Zusammenfassung
Freie Mitarbeiter können eingesetzt werden, wenn sporadische Belastungsspitzen und dadurch Personalengpässe eintreten, feste Mitarbeiter aber wegen des ggf. langfristig zu erwartenden Rückgangs des Arbeitsvolumens auf das ursprüngliche Niveau nicht rentabel wären. Freie Mitarbeiter sind zudem hinsichtlich der Art der Arbeitsleistung, des Arbeitsortes und der Arbeitszeit flexibler einsetzbar als Arbeitnehmer. Bei der Abgrenzung des freien Mitarbeiters vom Arbeitnehmer ist der § 611a BGB zu beachten.
1 Praktische und rechtliche Vorteile sowie rechtliche Risiken freier Mitarbeiter
1.1 Personalwirtschaftliche Aspekte
Sowohl aus wirtschaftlichen (Konkurrenzdruck, Personalkosten) wie auch aus rechtlichen Gründen (Ausweitung des Kündigungsschutzes durch die Rechtsprechung) sind Unternehmen nach wie vor bemüht, ihre Stammbelegschaften möglichst klein zu halten und möglichst viele Arbeiten fremd zu vergeben (Outsourcing). So ist es nicht verwunderlich, dass der Einsatz von Fremd- oder Drittfirmen sowie Fremdpersonen in Form von Werkverträgen, freien Dienstverträgen und Subunternehmerverträgen neben dem als Folge der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) möglicherweise demnächst rückläufigen Einsatz von Leiharbeitnehmern zunimmt. Gegenüber steht dem, jedenfalls in Teilbereichen, auch eine zunehmende Zahl von Existenzgründern, die sich – zunächst vielleicht als Einzelkämpfer, später mit eigenem Personal – selbstständig machen und auf (weisungs-)freier Basis tätig werden wollen.
Folgende Möglichkeiten der freien Mitarbeit bestehen:
Fremdvergabe an Einzelpersonen
Rechtsgrundlage ist ein Dienst- oder (seltener) ein Werkvertrag. Soweit hier von Interesse, sind Dienstleistende wie folgt aufzuteilen:
- Arbeitnehmer (persönlich, meist auch wirtschaftlich abhängig),
- arbeitnehmerähnliche Personen (persönlich unabhängig, aber wirtschaftlich abhängig und daher sozial schutzbedürftig),
- Selbstständige (freie Mitarbeiter: persönlich und wirtschaftlich unabhängig),
Fremdvergabe an Auftragnehmer, der eigenes Personal zur Vertragserfüllung einsetzt.
Hier spricht man von drittbezogenem Personaleinsatz. Der Auftragnehmer erledigt den Auftrag nicht, wie bei der freien Mitarbeit, in eigener Person. Vielmehr setzt er im Rahmen des mit dem Auftraggeber abgeschlossenen Werk- oder Dienstvertrags, der auch ein Subunternehmervertrag sein kann, eigenes Personal ein. Für den Auftraggeber vervielfacht sich, bezogen auf das für ihn tätige Personal, der Vorteil: Es wird nicht nur ein (freier) Mitarbeiter in seinem Auftrag tätig, sondern eine ganze Gruppe/Kolonne von Mitarbeitern seines Auftragnehmers.
1.2 Anwendbarkeit des Arbeitsrechts (Kurzübersicht)
Arbeitnehmer können unter den jeweiligen Voraussetzungen arbeitsrechtlichen Vollschutz in Anspruch nehmen. Auf arbeitnehmerähnliche Personen ist Arbeitsrecht grundsätzlich nicht anwendbar. Ausnahmen gelten u. a. nach § 5 Abs. 1 ArbGG, §§ 2, 12 BUrlG, § 12a TVG, § 11 EFZG und § 92a HGB.
Zwischen Auftraggeber und freiem Mitarbeiter entstehen keinerlei arbeitsrechtliche Bindungen. Insbesondere findet das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) auf freie Mitarbeiter keine Anwendung. Der Dienstgeber hat bei einer Kündigung lediglich die (kürzeren) Fristen des § 621 BGB zu beachten, soweit das Dienstverhältnis nicht ohnehin zeit- oder zweckbefristet ist. Der freie Mitarbeiter erhält nur tatsächlich geleistete Arbeit vergütet. Auch arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen wie etwa das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) sind auf das freie Dienstverhältnis nicht anwendbar. Der freie Mitarbeiter kann "rund um die Uhr" für seinen Auftraggeber tätig sein. Der Einsatz des freien Mitarbeiters ist regelmäßig mitbestimmungsfrei. Der Betriebsrat hat jedoch nach § 99 BetrVG mitzubestimmen, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den Arbeitnehmern des Auftraggebers den arbeitstechnischen Zweck des Betriebs durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Es ist unerheblich, ob sie durch die Eingliederung und Weisungsgebundenheit zu Arbeitnehmern des Einsatzbetriebes werden.
Beim drittbezogenen Personaleinsatz entstehen bei einwandfreier Vereinbarung und Durchführung des zugrunde liegenden Vertrags für den Auftraggeber keine arbeitsrechtlichen Probleme hinsichtlich des einzelnen Mitarbeiters des Auftragnehmers. Allerdings ist auf Folgendes hinzuweisen:
- Ein erheblicher Teil der in der Praxis als "freie Mitarbeit" angesehenen Vertragsverhältnisse dürfte bei näherer Betrachtung arbeitsrechtlicher Natur sein. Das Risiko für den Arbeitgeber besteht entweder darin, dass in einem vom vermeintlich freien Mitarbeiter angestrengten Arbeitsgerichtsprozess das Arbeitsgericht feststellt, dass ein Arbeitsverhältnis besteht, oder darin, dass bei der sozialversicherungsrechtlichen Kassenprüfung das Vertragsverhältnis als versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis beurteilt wird.
- Erschwerend für die betriebliche Praxis ist, dass es für die Beurteilung der Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses im Zweifel nicht auf den Vertragswortlaut, sondern auf die tatsächliche Durchführung des Vertrags ankommt.
Beim drittbezogenen Personaleinsatz besteht für den Auftraggeber, in dessen Be...