Prof. Dr. Georg Schnitter
3.2.1 Allgemeines
Rz. 5
Nach § 9 Nr. 1 S. 1 Halbs. 1 GewStG ist die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des gewerblichen Unternehmens gehörenden und nicht von der GrSt befreiten Grundbesitzes zu kürzen. Maßgebend ist nach § 9 Nr. 1 S. 1 Halbs. 2 GewStG der Einheitswert, der auf den letzten Feststellungszeitpunkt (Hauptfeststellungs-, Fortschreibungs- oder Nachfeststellungszeitpunkt) vor dem Ende des Ez lautet. Ab dem Ez 2025 beträgt die Kürzung 0,11 % des Grundsteuerwerts.
Rz. 6
§ 9 Nr. 1 S. 1 GewStG soll die Doppelbelastung des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes mit GrSt und GewSt vermeiden. Nicht maßgeblich ist, ob der Grundbesitz tatsächlich zur GrSt herangezogen wird. Des Weiteren soll die Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG bewirken, dass gewerbliche Unternehmen, die ihren Betrieb auf eigenem Grundbesitz ausüben, gewerblichen Unternehmen mit gemietetem Grundbesitz in gewerbesteuerlicher Hinsicht gleichgestellt werden. Diese Gleichstellung wird allerdings durch den pauschalen Abzug von 1,2 % des Einheitswerts nicht erreicht. Zum einen besteht aufgrund der in den letzten Jahren erheblich gestiegenen GrSt-Hebesätze eine erhebliche Differenz zwischen dem typisierten Kürzungsbetrag auf der einen Seite und der tatsächlich anfallenden GrSt auf der anderen Seite. Zum anderen bildet der jeweilige Einheitswert den tatsächlichen Wert des Grundbesitzes nicht realitätsgerecht ab. Anders ist dies einzuschätzen ab dem Ez 2025. Zu diesem Zeitpunkt werden aufgrund der GrSt-Reform die bisherigen Einheitswerte durch realitätsgerechtere Grundsteuerwerte ersetzt. Im Übrigen gilt die Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG nicht nur für eigenbetrieblich genutzten Grundbesitz, sondern für jeglichen Grundbesitz, der zum Betriebsvermögen gehört. Die pauschale Kürzung kommt von daher z. B. auch bei Mietwohnhäusern in Betracht, die dem gewillkürten Betriebsvermögen des gewerblichen Unternehmens zuzurechnen sind.
Rz. 7
Der Gesetzgeber fügte § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG durch Gesetz v. 1.12.1936 in das GewStG ein. Seit dem GewStG i. d. F. der Bekanntmachung v. 15.10.2002 erfolgten folgende Änderungen:
- Durch Gesetz v. 13.12.2006 wurde § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG redaktionell geändert. Die Bezeichnung "vom Hundert" wurde durch die Bezeichnung "Prozent" ersetzt.
- Durch Gesetz v. 14.8.2007 wurde § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG dahingehend neu gefasst, dass die pauschale Kürzung nicht in Betracht kommt, wenn der Grundbesitz von der GrSt befreit ist. Die Regelung gilt ab dem Ez 2008.
- Durch Gesetz v. 26.11.2019 wurde § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG dahingehend geändert, dass die pauschale Kürzung ab dem Ez 2025 0,11 % des Grundsteuerwerts beträgt. Es handelt sich um eine Folgeänderung bedingt durch den Wegfall der Einheitswerte.
Rz. 8
Das Verhältnis von § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG zu anderen Regelungen stellt sich wie folgt dar:
- Für Grundstücksunternehmen i. S. d. § 9 Nr. 1 S. 2, 3 GewStG besteht – sofern die Voraussetzungen vorliegen – ein Wahlrecht zwischen der pauschalen und der erweiterten Kürzung. Dabei kommt die Ausübung des Wahlrechts nach § 9 Nr. 1 S. 2, 3 GewStG auch dann in Betracht, wenn kein Anspruch auf Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG besteht. Scheitert der Antrag auf erweiterte Kürzung, ist die Anwendung von § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG möglich. Die Prüfung insoweit hat von Amts wegen zu erfolgen.
- Die Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG führt nicht zu einer korrespondierenden Hinzurechnung von Schuldzinsen, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem zum Betriebsvermögen des gewerblichen Unternehmens gehörenden Grundbesitz stehen, sofern nicht die Voraussetzungen des § 8 Nr. 1 GewStG vorliegen. Ebenfalls nicht in Betracht kommt insoweit eine entsprechende Kürzung des Kürzungsbetrags. Ein allgemeines Abzugsverbot für Schuldzinsen besteht in diesen Fällen nicht.