Unbezahlte Freistellung durch Arbeitgeber

Weltreise, Weiterbildung oder Pflege von Angehörigen: Manchmal benötigen Beschäftigte eine Auszeit. Doch in welchen Fällen kann es grundsätzlich zu einer bezahlten oder unbezahlten Freistellung kommen und wann besteht sogar ein Anspruch darauf?

Die Gründe für eine längere, auch unbezahlte Auszeit von Arbeitnehmenden sind vielfältig - ob Weltreise, Bildungsurlaub oder etwa zur Pflege von Angehörigen. Denn meist reicht der Jahresurlaub dafür nicht aus. In vielen Fällen wird daher auf die Möglichkeit zurückgegriffen, dass Arbeitgeber und Mitarbeitende eine zeitweise Freistellung von der Arbeit vereinbaren. Im Vorfeld stellt sich jedoch die grundsätzliche Frage, in welchen Fällen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin eine unbezahlte Freistellung gewähren muss.

Bezahlte Freistellung oder unbezahlte Freistellung?

Bei einer Freistellung verzichtet der Arbeitgeber ausdrücklich auf die Arbeitsleistung von Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin. Dies kann unter Fortzahlung der Vergütung, als bezahlte Freistellung oder auch ohne, als unbezahlte Freistellung erfolgen. Grundsätzlich ist eine vertragliche oder gesetzliche Anspruchsgrundlage erforderlich, damit Lohnansprüche im Freistellungszeitraum entstehen. Praktisch wichtigster Fall der bezahlten Freistellung ist die Freistellung nach erfolgter Kündigung, aber auch beim Erholungsurlaub, bei krankheitsbedingtem Arbeitsausfall, Bildungsurlaub, Altersteilzeit oder als Ausgleich für Betriebsratstätigkeit erfolgt die Freistellung entgeltlich.  

Anspruch auf unbezahlte Freistellung

Muss der Arbeitgeber Arbeitnehmenden eine unbezahlte Freistellung gewähren? Einen allgemeinen Anspruch auf unbezahlte Freistellung gibt es nicht. Mit ihrem Arbeitsvertrag  verpflichten sich Beschäftige, ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Daher kann ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin dem Grundsatz nach nicht verlangen, von der persönlichen Pflicht zur Arbeitsleistung entbunden zu werden. Die unbezahlte Freistellung liegt allein im Ermessen des Arbeitgebers; sie kann nur im Einvernehmen mit diesem genommen werden. Nur in seltenen Ausnahmefällen wird das Ermessen des Arbeitgebers derart eingeschränkt sein, dass ihm nur noch die Möglichkeit bleibt, unbezahlten Sonderurlaub zu erteilen.

Unbezahlte Freistellung in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen

Wo es einen Grundsatz gibt, ist die Ausnahme nicht weit. Denn entsprechende Regelungen in Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen können beispielsweise unbezahlte Freistellungen vorsehen. Ausnahmen können sich auch aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bei familiären Problemsituationen oder betrieblicher Übung ergeben:

  • Der Arbeitgeber muss die unbezahlte Freistellung aufgrund seiner Fürsorgepflicht gewähren. Das gilt für Fälle, in denen sich der Arbeitnehmende in einer Notsituation befindet, zum  Beispiel weil ein Familienmitglied plötzlich erkrankt ist.
  • Tarifverträge, Arbeitsverträge und Betriebsvereinbarungen können Ansprüche auf unbezahlte Freistellung vorsehen. Die Vereinbarungen regeln dann zumeist auch Fragen zu den Voraussetzungen oder dem maximalen Zeitraum. Auch in diesen Fällen benötigt der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die Zustimmung des Arbeitgebers. Ob Krankheitstage während einer tariflichen Freistellung verfallen, haben Gerichte unterschiedlich beurteilt. Das BAG hat mittlerweile festgestellt: Der Arbeitgeber muss tarifliche Freistellungstage bei Krankheit nachgewähren).
  • Ein Anspruch auf unbezahlten Urlaub kann sich schließlich auch aus einer betrieblichen Übung ergeben. Hat ein Arbeitgeber in vergleichbaren Fällen unbezahlte Freistellung gewährt, kann es für die anderen Mitarbeitenden einen Anspruch darauf geben. Lesen Sie hier, warum nicht jedes Entgegenkommen des Arbeitgebers zur betrieblichen Übung führt. 

Unbezahlte Freistellung zur Pflege von Angehörigen

Gesetzliche Ansprüche einer unbezahlten Freistellung gibt es beispielsweise bei der Pflege naher Angehöriger (§ 3 PflegeZG) oder der Betreuung von Kindern (§ 45 SGB V). Hier gilt, dass Arbeitgeber Beschäftigte (in Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitenden) bis zu 6 Monaten von der Arbeitsleistung vollständig oder teilweise freistellen müssen, wenn diese einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen. Genauso gilt, dass der Arbeitgeber Beschäftigte mit Anspruch auf Krankengeld, die ein krankes Kind betreuen, für die Dauer des Anspruchs von der Arbeitsleistung unbezahlt freistellen müssen.

Unbezahlte Freistellung als Begleitung von Menschen mit Behinderung

Seit 2022 gibt es zudem eine gesetzliche Anspruchsgrundlage für eine Freistellung als Assistenz im Krankenhaus (§ 44b SGB V). Danach können Begleitpersonen aus dem privaten Umfeld eines Menschen, der die Begleitung medizinisch benötigt, für die Dauer von dessen stationären Krankenhausaufenthalts mit aufgenommen werden. Arbeitgeber müssen Beschäftigte, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen, hierfür freistellen.  

Unbezahlte Freistellung zur Weiterbildung

Unabhängig von der Möglichkeit eines bezahlten Bildungsurlaubs, wie er in einigen Ländergesetzen geregelt ist, gibt es prinzipiell die Möglichkeit einer unbezahlten Freistellung durch den Arbeitgeber wegen einer Weiterbildung. Möchte eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer Arbeitnehmende eine Fortbildung machen, deren zeitlicher Umfang nicht zulässt, dass sie neben der Beschäftigung im Arbeitsverhältnis durchgeführt wird, können Arbeitgeber und Arbeitnehmende einvernehmlich eine unbezahlte Freistellung für eine bestimmte oder unbestimmte Zeit vereinbaren. 

Unbezahlte Freistellung: Auswirkungen auf die Sozialversicherung

Die unbezahlte Freistellung von Mitarbeitenden wirkt sich auf die Sozialversicherung aus. Zu beachten ist, dass es entscheidend auf die Länge der genommenen "Auszeit" ankommt. Die Versicherungspflicht der Arbeitnehmenden in den einzelnen Sozialversicherungszweigen setzt grundsätzlich eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt voraus. Bei einer unbezahlten Freistellung bleibt das Arbeitsverhältnis - ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt - weiter bestehen. Bis zu einem Monat gilt dies weiter als Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt: Es ergeben sich keine Auswirkungen auf das entgeltliche Beschäftigungsverhältnis. 

Dauert die unbezahlte Freistellung allerdings länger, endet die entgeltliche Beschäftigung nach einem Monat. Mit dem Überschreiten der Monatsfrist, ist eine Abmeldung zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung an die Einzugsstelle zu senden. Nach Ende der unbezahlten Freistellung muss der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin neu angemeldet werden.

Wissenswertes zur lohnsteuerlichen Behandlung von unbezahltem Urlaub lesen Sie in diesem Beitrag.

Unbezahlte Freistellung: Auswirkungen auf den Urlaubsanspruch

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat zuletzt seine Rechtsprechung geändert und entschieden, dass für die Dauer eines unbezahlten Sonderurlaubs kein Erholungsurlaub entsteht. Die durch das Bundesurlaubsgesetz bezweckte Unterbrechung der Arbeitspflicht entbehre durch die Freistellung einer Grundlage, heißt es in der Begründung. Der Zeitraum des Sonderurlaubs ist somit bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs mit "null" Arbeitstagen in Ansatz zu bringen. 

(Alles zum (gesetzlichen) Urlaubsanspruch lesen Sie in diesem Top-Thema).

Unbezahlte Freistellung nach Elternzeit

Gemäß § 15 BEEG haben Eltern das Recht, für die Kinderbetreuung bis zu 36 Monate unbezahlt in Elternzeit zu gehen. Während der Elternzeit sind Arbeitnehmende von der Pflicht, ihre Arbeitsleistung zu erbringen, freigestellt. Der Arbeitgeber muss seinerseits keinen Lohn mehr zahlen. Diese unbezahlte Freistellung ist befristet: Die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis leben nach dem dritten Geburtstag des Kindes wieder auf, ohne dass eine gesonderte Vereinbarung nötig ist. (Lesen sie hier, was Arbeitgeber beim Antrag auf Elternzeit beachten müssen).

Möchten Arbeitnehmende eine unbezahlte Freistellung im Anschluss an die Elternzeit nehmen, können sie diese grundsätzlich einvernehmlich mit dem Arbeitgeber vereinbaren. Es handelt sich dann nicht mehr um Elternzeit, allerdings gelten besondere Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung: Diese bleibt für einen Monat aufgrund des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses ohne Arbeitsentgelt auch im Anschluss von beitragsfreien Zeiten wie der Elternzeit erhalten. 


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Schlagworte zum Thema:  Freistellung, Urlaub, Arbeitszeitkonto