Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 57
Voraussetzung für die Verwendungsfestschreibung ist nach dem Wortlaut der Vorschrift, dass eine Vergütung tatsächlich gewährt worden ist (ebenso Koenig, in Mössner/Seeger, KStG, § 28 Rz. 88). Abschnitt 78 Abs. 8 KStR (ebenso Rekow, in Arthur Andersen, KStG, § 28 Rz. 106), der die Rechtsfolgen der Vorschrift schon dann eintreten lassen will, wenn durch die Angabe des Erhöhungsbetrages in der Steuerbescheinigung nach § 44 oder die Mitteilung an ein Kreditinstitut die rein theoretische Möglichkeit für die Ingangsetzung des Vergütungsverfahrens geschaffen worden ist, steht mit dem Gesetzeswortlaut nicht im Einklang. Das Gesetz setzt für die Festschreibung eindeutig die "Vergütung", d. h. die Durchführung der Vergütung, voraus; die Festschreibung greift daher nur dann ein, wenn festgestellt ist, dass eine Vergütung tatsächlich erfolgt ist (vgl. auch BFH v. 21.4.1999, I R 5/98, BStBl II 1999, 415, BFH/NV 1999, 1170, wonach die Festschreibung nur eintritt, wenn und soweit eine Vergütung ausgelöst wurde).
Rz. 58
einstweilen frei
Rz. 59
Ist eine Ausschüttung sowohl an anrechnungsberechtigte als auch an nicht anrechnungsberechtigte Anteilseigner erfolgt, stellt sich die Frage, ob die Festschreibung in vollem Umfang (also auch hinsichtlich der anrechnungsberechtigten Anteilseigner) erfolgt oder nur hinsichtlich der nicht anrechnungsberechtigten Anteilseigner. Nach Abs. 7 führt die "der Vergütung zugrunde gelegte Verwendung" zur Festschreibung. Die Rechtswirkungen der Festschreibung treten also ein für diejenigen Eigenkapitalteile, die der Vergütung zugrunde gelegt worden sind. Der Gesetzeswortlaut deutet also darauf hin, dass die Festschreibung eintritt, "wenn" und "soweit" die Verwendung tatsächlich eine Vergütung ausgelöst hat, auch wenn diese Konjunktionen im Gesetzestext nicht verwendet werden. Die Verwendungsreihenfolge wird nur festgeschrieben, wenn andernfalls eine Rückforderung der Vergütung erfolgen müsste. Soweit dies nicht der Fall ist, ist eine Abweichung von der Ausschüttungsreihenfolge nicht gerechtfertigt.
An einer GmbH sind vier Anteilseigner mit je 25 % beteiligt, von denen drei anrechnungsberechtigt sind. Es wird eine Ausschüttung unter Verwendung des EK 03 vorgenommen. Der nicht anrechnungsberechtigte Anteilseigner erhält eine Vergütung des Körperschaftsteuererhöhungsbetrages.
Eine Festschreibung der Ausschüttungsreihenfolge tritt nur hinsichtlich der Ausschüttung an den nicht anrechnungsberechtigten Anteilseigner, also in Höhe von 25 %, ein.
Auswirkung dieser Ansicht ist, dass bei nachträglichem Ausweis von belastetem Eigenkapital (z. B. aufgrund einer Außenprüfung) für die anrechnungsberechtigten Anteilseigner die Verwendung zu ändern ist; anstelle einer Finanzierung aus dem EK 03 mit Körperschaftsteuererhöhung tritt eine Finanzierung aus belastetem Eigenkapital mit Körperschaftsteuerminderung.
Gründe der Praktikabilität, insbesondere bei Publikumsgesellschaften, stehen dem nicht entgegen (so aber Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, KStG, § 28 Rz. 87; Jünger, in Lademann, KStG, § 28 Rz. 203; Rekow, in Arthur Andersen, KStG, § 28 Rz. 107; König, in Mössner/Seeger, KStG, § 28 Rz. 89; FG Hamburg v. 31.10.1997, II 106/96, EFG 1998, 402). Es kann dem Steuerpflichtigen zugemutet werden, darzulegen, welche Anteilseigner nicht anrechnungsberechtigt sind und eine Vergütung erhalten haben; ihn trifft die Darlegungslast. Soweit er dies nicht darzulegen vermag (z. B. bei Publikumsgesellschaften), bleibt es bei der Festschreibung der Verwendungsreihenfolge.
Entsprechendes gilt, wenn bei mehreren nicht anrechnungsberechtigten Anteilseignern nur an einen Teil eine Vergütung vorgenommen worden ist. Dann tritt eine Festschreibung der Verwendung nur insoweit ein, als es zu einer Vergütung gekommen ist.