Prof. Dr. Gerrit Frotscher
3.1.3.2.1 Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft
Rz. 230
Organschaft aufgrund mittelbarer Beteiligung bedeutet, dass der Organträger nicht selbst, sondern über eine oder mehrere Kapital- oder Personengesellschaften an der Organgesellschaft beteiligt ist. Es besteht in diesem Fall also eine unmittelbare Organschaft (unmittelbare Einkommenszurechnung zwischen Organgesellschaft und Organträger), obwohl keine unmittelbare Beteiligung besteht. Die Organschaft aufgrund mittelbarer Beteiligung ist daher zu unterscheiden von der Organschaftskette, bei der mehrere Organschaftsverhältnisse bestehen (Enkelgesellschaft an Tochtergesellschaft, diese an Muttergesellschaft). In diesem Fall besteht zwar auch eine mittelbare Beteiligung der Muttergesellschaft an der Enkelgesellschaft, aber Organschaften nur aufgrund unmittelbarer Beteiligungen.
Rz. 231
§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG lässt eine mittelbare Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft genügen. Voraussetzung für eine Organschaft aufgrund mittelbarer Beteiligung ist, dass die Beteiligung an jeder vermittelnden Gesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte gewährt. Das bedeutet, dass die einzelne mittelbare Beteiligung nicht mehr die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft verschaffen muss, wenn mehrere mittelbare Beteiligungen zusammen die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft verschaffen. Dabei sind auch mehrere mittelbare und auch unmittelbare und mittelbare Beteiligungen für die Frage der finanziellen Eingliederung zusammenzurechnen.
Rz. 232
Die Voraussetzung, dass jede der vermittelnden Beteiligungen die Mehrheit der Stimmrechte gewähren muss, soll sicherstellen, dass der Organträger tatsächlich über die Stimmrechte, die die vermittelnde Gesellschaft an der Organgesellschaft hat, verfügen kann. Andernfalls könnte eine Organschaft bestehen, ohne dass der Organträger Einfluss auf die Stimmrechtsabgabe in der Organgesellschaft hat. Konkurrierende Organschaftsverhältnisse werden auf diese Weise vermieden.
Rz. 233
Die Organschaft aufgrund mittelbarer Beteiligung setzt nicht voraus, dass auch eine Organschaftskette mit allen die mittelbare Beteiligung vermittelnden Gesellschaften möglich wäre. Daher ist eine mittelbare Organschaft auch möglich, wenn die vermittelnden Gesellschaften nicht als Organträger geeignet sind, etwa weil es sich um ausl. Kapitalgesellschaften ohne inländische Betriebsstätten handelt. Eine mittelbare Eingliederung kann auch über eine Personengesellschaft hergestellt werden, obwohl diese nicht Organgesellschaft sein kann, eine Organschaftskette also nicht möglich ist. Das Gesetz macht die Möglichkeit einer Kette von Organschaften aufgrund unmittelbarer Beteiligung nicht zur Voraussetzung der Zulässigkeit einer Organschaft aufgrund mittelbarer Beteiligung.
Rz. 234
Die Beteiligung, die die mittelbare Beteiligung vermittelt, braucht keine inl. Beteiligung zu sein. Eine Organschaft zwischen inl. Mutter- und inl. Enkelgesellschaft ist also nicht deshalb ausgeschlossen, weil die zwischengeschaltete Tochtergesellschaft im Ausland ansässig ist und nicht über eine inländische Betriebsstätte verfügt. Voraussetzung ist nur eine "finanzielle Beherrschung" durch eine Beteiligungskette. Dies bedeutet eine Ausdehnung der Zulässigkeit der Organschaft auf dem Weg der mittelbaren Beteiligung, da eine unmittelbare Organschaftskette nicht möglich wäre (kein Organschaftsverhältnis bei ausl. Organträger oder ausl. Organgesellschaft). Diese Möglichkeit stimmt mit dem Gesetz überein, da nach § 14 Abs. 1 KStG nur Organträger und Organgesellschaft inl. Unternehmen sein müssen, nicht aber zwischengeschaltete Unternehmen. Auch der Zweck des Gesetzes erfordert insoweit keine Einschränkung der Organschaftsmöglichkeiten. Die gesamten Rechtswirkungen der Organschaft spielen sich im Inland ab. Die Zurechnung des Einkommens von der Organgesellschaft an den Organträger berührt bei der mittelbaren Organschaft die zwischengeschaltete ausl. Gesellschaft nicht.
Rz. 235
Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, wenn die die Beteiligung vermittelnde Nicht-Organgesellschaft dem Ergebnisabführungsvertrag zwischen ihrer Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft zustimmt, ohne hierfür einen angemessenen Ausgleich zu erhalten. Diese Frage ist schon deshalb zu verneinen, weil der Vermögenswert, den die Kapitalgesellschaft, die unmittelbarer Anteilseigner ist, durch den Ergebnisabführungsvertrag verliert, ein Dividendenanspruch ist. Dieser wäre bei ihr aber nach § 8b Abs. 1 KStG steuerlich nicht zu erfassen. Es liegt daher keine Verringerung des steuerlichen Gewinns ("des Unterschiedsbetrags") vor, sodass eine steuerliche Korrektur nicht erforderlich ist. Auch der Wegfall der Zurechnung von 5 % nach § 8b Abs. 5 KStG führt nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, da insoweit schon keine Minderung des Bilanzgewinns der Kapitalgesellschaft vorliegt. Außerdem dürfte die mit dem Abschluss des Ergebnisabführungsvertrags verbundene Verlustübernahmepflicht des Or...