Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 639
Ist das eigene Einkommen des Organträgers errechnet, wird ihm das Einkommen der Organgesellschaft zugerechnet. Das Einkommen der Organgesellschaft bildet für den Organträger "fremdes" Einkommen, da es nicht unmittelbar von ihm erzielt worden ist. Die Zurechnung des Organeinkommens erfolgt also nach der Ermittlung des eigenen Einkommens des Organträgers und der Organgesellschaft und führt zum "zu versteuernden Einkommen" des Organträgers.
Rz. 640
Wassermeyer vertritt dagegen die Auffassung, dass die Zurechnung auf der Ebene der stpfl. Einkünfte erfolgen müsse. Das ist m. E. schon nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 KStG unrichtig. Danach wird das "Einkommen" der Organgesellschaft dem "Einkommen" des Organträgers zugerechnet, nicht etwa der steuerliche Gewinn dem steuerlichen Gewinn. Außerdem würde sich sonst die Bemessungsgrundlage für den Spendenabzug bei dem Organträger um die "Einkünfte" der Organgesellschaft erhöhen, sodass diese, da auch für den Spendenabzug der Organgesellschaft maßgebend, doppelt berücksichtigt würden. Es besteht auch kein Grund, die Zurechnung entgegen dem Gesetzeswortlaut schon auf der Ebene der Einkunftsermittlung vorzunehmen. Zwar ist dann das Organeinkommen nicht im Gewerbeertrag des Organträgers enthalten, da Ausgangspunkt für die Ermittlung des Gewerbeertrags der "Gewinn aus Gewerbebetrieb" ist. Das ist aber auch richtig, da das Organeinkommen sonst doppelt berücksichtigt würde. Gewerbesteuerlich werden die Gewerbeerträge jeweils gesondert ermittelt und dann zusammengerechnet. Würde der Gewinn der Organgesellschaft bereits zuvor beim Organträger berücksichtigt, würde er doppelt erfasst, nämlich einmal im Gewerbebetrag des Organträgers und ein zweites Mal bei der Zurechnung des Gewerbeertrags der Organgesellschaft.
Rz. 641
Eine gewisse Schwierigkeit ergibt sich allerdings, wenn der Organträger eine Personengesellschaft ist, weil die Regelungen zur Organschaft im KStG die Folgen für eine Personengesellschaft nicht berücksichtigen. Daher müssen diese Folgen in entsprechender Anwendung der Grundgedanken der Organschaft gezogen werden. Die Personengesellschaft ermittelt nur einen Gewinn aus Gewerbebetrieb, kein Einkommen. Daher dürfen der Gewinn der Personengesellschaft und das Einkommen der Organgesellschaft nicht zusammengerechnet werden, da sie nicht "gleichnamig" sind. Vielmehr ist das dem Organträger zugerechnete Organeinkommen als weitere festzustellende Besteuerungsgrundlage zu behandeln und in der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung gesondert von dem Gewinn aus Gewerbebetrieb festzuhalten und entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel den Gesellschaftern zuzurechnen.
Rz. 642
Eigenes Einkommen des Organträgers und zuzurechnendes Einkommen der Organgesellschaft bilden gemeinsam das vom Organträger zu versteuernde (Gesamt-)Einkommen. Zu versteuern hat der Organträger also nur ein einheitliches Gesamteinkommen, in das die Teileinkommen von Organgesellschaft und Organträger als unselbstständige Bestandteile eingehen. "Einkommen des Organträgers" i. S. d. Gesetzes ist nur das Gesamteinkommen. Es handelt sich bei diesem Gesamteinkommen aber um das zu versteuernde Einkommen des Organträgers, nicht um das Einkommen des "Organkreises". Der Organkreis ist kein Steuerrechtssubjekt und kann daher kein "Einkommen" haben.