Prof. Dr. jur. Tobias Huep
Die verschiedenen gesetzlichen Freistellungsansprüche werden nachstehend aufgezählt und in ihrem wesentlichen Inhalt kurz vorgestellt:
- § 616 BGB: bei unverschuldeter, vorübergehender Verhinderung des Arbeitnehmers aus persönlichen Gründen behält dieser den Entgeltanspruch,
- § 629 BGB: Freistellung zur Stellensuche nach Ausspruch einer Kündigung,
- § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III: Freistellung insbesondere zur Suche nach einem neuen Arbeitsplatz bei bevorstehender Beendigung des Arbeitsverhältnisses ("Soll"-Vorschrift),
- Freistellungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Urlaub,
- Freistellung zur Inanspruchnahme von Bildungsurlaub,
- Freistellungen nach dem EFZG, insbesondere im Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit,
- § 7 BBiG,
- § 3 PflegeZG: Anspruch auf vollständige oder teilweise Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz, wenn ein Arbeitnehmer einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegt,
- § 2 FPflegeZG: Familienpflegezeit,
- § 45 SGB V: Freistellung für die Betreuung eines kranken Kindes,
- § 207 SGB IX: Anspruch schwerbehinderter Menschen auf Freistellung von Mehrarbeit,
- §§ 37 ff. BetrVG: Freistellung für die Tätigkeit als Mitglied des Betriebsrats,
- § 1 Abs. 1 ArbPlSchG: Anspruch für Arbeitnehmer, die zum Grundwehrdienst oder zu einer Wehrübung einberufen werden,
- § 3 Abs. 1 und 2 MuschG: Anspruch für werdende Mütter und Wöchnerinnen (Mutterschutz),
- §§ 15 ff. BEEG: Elternzeit,
- Art. 48 Abs. 1 GG: Bewerber um ein Bundestagsmandat,
- § 9 EFZG,
- die Altersteilzeit nach dem AltTZG, sofern der Arbeitnehmer das sog. Blockmodell wählt,
- bei Aussperrung kann der Arbeitgeber in Arbeitskämpfen unbezahlte Freistellungen arbeitswilliger Arbeitnehmer herbeiführen,
- § 22 Inso: Freistellung von Arbeitnehmern im Insolvenzeröffnungsverfahren § 22 InsO.
5.1 Freistellung nach § 616 BGB
Nach § 616 Satz 1 BGB bleibt der Lohnanspruch erhalten, wenn der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund und ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert und tarifvertraglich oder einzelvertraglich nichts anderes vereinbart ist. Die Verhinderung der Erbringung der Arbeitsleistung darf nur aus persönlichen Gründen erfolgen. Gemeint ist ein individueller Hinderungsgrund, der sich allein in der Sphäre des betroffenen Arbeitnehmers verwirklicht hat (z. B. der Arbeitnehmer ist in einen Unfall verwickelt). Daher scheiden Ursachen allgemeiner Art aus, von denen mehrere Arbeitnehmer oder sonstige Gruppen der Bevölkerung betroffen sind (z. B. der Arbeitnehmer steht mit vielen anderen Autofahrern in einem durch den Unfall ausgelösten Verkehrsstau).
Bei Erkrankung eines im Haushalt des Arbeitnehmers lebenden Kindes besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn die Betreuung durch den Arbeitnehmer nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, weil eine andere im Haushalt des Arbeitnehmers lebende Person hierfür nicht zur Verfügung steht.
Vorgegebene Termine bei Behörden – auch bei der Strafverfolgung des Arbeitnehmers selbst – sind persönliche Gründe.
Ausgeschlossen sind Ansprüche nach § 616 BGB, wenn die Verhinderung verschuldet ist (hier als sog. "Verschulden gegen sich selbst"); zudem darf es sich nur um verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit handeln.
5.2 Kinderpflegekrankengeld (§ 45 SGB V)
Nach § 45 SGB V hat eine gesetzlich versicherter Arbeitnehmer Anspruch auf Pflegekrankengeld, wenn er aufgrund einer Betreuungspflicht seines erkrankten Kindes an der Erbringung der Arbeitsleistung gehindert ist. Unbeachtlich ist die Art der Versicherung (freiwillig oder verpflichtend), solange er Mitglied einer Krankenkasse ist. Weitere Voraussetzungen:
- das Kind darf nicht älter als 12 Jahre sein – eine Ausnahme gilt für Kinder mit Behinderungen i. S. d. SGB XI,
- das Kind bedarf aufgrund einer Krankheit der heimischen Pflege,
- die Krankheit ist ärztlich nachgewiesen,
- das Kind lebt mit dem Arbeitnehmer in einem gemeinsamen Haushalt,
- es steht keine andere Person zur Übernahme der Pflege zur Verfügung und der Arbeitnehmer ist zur Übernahme der Pflege fähig (sog. objektive und subjektive Pflegefähigkeit).
Neben § 616 BGB begründet § 45 SGB V subsidiär einen Anspruch auf unbezahlte Freistellung zur Betreuung erkrankter Kinder.
5.3 Freistellungen nach dem Pflegezeitgesetz
Das Pflegezeitgesetz sieht 2 Freistellungsansprüche vor. Das Pflegezeitgesetz gewährt in § 2 PflegeZG ebenfalls einen Anspruch auf kurzzeitige, allerdings unbezahlte Freistellung von bis zu 10 Arbeitstagen bei akutem Eintritt eines Pflegefalls vo...