Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Bei einem Darlehen zwischen nahen Angehörigen führen den Darlehensbetrag erhöhende Schuldzinsen im Rahmen einer Novationsvereinbarung nur dann zum Betriebsausgabenabzug der Zinsen, wenn die Novation im alleinigen oder überwiegenden Interesse des Darlehensgläubigers erfolgt ist.
Sachverhalt
Im Streitfall hatte der als Steuerberater selbständig tätige Kläger in den Streitjahren 2000 bis 2005 Zinsen als Betriebsausgaben geltend gemacht, die aus einer mit seiner Mutter in 1993 geschlossenen Darlehensvereinbarung herrührten. Die Zinsen wurden vom Kläger nicht gezahlt, sondern er trug vor, die Bezahlung sei durch die jährliche Erhöhung des Kredits im Rahmen einer mündlich vereinbarten Schuldumschaffung (Novation) erfolgt. Mit Beschluss des Amtsgerichts v. Januar 2001 wurde der Kläger als Betreuer seiner in einem Seniorenwohnhaus lebenden, 1910 geborenen Mutter mit dem Aufgabenkreis "Wahrnehmung der Vermögens - und Wohnungsangelegenheiten, Aufenthaltsbestimmung, Wahrnehmung der Rechte bei einer Heilbehandlung, Vertretung gegenüber Behörden, Post und Gerichten" eingesetzt.
Entscheidung
Das FG wies die Klage ab und entschied, dass zwar auch bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen ein Abfluss im Sinne von § 11 Abs. 1 EStG durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger darüber bewirkt werden kann, dass der Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet werden soll. In dieser Schuldumschaffung (Novation) kann eine Verfügung des Gläubigers über seine bisherige Forderung liegen, die einkommensteuerrechtlich so zu werten ist, als ob der Schuldner die Altschuld durch tatsächliche Zahlung beglichen (= Abfluss beim Schuldner) und der Gläubiger den vereinnahmten Betrag infolge des neu geschaffenen Verpflichtungsgrundes dem Schuldner sofort wieder zur Verfügung gestellt hätte. Allerdings kann von einem Abfluss nur dann ausgegangen werden, wenn sich die Novation als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers über den Gegenstand der Altforderung darstellt, also auf einem freien Entschluss des Gläubigers beruht. Nur dann, wenn sie im alleinigen oder überwiegenden Interesse des Gläubigers erfolgt, indiziert dies dessen Verfügungsmacht über den Gegenstand der Altforderung. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall jedoch nicht erfüllt, da eine derartige Vereinbarung nach der Bestellung des Klägers als Betreuer seiner Mutter bürgerlich - rechtlich unwirksam (Verstoß gegen § 181 BGB) wäre. Im Übrigen hätte ein fremder Dritter eine solche Vereinbarung insbesondere im Hinblick auf das hohe Alter und den Gesundheitszustand der Gläubigerin aus Gründen der Rechtssicherheit in jedem Fall schriftlich fixiert.
Hinweis
Verträge zwischen nahen Angehörigen müssen nicht nur ernsthaft vereinbart, sondern auch wie zwischen Fremden üblich durchgeführt werden. Wie aus dem Streitfall ersichtlich, ist der Fremdvergleich insbesondere dann von erhöhter Bedeutung, wenn bereits getroffene Vereinbarungen in ihrem wesentlichen Inhalt geändert werden und die Änderungen augenscheinlich nur für den Leistenden, nicht jedoch für den Leistungsempfänger von Vorteil sind. In diesen Fällen ist - wie das Gericht auch deutlich herausgestellt hat - die schriftliche Fixierung der geänderten Vereinbarungen Grundvoraussetzung für eine eventuelle steuerliche Anerkennung.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.02.2012, 9 K 9200/07