Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 74
Nach § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 3 GewStG gilt bei der Veräußerung einer Forderung aus einem schwebenden Vertragsverhältnis – hierunter sind gegenseitige Verträge i. S. d. §§ 320ff. BGB zu verstehen, die von den Beteiligten noch nicht vollständig erfüllt worden sind – die Differenz zwischen dem Wert der Forderung, wie ihn die Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Veräußerung zugrunde gelegt haben, und dem vereinbarten geringeren Veräußerungserlös als bei der Gewinnermittlung abgesetzt (sog. Forfaitierung).
Rz. 75
Dagegen wirken sich Wertminderungen, die bereits bei der Forderungsbewertung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses berücksichtigt worden sind, nicht auf die Höhe der Hinzurechnung aus, da sie keinen Finanzierungsaufwand darstellen.
Rz. 76
Unter die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 3 GewStG fällt nur die echte Forfaitierung. Eine echte Forfaitierung liegt vor, wenn das Risiko des Ausfalls der Forderung auf den Forderungskäufer übergeht. Der hinzuzurechnende Aufwand ergibt sich aus der Differenz zwischen der Summe der zu erwartenden Raten zum Nominalwert, die der aus dem Vertrag Verpflichtete über die Laufzeit zu entrichten hat, und dem vom Käufer der Ansprüche erhaltenen Erlös. Bei der Ermittlung der Summe der zu erwartenden Raten sind die Werte maßgebend, die die Vertragsparteien übereinstimmend bei der Forfaitierungsvereinbarung zugrunde gelegt haben. Nicht maßgebend ist die Erwartungshaltung des Forderungsverkäufers. Bei Entgeltanpassungsklauseln kommt es nicht darauf an, ob und in welchem Umfang diese künftig wirksam werden. Der Erlös aus der Forfaitierung wird nicht im Zeitpunkt der Vereinnahmung, sondern verteilt über die Restlaufzeit des schwebenden Vertragsverhältnisses berücksichtigt. Folglich ist der Aufwand i. S. d. § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 3 GewStG linear verteilt über die Restlaufzeit des schwebenden Vertrags hinzuzurechnen. In den Abschlägen enthaltene Wertermittlungskosten oder vergleichbare Gebühren unterfallen nicht der Hinzurechnung. Gleiches gilt für Risikoprämien.
Die V-GmbH überlässt der S-GmbH am 1.1.01 ein Grundstück zur Miete. Der Mietvertrag ist bis zum 31.12.10 befristet. Der jährlich auf den 1.1. im Voraus zu entrichtende Mietzins beträgt 1 Mio. EUR. Die V-GmbH verkauft sämtliche Mietzinsansprüche aus dem Vertragsverhältnis am 30.12.01 an die K-GmbH und tritt sie mit sofortiger Wirkung ab. Das Ausfallrisiko geht auf die K-GmbH über. Der Kaufpreis für die Forderung beträgt 7,5 Mio. EUR. Von der Differenz von 1,5 Mio. EUR zum Nennwert der Forderung entfallen nachweislich 10.000 EUR auf Wertermittlungskosten und 300.000 EUR auf die Risikoübernahme.
Es handelt sich um eine echte Forfaitierung. Bei der V-GmbH ist der Forfaitierungserlös mittels eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens auf die Jahre 02 – 10 linear zu verteilen. Ein gewinnmindernder Zinsaufwand in Höhe der Differenz zwischen dem Nennwert der abgetretenen Forderung und dem erzielten Verkaufserlös ist bei der V-GmbH bilanzsteuerlich nicht zu erfassen. Gleichwohl ist der Differenzbetrag abzüglich der Wertermittlungskosten und der Risikoprämie von 1,19 Mio. EUR nach § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 3 GewStG hinzuzurechnen, und zwar linear verteilt auf die Restlaufzeit des schwebenden Vertrags, also auf die Jahre 02 – 10.
Rz. 77
Die unechte Forfaitierung wird dagegen wie eine Darlehensgewährung des Forfaiteurs an den Forfaitisten behandelt.
Die V-GmbH überlässt der S-GmbH am 1.1.01 ein Grundstück zur Miete. Der Mietvertrag ist bis zum 31.12.10 befristet. Der jährlich auf den 1.1. im Voraus zu entrichtende Mietzins beträgt 1 Mio. EUR. Die V-GmbH verkauft sämtliche Mietzinsansprüche aus dem Vertragsverhältnis am 30.12.01 an die K-GmbH und tritt sie mit sofortiger Wirkung ab. Das Ausfallrisiko verbleibt bei der V-GmbH. Der Kaufpreis für die Forderung beträgt 7,8 Mio. EUR. In der Differenz von 1,2 Mio. EUR zum Nennwert sind Wertermittlungskosten i. H. v. 10.000 EUR enthalten.
Es liegt eine unechte Forfaitierung vor. Bilanzsteuerlich handelt es sich um eine Darlehensaufnahme durch die V-GmbH. Der Differenzbetrag zwischen dem Verkaufserlös von 7,8 Mio. EUR und der Verbindlichkeit von 9 Mio. EUR ist aktiv abzugrenzen. Der aktive Rechnungsabgrenzungsposten von 1,2 Mio. EUR ist über die Restlaufzeit des Mietverhältnisses von 9 Jahren mit jährlich 133.333 EUR aufzulösen. Gewerbesteuerlich kommt es zu einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG. Der aus der Auflösung des aktiven Rechnungsabgrenzungspostens resultierende jährliche Aufwand ist bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags anzusetzen, soweit er nicht auf die Wertermittlungskosten entfällt. Der Hinzurechnungsbetrag beträgt damit 132.222 EUR.
Rz. 78 einstweilen frei