Leitsatz
Gründet ein Einzelunternehmer mit einem Angehörigen eine GmbH und bringt er dabei sein Unternehmen zu Buchwerten in die GmbH ein, kann darin eine freigebige Zuwendung des GmbH-Geschäftsanteils an den Angehörigen liegen, deren Wert dem Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert des Geschäftsanteils nach der Einbringung des Unternehmens und der Stammeinlage des Angehörigen entspricht.
Normenkette
§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG , § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG , § 9 BewG , § 11 Abs. 2 BewG
Sachverhalt
Der Kläger schloss mit seinem Vater einen Vertrag über die Gründung einer GmbH. Beide übernahmen bar zu entrichtende Stammeinlagen. In einem weiteren Vertrag vom selben Tag vereinbarten sie, nach Eintragung der GmbH ins Handelsregister das Stammkapital um eine weitere und vom Vater zu übernehmende Stammeinlage zu erhöhen. Der Vater verpflichtete sich, zur Erfüllung dieser Einlagepflicht ein bisher von ihm betriebenes Einzelunternehmen zu Buchwerten einzubringen. Soweit die Buchwerte die Stammeinlage überstiegen, sollte ihm eine Darlehensforderung zustehen.
In dem Einzelunternehmen steckten jedoch erhebliche stille Reserven. Das FA nahm daher an, der Vater habe dem Kläger i.H. des Unterschiedsbetrags zwischen dem Nennwert der Stammeinlage des Klägers und dem nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelten Wert seines Geschäftsanteils eine freigebige Zuwendung gemacht. Demgegenüber verneinte das FG eine Schenkung. Dagegen wandte sich das FA mit der Revision.
Entscheidung
Der BFH folgte dem FA. Er beurteilte zunächst die beiden Verträge als einheitliches Rechtsgeschäft mit der Folge, dass der Geschäftsanteil des Klägers an der GmbH von Anfang an mit dem gemeinen Wert nach Einbringung des väterlichen Einzelunternehmens entstanden ist. Damit ging es im Streitfall nicht um eine bloße Werterhöhung eines bereits bestehenden Geschäftsanteils, bei der nach der Rechtsprechung des BFH keine Zuwendung an den betroffenen Gesellschafter anzunehmen ist.
Hinweis
Mit den Urteilen vom 25.10.1995, II R 67/93 (BStBl II 1996, 160) sowie vom 19.6.1996, II R 83/92 (BStBl II 1996, 616) hat der BFH ausgesprochen, dass die wodurch auch immer – sei es durch die Zuwendung eines Dritten an die GmbH oder durch die Einlage eines anderen in die GmbH – bewirkte Erhöhung des Werts des Geschäftsanteils eines GmbH-Gesellschafters keine Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an diesen Gesellschafter darstellen kann. Die Werterhöhung der in diesen Fällen bereits bestehenden Geschäftsanteile ist nach Ansicht des BFH vielmehr die Folge der Gesellschafterstellung und beruht auf ihr. Rechtsgrund der Vermögensmehrung der Gesellschafter ist allein die im Gesellschaftsanteil verkörperte Mitgliedschaft.
Erhält dagegen der GmbH-Gesellschafter einen von vornherein die eigene Einlage wertmäßig übersteigenden Geschäftsanteil, ist bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine freigebige Zuwendung möglich. Dies hat der BFH mit dem Urteil vom 20.12.2000, II R 42/99 (BFH-PR 2001, 261) für den Fall, dass bei einer Kapitalerhöhung ein neuer Gesellschafter zur Übernahme eines Geschäftsanteils zugelassen worden ist, und der Wert dieses Geschäftsanteils die Einlage des neuen Gesellschafters übersteigt, bereits entschieden. Daran konnte angeknüpft werden.
Nicht ganz bedenkenlos ist, dass mit der vorliegenden Entscheidung auch insoweit an das Urteil zur Kapitalerhöhung angeknüpft worden ist, als dort keine gemischte Schenkung, sondern eine reine Schenkung angenommen und die Einlage des Bedachten nicht als teilweise Gegenleistung, sondern als Erwerbsaufwand i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG angesehen wurde. Die Ablehnung einer gemischten Schenkung ist nämlich im BFH-Urteil vom 30.5.2001, II R 6/98 (BFH/NV, 2002, 26) damit begründet worden, dass die Einlage nicht in das Vermögen der schenkenden Altgesellschafter, sondern in das der GmbH gelangt ist und die Altgesellschafter durch die Einlage keinen vermögensmäßigen Substanzzuwachs, sondern lediglich eine Werterhöhung ihrer Geschäftsanteile erfahren haben.
Letzteres ist im Streitfall, bei dem die Zuwendung im Rahmen einer GmbH-Gründung erfolgt ist, anders. Soweit, wie die Einlage des Klägers den Wert des Geschäftsanteils des Vaters beeinflusst, tritt diese Wirkung bereits mit Entstehung des Geschäftsanteils des Vaters ein.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.7.2005, II R 8/04