Dürfen Mitarbeitende nach der Kündigung für die Jobsuche freinehmen?
Mit dem Ende eines Arbeitsverhältnisses stehen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlreiche Aufgaben und Termine an, bevor ein neuer Arbeitgeber gefunden ist: Dazu gehören Bewerbungen, Vorstellungsgespräche oder Termine beim Arbeitsamt oder Jobvermittlungen. Dürfen sie zur Stellensuche freinehmen?
§ 629 BGB: Freistellung zur Stellensuche
Oftmals sehen Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen eine Freistellung zur Stellensuche nach einer Kündigung vor. Auch das Gesetz verpflichtet in § 629 BGB als Ausfluss der allgemeinen Fürsorgepflicht, "den Dienstberechtigten, einen Dienstverpflichteten nach Ausspruch der Kündigung eines dauernden Dienstverhältnisses für eine angemessene Zeit von seiner Dienstleistungspflicht zum Zweck der Stellensuche freizustellen".
Die Vorschrift findet auf alle Dienst- und Arbeitsverhältnisse Anwendung. Sie soll dem Dienstverpflichteten ermöglichen, unmittelbar im Anschluss an das beendete Dienstverhältnis ohne größere finanzielle Einbußen ein neues zu begründen. Aus diesem Grund ist § 629 BGB nicht abdingbar.
Voraussetzungen für eine (bezahlte) Freistellung nach § 629 BGB
Dabei ist es notwendig, dass es sich um ein dauerndes Dienstverhältnis handelt. Entscheidend ist, dass das Dienstverhältnis rechtlich oder faktisch auf eine längere Zeit angelegt ist, von unbestimmter Dauer sein sollte oder faktisch bereits längere Zeit bestanden hat. Dies umfasst grundsätzlich auch Ausbildungsverhältnisse nach § 10 BBiG, nicht aber Aushilfsarbeitsverhältnisse oder Probearbeitsverhältnisse.
Als Kündigung sind ordentliche und außerordentliche sowie Änderungskündigungen zu verstehen. Darüber hinaus findet § 629 BGB entsprechende Anwendung auf Dienstverhältnisse, die aufgrund von Fristablauf, auflösender Bedingung, Zweckerreichung oder eines Aufhebungsvertrags enden.
Mitarbeitender muss Antrag auf Freistellung stellen
Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin muss die Freistellung von der Arbeit ausdrücklich und rechtzeitig verlangen, da der Arbeitgeber nicht von sich aus zur Gewährung verpflichtet ist. Eigenmächtig darf der oder die Beschäftigte sich nicht selbst zur Stellensuche freinehmen und nicht zur Arbeit erscheinen. Andererseits darf der Arbeitgeber ihn oder sie auch nicht auf noch offene Urlaubstage verweisen.
Freistellung und Urlaub: Was ist zu beachten?
Erhält ein Arbeitnehmender nach Zugang der Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist Erholungsurlaub, muss er gleichwohl den Anspruch auf Freistellung zur Stellensuche geltend machen. Eine nachträgliche Umwandlung des Erholungsurlaubs in Freizeit zur Stellensuche, bei der zusätzlich eine Urlaubsabgeltung erfolgen müsste, ist nicht möglich. Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn der Dienstverpflichtete bereits vor Zugang der Kündigung den Urlaub beantragt hat.
Welche Dauer darf eine Freistellung zur Stellensuche haben?
Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, hat der Arbeitgeber dem Mitarbeitenden eine angemessene Freizeit zur Stellensuche einzuräumen. Die Angemessenheit richtet sich dabei nach den Umständen des Einzelfalls. Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Verträge können hier eine nähere Ausgestaltung vornehmen.
629 BGB: bezahlte oder unbezahlte Freistellung?
Über die Vergütung des Dienstverpflichteten trifft § 629 BGB keine Aussage. Nach überwiegender Meinung ist § 616 BGB anwendbar, sodass der Dienstverpflichtete nur Anspruch auf Vergütung hat, wenn die Stellensuche eine nicht erhebliche Zeit ausmacht. Auch dies kann ausgeschlossen werden: Im Gegensatz zu § 629 BGB ist § 616 BGB abdingbar.
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