Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 31
§ 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a GewStG gilt nur für Unternehmen, die ausschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom und anderen Energieträgern sowie von Wärme aus Windenergie und solarer Strahlungsenergie betreiben. Nach dem Wortlaut der Regelung wäre der Betrieb von Windenergie- und solaren Strahlungsenergieanlagen erforderlich, nach deren Sinn und Zweck genügt aber die Energieerzeugung aus einer der beiden Quellen. Hierfür spricht auch § 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b GewStG, der ausschließlich für den Betrieb von Solaranlagen eine Übergangsregelung trifft. Unter die Anlagen zur Erzeugung von solarer Strahlungsenergie fallen sowohl die thermischen Solaranlagen als auch die Fotovoltaikanlagen. Für andere Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien gilt § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG nicht. Die Zerlegung erfolgt insoweit nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG.
Rz. 32
Die Anlagen müssen der Erzeugung von Strom, anderen Energieträgern oder Wärme dienen. Unter anderen Energieträgern sind Stoffe zu verstehen, deren Energiegehalt für Energieumwandlungsprozesse nutzbar ist. Hierzu gehört z. B. die Herstellung von Wasserstoff, wobei dieser allerdings mithilfe elektrischen Stroms aus Wind- oder Solarenergie erzeugt worden sein muss. Zu derartigen Anlagen gehören nicht nur die unmittelbar der Erzeugung von Strom, anderen Energieträgern oder Wärme dienenden Einrichtungen, sondern auch Hilfsaggregate und Zusatzeinrichtungen, wie z. B. Steuerungs- und Überwachungsgeräte oder Brandschutzeinrichtungen.
Rz. 33
Gegenstand des Unternehmens muss ausschließlich die Erzeugung von Strom, anderen Energieträgern oder Wärme aus Wind- oder solarer Strahlungsenergie sein. Daher findet § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG keine Anwendung auf Unternehmen, die neben einer anderen gewerblichen Tätigkeit auch Windenergie- oder Solaranlagen betreiben. Der Betrieb von Windenergie- oder Solaranlagen muss die alleinige Tätigkeit des Unternehmens darstellen. Unschädlich sind vorbereitende Tätigkeiten und Hilfsgeschäfte. Das Erfordernis der Ausschließlichkeit bietet die Möglichkeit, die Anwendung von § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG dadurch zu vermeiden, dass neben den Anlagen zur Erzeugung von Wind- oder Solarenergie noch eine andere gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird.
Rz. 34
Strom, andere Energieträger oder Wärme müssen hergestellt worden sein aus Wind- oder solarer Strahlungsenergie. Dies bedeutet nicht, dass Strom, andere Energieträger oder Wärme ausschließlich mittels Wind- und solarer Strahlungsenergie hergestellt worden sein müssen. Ausreichend ist, wenn diese weit überwiegend durch den Einsatz von Wind- oder Strahlungsenergie gewonnen worden sind. Der Einsatz von Hilfsenergie oder Hilfsstoffen ist also unschädlich. Keine Erzeugung von Energie i. S. d. § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG ist deren bloße Weiterleitung. Anders ist dies, wenn z. B. der Stromerzeuger die Weiterleitung des von ihm erzeugten Stroms bis zur Einspeisung in das allgemeine Stromnetz selbst besorgt. In diesem Fall gehört auch die Weiterleitung zur Stromerzeugung i. S. d. § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG.
Rz. 35
Die Anlage muss in Betrieb genommen worden sein. Dies verlangt die Ingebrauchnahme zur Erzeugung von Strom, anderen Energieträgern oder Wärme. Die Ingebrauchnahme während des Ez reicht aus. Unerheblich ist, ob die erzeugten Energien im Unternehmen selbst verbraucht oder an Dritte veräußert werden. Der Unternehmer braucht auch nicht Eigentümer der entsprechenden Anlagen zu sein. Anlagen, die sich im Bau befinden, vom Hersteller nur zur Erprobung in Betrieb genommen worden sind oder auf Dauer stillgelegt wurden, fallen nicht unter § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG. Besonderheiten gelten in den Fällen des § 2 Abs. 2 GewStG, da hier auch Vorbereitungs- und Abwicklungshandlungen zur gewerblichen Tätigkeit gehören. Unschädlich ist eine zeitweilige Außerbetriebnahme, etwa wegen Wartung oder Reparaturen. Für Unternehmen, die Windenergie- oder Solaranlagen herstellen oder warten oder die derartige Anlagen vermieten oder verpachten, gilt § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG nicht.