Grundsteuerrechts getroffen (s. Rz. 15), verweist aber für die Tätigkeiten der Landesfinanzbehörden dynamisch weitgehend auf die AO und das FVG, die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 LGrStG BW für entsprechend anwendbar erklärt werden. Nicht erfasst von der Verweisung ist das Grundsteuer-Strafverfahren (§§ 369 ff. AO). Die anwendbaren Vorschriften der Abgabenordnung werden zu Landesrecht. § 2 Abs. 1 Satz 2 LGrStG BW erklärt § 1 Abs. 2 und 3 AO bei der Verwaltung der Grundsteuer durch die Gemeinden für entsprechend anwendbar. Vollstreckung und außergerichtlicher Rechtsschutz richten sich indes nach dem LandesVwVfG und der VwGO mit dem Landes-Anwendungsgesetz.
Rz. 30
In Bayern erklärt Art. 10 Abs. 2 Satz 1 LGrStG Bayern die Vorschriften der Abgabenordnung für entsprechend anwendbar, soweit im LGrStG nichts anderes bestimmt ist. Daneben verweist Art. 6 Abs. 5 LGrStG Bayern für Anzeige- und Steuererklärungspflichten speziell auf die §§ 149 f. AO und Art. 6 Abs. 1 Satz 3 LGrStG Bayern schließt bei der Ermittlung der Äquivalenzbeträge gezielt § 163 AO aus (ebenso § 6 Abs. 1 Satz 3 LGrStG Hamb.). Diese Regelungen sind konstitutive und nicht nur deklaratorische (offenlassend mangels praktischer Bedeutung aber LGrStG Hessen Rz. 136) Abweichungsgesetzgebung (s. VerfR GrStG Rz. 14), die die Vorschriften der Abgabenordnung ins Landesrecht transformieren. Dasselbe gilt für Hamburg (§ 11 Abs. 2 Satz 1 LGrStG Hamb.), Hessen (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 LGrStG Hessen; näher mit Einzelübersicht der anzuwendenden Vorschriften LGrStG Hessen Rz. 135 ff.) und Niedersachen (§ 12 Abs. 2 Satz 1 NGrStG). In Bayern und Niedersachen schließt der Verweis die Anwendbarkeit der AO für die Verwaltung der Grundsteuer durch die Gemeinden über § 1 Abs. 2 AO ein. In Hessen gilt § 1 Abs. 2 AO mangels einer dezidierten Regelung der Verwaltungstätigkeit der Gemeinden dagegen unmittelbar.
Rz. 31
Der verfahrensrechtliche Grundsteuer-Pluralismus zeigt sich im unterschiedlichen Verweisumfang auf die Abgabenordnung und das Finanzverwaltungsgesetz. Im Gegensatz zu dynamischen Verweisungen (s. Rz. 29) verweist Hessen in § 2 Abs. 5 LGrStG Hessen statisch auf eine bestimmte Fassung von Abgabenordnung und Finanzverwaltungsgesetz, so dass nachfolgende Änderungen vom Verweis nicht erfasst sind. Umgekehrt ist der Verweis im LSGrStG Hessen umfassend und schließt – im Gegensatz zu anderen Landesregelungen (vgl. Rz. 29) auch das Steuerstrafverfahren ein sowie das steuerliche Datenverarbeitungsrecht. Demgegenüber verändern Bayern (Art. 10 Abs. 2 Satz 2 LGrStG Bayern), Hamburg (§ 11 Abs. 2 Satz 2 LGrStG Hamb.) und Niedersachsen (§ 12 Abs. 2 Satz 2 NGrStG) die Datenschutzaufsicht in Grundsteuersachen: § 32h AO wird danach mit der Maßgabe angewendet, dass an die Stelle des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und des Bundesdatenschutzgesetzes der jeweilige Landesbeauftragte für den Datenschutz zuständig und das Landes-Datenschutzgesetz einschlägig ist.