Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 145
Die Ansicht, dass auch verspätet beschlossene Gewinnausschüttungen noch nach den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften ordnungsgemäß sein können, führt dazu, dass in einem Wirtschaftsjahr offene Ausschüttungen für mehrere Wirtschaftsjahre zusammentreffen können. So können in einem Wirtschaftsjahr verspätete Gewinnausschüttungen für mehrere Wirtschaftsjahre beschlossen werden, oder eine verspätet beschlossene Gewinnausschüttung trifft mit einer nicht verspätet beschlossenen Gewinnausschüttung zusammen.
Im Wirtschaftsjahr (= Kalenderjahr) 04 werden folgende Gewinnausschüttungen beschlossen:
für das Wirtschaftsjahr 01 (verspätete Ausschüttung),
für das Wirtschaftsjahr 02 (verspätete Ausschüttung) und
für das Wirtschaftsjahr 03 (nicht verspätete Ausschüttung).
Eine entsprechende Situation kann eintreten, wenn in einem Wirtschaftsjahr offene Gewinnausschüttungen und andere Ausschüttungen (z. B. verdeckte Gewinnausschüttungen) zusammentreffen.
Im obigen Beispiel kommt hinzu, dass im Jahr 04 eine verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen worden ist.
Rz. 146
Bei einem solchen Zusammentreffen mehrerer Ausschüttungen i.S.d. § 27 Abs. 3 S. 1 und anderer Ausschüttungen i.S.d. § 27 Abs. 3 S. 2 sind diese in einer Summe zusammenzufassen und die ausschüttungsbedingten Körperschaftsteueränderungen auf der Grundlage des zum Schluss des vorhergehenden Wirtschaftsjahres festgestellten verwendbaren Eigenkapitals (vgl. § 28 Abs. 2) zu ermitteln. Der so ermittelte Betrag der Körperschaftsteuerminderung oder -erhöhung ist in dem Verhältnis auf die betroffenen Veranlagungszeiträume aufzuteilen, in dem die Gewinnausschüttungen zueinander stehen.
Bestand des verwendbaren Eigenkapitals |
EK 40 |
EK 02 |
Stand zum 31.12.01 |
60.000 |
30.000 |
Stand zum 31.12.02 |
50.000 |
30.000 |
Im Jahr 03 wird eine offene Gewinnausschüttung für das Wirtschaftsjahr 01 in Höhe von 70.000 DM beschlossen. Im Jahr 02 ist eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 7.000 DM abgeflossen. Die ausschüttungsbedingten Körperschaftsteueränderungen für beide Ausschüttungen sind aus dem verwendbaren Eigenkapital auf den 31.12.02 zu ermitteln.
Ausschüttungsvolumen: 70.000 + 7.000 DM |
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77.000 |
zu verrechnen mit EK 40 per 31.12.02: |
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./. 60.000 |
KSt-Minderung hieraus 10/60 |
10.000 |
./. 10.000 |
verbleiben zur Verrechnung mit EK 02 |
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7.000 |
KSt-Erhöhung 3/7 |
./. 3.000 |
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KSt-Minderung |
7.000 |
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davon entfallen auf den Veranlagungszeitraum: |
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01: 90 % = |
6.300 |
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02: 10 % = |
700 |
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Zur Minderung des verwendbaren Eigenkapitals durch die ausschüttungsbedingten Abgänge vgl. § 30 Rz. 200.