Rz. 28

Die in die Steuerpflicht eintretende Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse hat auf den Tag des Beginns der Steuerpflicht eine Anfangsbilanz aufzustellen. Mit dem Beginn der Steuerpflicht ist nach dem Sinnzusammenhang der Beginn der sich auf alle Einkünfte erstreckenden objektiven unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2 KStG gemeint, weil die steuerbefreite Körperschaft auch während ihrer Befreiung stets subjektiv unbeschränkt steuerpflichtig war (Rz. 15). Die Anfangsbilanz ist in entsprechender Anwendung von § 5b Abs. 1 EStG in elektronischer Form zu übermitteln.[1]

 

Rz. 28a

Gedanklich ist, wie im Fall des Abs. 1 (Rz. 17f.), zwischen einer Gewinnermittlungs- und einer Verstrickungsbilanz zu unterscheiden. In einem ersten Schritt ist eine Gewinnermittlungsbilanz aufzustellen, in der die Buchwerte nach den bilanzsteuerrechtlichen Vorschriften weiterzuentwickeln sind. Aus dieser Bilanz ergibt sich der steuerpflichtige Gewinn eines etwaigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. In einem zweiten Schritt ist eine Verstrickungsbilanz aufzustellen, in der nur die bisher zum steuerbefreiten Bereich gehörenden Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert anzusetzen sind. Der daraus resultierende Verstrickungsgewinn ist, als noch zum steuerbefreiten Bereich gehörender "Aufgabegewinn", steuerbefreit. Die Wirtschaftsgüter eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sind in dieser Verstrickungsbilanz mit den sich aus der Gewinnermittlungsbilanz ergebenden Buchwerten anzusetzen. Insoweit kommt es nicht zu einer Gewinnrealisierung, die, weil ein solcher Gewinn zu dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gehört, steuerpflichtig wäre. Hinsichtlich des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist der Tatbestand des Übergangs von der Steuerfreiheit in die Steuerpflicht nicht erfüllt, sodass kein Gewinnrealisierungstatbestand verwirklicht ist. Eine Gewinnrealisierung ist auch überflüssig, weil die Wirtschaftsgüter sowohl vor dem Übergang in die Steuerpflicht als auch danach in gleicher Weise steuerlich gebunden sind.

 

Rz. 29

Die Anfangsbilanz ist eine Steuerbilanz, in der ohne Rücksicht auf eine etwa erstellte Handelsbilanz die Bewertung der Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert zu erfolgen hat. (Rz. 31ff.). Der Grundsatz der Maßgeblichkeit gilt für die Bewertung nicht, im Übrigen ist er anzuwenden (Rz. 32). Die Steuerbilanz ist unter Beachtung der steuerlichen Vorschriften, insbesondere des § 5 EStG, aufzustellen. Selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter, einschließlich des Firmenwerts, sind daher nicht anzusetzen[2], wenn Abs. 3 mit der h. M. (Rz. 32ff.) als reine Bewertungsvorschrift, nicht als Ansatzvorschrift, verstanden wird.

 

Rz. 29a

Die Erstellung einer Anfangsbilanz, in der die Bewertung mit den Teilwerten erfolgt, ist nach dem Gesetzeswortlaut zwingend. Sie ist deshalb auch dann erforderlich, wenn die Steuerbefreiung nur vorübergehend entfällt[3] oder die Auswirkungen nur gering sind.[4]  Der Körperschaft steht insoweit kein Wahlrecht zu, d. h., sie kann nicht die Buchwertfortführung wählen, um eventuell vorhandene stille Lasten in der Zeit der Steuerpflicht zu realisieren. Die zwingende Bewertung mit dem Teilwert kann zur Folge haben, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten überschritten werden.

 

Rz. 30

Durch die Erstellung einer Anfangsbilanz, in der die Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert bewertet werden, werden die während der Steuerfreiheit gebildeten stillen Reserven steuerfrei aufgedeckt. Die aufgestockten Werte sind fortzuentwickeln und bilden die Grundlage für Abschreibungen. Das gilt auch, soweit dadurch Abweichungen von der Handelsbilanz fortgeführt werden. Die Körperschaft hat weder die Pflicht noch das Recht, in der nächsten Gewinnermittlungsbilanz eine Angleichung an die Handelsbilanzwerte vorzunehmen. Das gilt auch, soweit der Teilwertansatz die Anschaffungs- oder Herstellungskosten überschreitet. Die Körperschaft kann die Wertansätze nicht in der nächsten Gewinnermittlungsbilanz auf die (fortgeführten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten abstocken.

 

Rz. 30a

Die Bewertung mit dem Teilwert gilt jedoch nur für diejenigen Wirtschaftsgüter, die bisher zum steuerbefreiten Bereich gehört haben und jetzt in die Steuerpflicht überführt werden. Wirtschaftsgüter, die schon bisher steuerverstrickt waren, weil sie zu einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gehören, sind weiterhin mit den Buchwerten anzusetzen. Für diese Wirtschaftsgüter liegt kein Tatbestand der Gewinnrealisierung vor, weil sie nicht aus der Steuerfreiheit in die Steuerpflicht wechseln. Damit wird verhindert, dass für diese ohnehin steuerlich gebundenen Wirtschaftsgüter die stillen Reserven aufzudecken sind, was als Teil des Gewinns des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zur Steuerpflicht führen würde. Eine Gewinnrealisierung bei Übergang in die Steuerpflicht ist nicht geboten, weil die Wirtschaftsgüter vorher steuerlich gebunden waren und dies auch bleiben.

[1] Kirchhain, in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2015, § 13 KStG Rz. ...

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