Prof. Dr. Georg Schnitter
12.1 Rechtsentwicklung
Rz. 329
§ 8 Nr. 5 GewStG regelt die Hinzurechnung von nach dem EStG bzw. KStG begünstigten Gewinnanteilen. Die Vorschrift wurde durch Gesetz v. 20.12.2001 in das GewStG eingefügt. Anzuwenden war die Neuregelung erstmals für den Ez 2001 und damit teilweise rückwirkend. Das BVerfG hat die Rückwirkung als mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes unvereinbar angesehen, die Nichtigkeitserklärung allerdings auf Vorabausschüttungen an Minderheitsgesellschafter beschränkt, die im Zeitraum v. 1.1.2001 bis zum 11.12.2001 verbindlich beschlossen wurden und zugeflossen sind. Weiterhin verstößt die rückwirkend ab dem 1.1.2001 geltende Hinzurechnung von Gewinnanteilen nach § 8 Nr. 5 GewStG bei Auslandsbeteiligungen, soweit die Voraussetzungen des Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 2a, 7 GewStG nicht erfüllt sind, gegen die unionsrechtlich verbürgte Kapitalverkehrsfreiheit i. S. d. Art. 63 AEUV. Sie war deshalb im Ez 2001 nicht anzuwenden. Die Finanzverwaltung folgt dem über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht. Sie vertritt die Auffassung, dass nach den Grundsätzen des Beschlusses des BVerfG v. 10.10.2012 eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG im Ez 2001 jedenfalls dann zulässig ist, wenn die Ausschüttung nach dem 11.12.2001 zugeflossen ist.
Rz. 330
Seit dem GewStG i. d. F. der Bekanntmachung v. 15.10.2002 ergaben sich folgende Änderungen:
- Ersetzt wurde der bisherige Verweis auf § 3c EStG durch den Verweis auf 3c Abs. 2 EStG durch Gesetz v. 22.12.2003. Des Weiteren wurde der Anwendungsbereich von § 8b Abs. 5 KStG, der bis dahin nur für ausl. Beteiligungen galt, auf inl. Beteiligungen erweitert. Beide Regelungen gelten ab dem Ez 2004.
- Mit Gesetz v. 14.8.2007 erfolgte eine Erweiterung des Verweises auf § 8b Abs. 5 KStG um den erstmals im Ez 2007 anzuwendenden Verweis auf § 8b Abs. 10 KStG.
- Durch Gesetz v. 25.6.2021 wurde § 8 Nr. 5 S. 2 GewStG aufgehoben. Hierbei handelt es sich um eine Folgeänderung aus dem Wegfall des § 3 Nr. 41 EStG. Diese Regelung wird durch den Kürzungsbetrag nach § 11 AStG ersetzt. Geltung hat die Regelung erstmals für den Ez 2022 (§ 36 Abs. 4a GewStG).
12.2 Inhalt und Zweck der Vorschrift
Rz. 331
Nach § 8 Nr. 5 GewStG sind Gewinnanteile und ihnen gleichgestellte Bezüge und Leistungen aus Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i. S. d. KStG, die im Hinblick auf die Steuerbefreiungen nach §§ 3 Nr. 40 EStG, 8b Abs. 1 KStG bei der Gewinnermittlung außer Ansatz geblieben sind, bei der Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn wieder hinzuzurechnen. Keine Geltung hat dies, wenn die Beteiligungserträge die Voraussetzungen für das Schachtelprivileg nach § 9 Nr. 2a, 7 GewStG erfüllen. Betriebsausgaben, die mit den von der Hinzurechnung erfassten Beteiligungserträgen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und nach §§ 3c Abs. 2 EStG, 8b Abs. 5, 10 KStG bei der Ermittlung des Gewinns unberücksichtigt geblieben sind, mindern die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG. Im Ergebnis werden damit nur die steuerfreien Einkünfte hinzugerechnet. Setzt die Finanzverwaltung die sich aus §§ 8 Nr. 5 i. V. m. 9 Nr. 2a, 7 GewStG ergebenden Wechselwirkungen nicht zutreffend um, weil sie entweder die Rechtslage verkennt oder den Sachverhalt falsch würdigt oder einschätzt, kann dieser Fehler nicht nach § 174 AO berichtigt werden.
Rz. 332
§ 8 Nr. 5 GewStG begrenzt die Auswirkungen, die sich durch die Steuerbefreiungen nach §§ 3 Nr. 40 EStG, 8b Abs. 1 KStG auf die GewSt ergeben. Nach § 7 S. 1 GewStG bleiben Gewinnanteile und ähnliche Bezüge aus Kapitalanteilen auch bei der GewSt außer Ansatz, soweit sie bei der ESt nach § 3 Nr. 40 EStG oder bei der KSt nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei gestellt worden sind. § 8 Nr. 5 GewStG macht die Folgen dieser vollständigen oder anteiligen Freistellung von der ESt oder KSt für die GewSt rückgängig und beschränkt die Einfachbelastung mit GewSt bei der ausschüttenden Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse auf die Fälle des inl. und ausl. Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 2a, 7 GewStG. Bei Streubesitz bleibt es dagegen bei der gewerbesteuerlichen Doppelbelastung von Gewinnanteilen und ähnlichen Bezügen. Nach § 8b Abs. 4 KStG gilt allerdings die Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1 KStG für Bezüge, die einer Körperschaft nach dem 28.2.2013 zufließen, nur, wenn die Beteiligung unmittelbar mindestens 10 % beträgt. Ist dies nicht der Fall, sind die Gewinnausschüttungen bereits im Gewinn aus G...