1 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

§ 35c GewStG war bereits Bestandteil des GewStG 1951 v. 27.12.1951.[1] Seit dem GewStG i. d. F. der Bekanntmachung v. 15.10.2002[2] wurde § 35c GewStG mehrfach geändert. Die letzte Änderung erfolgte durch Gesetz v. 12.5.2021.[3] Die Änderungen betrafen § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d GewStG,[4] § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e GewStG,[5] und § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f GewStG.[6]

[1] BGBI I 1951, 996.
[2] BGBl I 2002, 4167.
[3] BGBl I 2021, 990.
[4] Gesetz v. 1.4.2015, BGBl I 2015, 434 mit Wirkung ab Ez 2016.
[5] Gesetz v. 31.7.2003, BGBl I 2003, 1550 mit Wirkung ab Ez 2003; Gesetz v. 14.8.2007, BGBl I 2007, 1912 mit Wirkung ab Ez 2008.
[6] Gesetz v. 26.6.2013, BGBl I 2013, 1809 mit Wirkung ab Ez 2009 bzw. 2011; Gesetz v. 12.12.2019, BGBl I 2019, 2451 mit Wirkung ab Ez 2018; Gesetz v. 12.5.2021, BGBl I 2021, 990 mit Wirkung ab Ez 2021.

2 Inhalt und Zweck der Vorschrift

 

Rz. 2

Der Gesetzgeber kann nach Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG die Bundesregierung durch formelles Gesetz ermächtigen, Rechtsverordnungen – hierbei handelt es sich um Gesetze im materiellen Sinn und nicht um Verwaltungsvorschriften – zu erlassen. Das Ermächtigungsgesetz muss nach Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen. Genügt das Ermächtigungsgesetz nicht den genannten Anforderungen, ist es nichtig. Gleiches gilt für die auf der Grundlage des Ermächtigungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen. Fällt das Ermächtigungsgesetz nach dem Erlass der entsprechenden Rechtsverordnung weg, wird hierdurch deren Wirksamkeit nicht berührt.[1] Ebenfalls zu beachten ist das Zitiergebot nach Art. 80 Abs. 1 S. 3 GG. Dessen Nichtbeachtung hat die Nichtigkeit der erlassenen Rechtsverordnung zur Folge. Ermächtigungsgesetz i. S. d. Art. 80 GG für den Erlass der GewStDV ist § 35c Abs. 1 GewStG. Danach kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats im durch § 35c GewStG vorgegebenen Rahmen Rechtsverordnungen erlassen. Ob und in welchem Umfang sie davon Gebrauch macht, steht in ihrem Ermessen. Eine Pflicht zur Ausfüllung der Ermächtigung besteht nicht. § 35c Abs. 1 GewStG entspricht – unter Heranziehung auch der übrigen Vorschriften des GewStG – den Kriterien des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG.[2] Ob die erlassene GewStDV in vollem Umfang dem Zitiergebot nach Art. 80 Abs. 1 S. 3 GG genügt, dürfte zweifelhaft sein.[3] Dies deshalb, weil in den einzelnen Regelungen der GewStDV nicht auf die konkrete Ermächtigungsgrundlage hingewiesen wird.

 

Rz. 3

Die Ermächtigung in § 35c Abs. 1 GewStG ist zweigeteilt. § 35c Abs. 1 Nr. 1 GewStG enthält Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen, die der Durchführung bestimmter Regelungen des GewStG dienen. § 35c Abs. 1 Nr. 2 GewStG beinhaltet Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen, die das GewStG ergänzen. Rechtsverordnungen nach § 35c Abs. 1 GewStG dürfen nur den durch das GewStG vorgegebenen Rahmen ganz oder teilweise ausfüllen. Sie dürfen im GewStG enthaltene Regelungen nur konkretisieren, nicht aber ändern.[4] Die Zweiteilung der Ermächtigung hat keinerlei rechtliche Relevanz.[5]

 

Rz. 4

§ 35c Abs. 2 GewStG ermächtigt das BMF, den Wortlaut des GewStG und der GewStDV nach dem jeweils geltenden Stand in einer Neufassung satzweise nummeriert mit neuem Datum und u. U. in neuer Paragrafenfolge bekannt zu machen und dabei Unstimmigkeiten im Wortlaut zu beseitigen. Bekanntmachung i. d. S. ist lediglich die Kundmachung der geltenden Fassung des GewStG bzw. der GewStDV. Sie stellt keine Verkündung i. S. d. Art. 82 GG dar.

[2] Sarrazin, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 35c GewStG Rz. 12; vgl. Selder, in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl. 2021, § 35c GewStG Rz. 1.
[3] Sarrazin, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 35c GewStG Rz. 13.
[5] Sarrazin, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 35c GewStG Rz. 14.

3 Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung

 

Rz. 5

Die Auflistung der einzelnen Ermächtigungsgrundlagen in § 35c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a bis e und Nr. 2 Buchst. a bis g GewStG ist abschließend. Weitere Ermächtigungsgrundlagen zum Erlass von Rechtsverordnungen für gewerbesteuerliche Zwecke existieren nicht.

 

Rz. 6

In Ausfüllung der in § 35c Abs. 1 GewStG genannten Ermächtigungsgrundlagen wurde die GewStDV erlassen. Geltung hat zurzeit die GewStDV i. d. F. der Bekanntmachung v. 12.10.2002.[1] Zuletzt geändert wurde sie durch Gesetz v. 12.5.2021.[2] Geändert werden können die Vorschriften der GewStDV von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats. Möglich ist aber auch eine Änderung der GewStDV durch den Gesetzgeber auf der Grundlage eines formellen Gesetzes. Die geänderten Vorschriften der GewStDV werden dadurch aber nicht zu formellen Gesetzen. Vielmehr ist eine durch den Gesetzgeber geänderte Rechtsverordnung weiterhin insgesamt als Rechtsverordnung zu qualifizieren.[3] Entsprechendes gilt auch für den Erlass einer Rechtsverordnung.

 

Rz. 7

§ 35c Abs. 1 GewStG gestattet den Erlass von Rechtsverordnungen über

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