Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen
2.3.1 Schlussbilanz
Rz. 15
Die in die Befreiung eintretende Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse hat auf den Zeitpunkt, in dem die Steuerpflicht endet, eine Schlussbilanz aufzustellen. Das Ende der Steuerpflicht bedeutet nach dem Sinnzusammenhang nicht etwa das Ende der subjektiven KSt-Pflicht, sondern das aufgrund der Befreiung eintretende Ende der durch § 1 Abs. 2 KStG umrissenen objektiven Steuerpflicht. Die Schlussbilanz ist hiernach auf das Ende des Tags aufzustellen, der dem Tag vorangeht, an dem die persönliche Steuerbefreiung eintritt. Das Ende der objektiven Steuerpflicht kann während eines Wirtschaftsjahrs bzw. eines Vz eintreten. In aller Regel wird es jedoch zum Ende eines Wirtschaftsjahrs bzw. eines Vz eintreten. Tritt das Ende der Steuerpflicht während des Wirtschaftsjahrs ein, ist die Schlussbilanz auf diesen unterjährigen Zeitpunkt aufzustellen. Damit endet das Wirtschaftsjahr auf diesen Zeitpunkt. Bis zum Datum des Eintritts der Steuerbefreiung entsteht ein Rumpfwirtschaftsjahr, anschließend ein zweites Rumpfwirtschaftsjahr von diesem Zeitpunkt bis zum Ende des satzungsmäßigen Geschäftsjahrs. Allerdings ist die Steuerbefreiung regelmäßig davon abhängig, dass ihre Voraussetzungen für den gesamten Vz vorlagen.
Rz. 16
Die aufzustellende Schlussbilanz ist eine Steuerbilanz, in der ohne Rücksicht auf eine etwa erstellte Handelsbilanz die Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert zu erfolgen hat (Rz. 31). Der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz gilt für die Bewertung nicht. Ob die Vorschrift auch als Ansatzvorschrift aufzufassen ist, sodass auch für den Ansatz der Wirtschaftsgüter der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz nicht gilt, ist umstritten (eingehend Rz. 32ff.). Die Schlussbilanz ist nach § 5b Abs. 1 EStG in elektronischer Form zu übermitteln.
2.3.2 Gewinn
Rz. 17
Hat die in die Steuerbefreiung eintretende Körperschaft ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelt, sind gedanklich eine auf dem Buchführungswerk beruhende Schlussbilanz und eine darauf aufbauende Entstrickungsbilanz zu unterscheiden, ohne dass aber formal zwei Bilanzen aufgestellt werden müssen. In einem ersten Schritt ist eine auf dem Buchführungswerk beruhende laufende Schlussbilanz zu erstellen, in der die Bewertung nach den §§ 6ff. EStG erfolgt. In einem zweiten Schritt ist eine auf dieser Schlussbilanz basierende Entstrickungsbilanz aufzustellen, in der die Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert bewertet werden. Bedeutung hat diese gedankliche zweistufige Gewinnermittlung mittels einer Schluss- und einer Entstrickungsbilanz, wenn die Körperschaft neben dem steuerbefreiten Bereich einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält, der steuerpflichtig bleibt. In diesem Fall ist der Gewinn des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Rahmen der Gewinnermittlungsbilanz zu bestimmen. In der Entstrickungsbilanz sind die Wirtschaftsgüter des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs dann mit den sich aus der Gewinnermittlungsbilanz ergebenden Buchwerten anzusetzen, d. h., es erfolgt insoweit keine Aufdeckung der stillen Reserven. Das ergibt sich daraus, dass insoweit keine Steuerbefreiung eintritt und daher keine Notwendigkeit für eine Gewinnrealisierung besteht.
Rz. 17a
Der Unterschiedsbetrag zwischen dem in der "Entstrickungsbilanz" ausgewiesenen Betriebsvermögen und dem Betriebsvermögen, das in der der Entstrickungsbilanz zugrunde liegenden letzten laufenden Bilanz ausgewiesen wird, ist der eigentliche Entstrickungsgewinn. Die Entstrickungsbilanz ist nach den steuerlichen Vorschriften aufzustellen; als Wert ist der steuerliche Teilwert maßgebend. Ob steuerliche Ansatzgebote und -verbote zu beachten sind, hängt davon ab, ob Abs. 3 nur als Bewertungs- oder auch als Ansatzvorschrift aufzufassen ist (eingehend Rz. 32ff.). Wird Abs. 3 mit der h. M. als reine Bewertungsvorschrift angesehen, sind die bilanzsteuerlichen Ansatzgebote und -verbote zu beachten. Das gilt für die Beschränkung der Bildung von Rückstellungen nach § 5 Abs. 2a-4b EStG, den Ansatz der Rechnungsabgrenzungsposten und der besonderen Aktivposten nach § 5 Abs. 5 EStG. Ebenfalls anzuwenden ist § 5 Abs. 2 EStG; selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter einschließlich eines Firmenwerts sind dann nicht anzusetzen. Dies ergibt sich auch daraus, dass für den Ansatz der Grundsatz der Maßgeblichkeit gilt. Der Entstrickungsgewinn wird zusammen mit dem seit dem Schluss des dem Ende der Steuerpflicht vorangegangenen Wirtschaftsjahrs bis zum Ende der Steuerpflicht erzielten laufenden Gewinn im Rahmen der Schlussbesteuerung zur KSt herangezogen, soweit nicht Sondervorschriften eine (anteilige) Steuerfreiheit des Entstrickungsgewinns vorsehen, z. B. § 3 Nr. 70 Buchst. b EStG i. V. m. § 17 Abs. 2 REITG für den Beginn der KSt-Freiheit einer REIT-AG.
Rz. ...