Leitsatz
Die Tätigkeit im Rahmen eines freiwilligen sozialen Jahres ist grundsätzlich nicht als Berufsausbildung zu beurteilen. Für den Zeitraum, in dem das Kind ein freiwilliges soziales Jahr leistet, steht den Eltern daher kein Ausbildungsfreibetrag zu.
Normenkette
§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 , § 33a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG , § 1 Nrn. 2 und 5 SozDiG , § 15 SozDiG
Sachverhalt
Die am 6.10.1977 geborene Tochter K der Kläger besuchte bis zum 31.7.1997 das Gymnasium. Vom 1.9.1997 bis zum 31.8.1998 leistete sie ein freiwilliges soziales Jahr bei der Gesellschaft für Kinder- und Jugendsozialarbeit ... e.V. ab. Während dieser Zeit wohnte sie bei ihren Eltern. Seit dem 1.10.1998 ist sie an der Pädagogischen Hochschule in X für den Studiengang Grund- und Hauptschullehrer immatrikuliert und wohnt in X.
Mit den gemeinsamen Einkommensteuererklärungen für 1997 und 1998 machten die Kläger für ihre Tochter K Ausbildungsfreibeträge geltend, und zwar auch für den Zeitraum des freiwilligen sozialen Jahres.
Das FA berücksichtigte dagegen im Einkommensteuerbescheid 1997 nur einen anteiligen Ausbildungsfreibetrag für die Dauer des Schulbesuchs in Höhe von 1.400 DM und im Einkommensteuerbescheid 1998 nur einen anteiligen Ausbildungsfreibetrag für den Zeitraum des auswärtigen Studiums in Höhe von 1.050 DM. Klage und Revision blieben erfolglos.
Entscheidung
Das FG habe zu Recht die Tätigkeit der Tochter im Rahmen des freiwilligen sozialen Jahres nicht als Berufsausbildung i.S.d. § 33a Abs. 2 EStG beurteilt. Diese Tätigkeit werde weder in der Studien- und Prüfungsordnung für Grund- und Hauptschullehrer vorgeschrieben noch wirke sie sich günstig auf die Zulassung zu diesem Studium aus. Sicherlich sei die Tätigkeit im Rahmen eines freiwilligen sozialen Jahres förderlich für eine spätere Berufstätigkeit als Grund- und Hauptschullehrerin. Diese positiven Wirkungen könnten freilich von einer Vielzahl, die Lebenserfahrung bereichernden allgemeinen Betätigungen ausgehen.
Hinweis
Zur Berufsausbildung i.S.d. § 33 Abs. 2 EStG können auch Betätigungen rechnen, die nicht zwingend in einer Ausbildungsordnung vorgeschrieben sind und die Zeit und die Arbeitskraft des Kindes nicht überwiegend in Anspruch nehmen. Sie müssen aber auf einen bestimmten Beruf vorbereiten. Ein freiwilliges soziales Jahr stellt grundsätzlich keine Berufsausbildung dar, weil es nicht der Vorbereitung auf einen konkret angestrebten Beruf dient, sondern soziale Erfahrungen vermitteln und das Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl stärken will.
Auch der Zweck des § 33 Abs. 2 EStG fordert keine Berücksichtigung eines Ausbildungsfreibetrags in derartigen Fällen. Der Ausbildungsfreibetrag will die geminderte Leistungsfähigkeit von Eltern berücksichtigen, deren Kinder sich in Ausbildung befinden und denen hierfür über die bloße Sicherung des Existenzminimums hinaus besondere Aufwendungen erwachsen. Eltern von Kindern, die ein freiwilliges soziales Jahr ableisten, werden aber mit keinen zusätzlichen Kosten belastet. Denn nach § 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres erhalten die Helferinnen und Helfer Unterkunft, Verpflegung, Arbeitskleidung und ein angemessenes Taschengeld. Ferner werden die Aufwendungen für Beiträge zum Zweck der Höherversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung ersetzt.
Ein freiwilliges soziales Jahr kann danach nur in Ausnahmefällen als Berufsausbildung beurteilt werden, nämlich dann, wenn es in der Ausbildungsordnung entweder vorgeschrieben ist oder wenn diese ein Praktikum vorsieht und hierfür ein soziales Jahr anerkannt wird. So fordert das Ausbildungsverhältnis bei Sozialarbeitern eine dreijährige Bewährung im Beruf. In diese drei Jahre kann das freiwillige soziale Jahr einbezogen werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.6.2004, III R 3/03