Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 128
Das Anrechnungsverfahren greift ein, wenn die Ausschüttung oder sonstige Leistung bei der Anrechnungskörperschaft abgeflossen ist (vgl. Rz. 88ff.). Mit dieser Festlegung des Zeitpunktes für das Eintreten der Wirkungen des Anrechnungsverfahrens ist aber noch nicht bestimmt, welchen Zeitpunkten bzw. Zeiträumen diese Wirkungen zuzuordnen sind. Zusätzlich muss über folgende zeitliche Zuordnungen entschieden werden:
- Welchem Veranlagungszeitraum sind die ausschüttungsbedingten Körperschaftsteueränderungen zuzuordnen, d. h. die Körperschaftsteuer welchen Veranlagungszeitraums erhöht oder vermindert sich; dies richtet sich nach § 27 Abs. 3 (vgl. Rz. 129).
- Nach dem verwendbaren Eigenkapital auf den Schluss welchen Wirtschaftsjahres bestimmen sich die ausschüttungsbedingten Körperschaftsteueränderungen; dies ist geregelt in § 28 Abs. 2 (vgl. § 28 Rz. 13ff.).
- Das verwendbare Eigenkapital auf den Schluss welchen Wirtschaftsjahres verringert sich durch die ausschüttungsbedingten Eigenkapitalabgänge (vgl. § 30 Rz. 200ff.).
Das KStG trifft diese notwendigen zeitlichen Zuordnungen nicht in einer zusammenfassenden Regelung, sondern in verschiedenen Vorschriften. Dadurch können sich für jede der drei zeitlichen Zuordnungen unterschiedliche Ergebnisse ergeben. Das führt zwar bei den verdeckten Gewinnausschüttungen und sonstigen Leistungen nach § 41 i. d. R. nicht zu Problemen; schwierige Fragen treten aber auf bei der Behandlung von verspätet beschlossenen und verspätet abgeflossenen Gewinnausschüttungen (vgl. Rz. 135).
Rz. 129
Für die zeitlichen Zuordnungen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 3 benutzt das Gesetz eine abweichende Terminologie. Während das KStG zur Beantwortung der Frage, welche Leistungen einer Anrechnungskörperschaft überhaupt in das Anrechnungsverfahren einbezogen werden, auf die durch Definitionen abgegrenzten Begriffe "Gewinnausschüttung" (§ 27 Abs. 1) und "sonstige Leistungen" (§ 41) zurückgreifen konnte, genügen diese Begriffe für die zeitliche Abgrenzung nicht mehr. Das Gesetz führt daher neue Begriffe ein, die eine exaktere Definition des maßgebenden Zeitpunktes ermöglichen. Andererseits ist eine Verwendung dieser Begriffe nur sinnvoll, wenn es um die zeitliche Zuordnung geht. Die zu verwendenden Begriffe unterscheiden sich daher jeweils danach, ob es um sachliche und persönliche Zuordnungen (dann § 27 Abs. 1, § 41) oder um zeitliche Zuordnungen (dann § 27 Abs. 3, § 28 Abs. 2) geht (vgl. hierzu eingehend Rz. 130ff.).
Das für die zeitliche Zuordnung maßgebende Unterscheidungsmerkmal bei den Leistungen einer Anrechnungskörperschaft sieht das KStG in dem Gewinnverteilungsbeschluss für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr. Das Gesetz unterscheidet daher in solche und andere Ausschüttungen.