Rz. 22

Bei der Ermittlung des Eigenkapitals für das jeweilige Wirtschaftsjahr ist dem Eigenkapital des vorhergehenden Wirtschaftsjahres die Erhöhung des Eigenkapitals hinzuzurechnen bzw. davon die Verminderung des Eigenkapitals abzuziehen. Beide Werte, die Erhöhung und die Verminderung des Eigenkapitals, ergeben sich wiederum aus der Steuerbilanz. Soweit die Vermehrung des Vermögens der Körperschaftsteuer unterliegt, ist sie um die Körperschaftsteuer gemindert. Für die Steuerbilanz ist diese Minderung mit der tatsächlich zu leistenden Körperschaftsteuer auszuweisen, entweder durch geleistete Vorauszahlungen oder durch die Körperschaftsteuerrückstellung (vgl. Rz. 24). Für die Gliederungsrechnung stellt sich aber die Frage, ob die Vermögensmehrung um die Tarifbelastung der Körperschaftsteuer zu vermindern ist oder ob, im Falle der Ausschüttung, die ausschüttungsbedingten Körperschaftsteueränderungen ebenfalls zu berücksichtigen sind.

Vom Begriff des Eigenkapitals ausgehend wäre die tatsächlich entstehende Körperschaftsteuer zu berücksichtigen; damit wäre die Übereinstimmung mit der Steuerbilanz gewahrt. Die Vermögensmehrung (Vermehrung des Eigenkapitals) würde damit nur dann um die Tarifbelastung gemindert, wenn keine Ausschüttungen vorgenommen würden. Im Falle der Ausschüttung führt eine Körperschaftsteuererhöhung zum Verlust von Vermögen und damit Eigenkapital; bei rein vermögensmäßiger Betrachtung des Begriffs des Eigenkapitals wäre das Eigenkapital bzw. der Zugang zu dem Eigenkapital um diese zusätzliche Körperschaftsteuer zu mindern. Entsprechend bedeutet die Körperschaftsteuerminderung eine Vermögensmehrung; der Zugang zum Eigenkapital wäre also um die Körperschaftsteuerminderunghöher.

Dieser Begriff des Eigenkapitals, wie er sich aus § 29 Abs. 1 ergibt ("das in der Steuerbilanz ausgewiesene Betriebsvermögen"), ist zwar der systematisch richtige Begriff, würde aber den Anforderungen des Anrechnungsverfahrens nicht genügen. Die Gliederungsrechnung, das dort ausgewiesene Eigenkapital und damit auch der Zugang an Eigenkapital zum Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres haben die Funktion, die Ermittlung ausschüttungsbedingter Körperschaftsteueränderungen zu ermöglichen. Würde nun die Gliederungsrechnung gleich unter Berücksichtigung dieser ausschüttungsbedingten Körperschaftsteuererhöhungen und -minderungen aufgestellt, würde vorausgesetzt, was erst ermittelt werden soll. Daher bestimmt § 29 Abs. 1, dass das Eigenkapital ohne Berücksichtigung der ausschüttungsbedingten Körperschaftsteueränderungen zu ermitteln und in die Gliederungsrechnung einzustellen ist; der Zugang an Eigenkapital ist daher immer unter der Berücksichtigung der Tarifbelastung nach § 23 Abs. 1, gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Steuerermäßigungen, zu ermitteln. Die Ermittlung der ausschüttungsbedingten Änderungen ­erfolgt erst in einem zweiten Schritt nach Entwicklung des Eigenkapitals für das betreffende Wirtschaftsjahr.

Das Eigenkapital wird daher, unabhängig von dem Ausschüttungsverhalten der Körperschaft, so ermittelt, als ob in vollem Umfang eine Thesaurierung, und somit keine Ausschüttung, erfolgt.

 

Rz. 23

Mit der Bestimmung, dass das Eigenkapital ohne Berücksichtigung der ausschüttungsbedingten Körperschaftsteueränderungen zu ermitteln sei, verändert das Gesetz den systematisch richtigen Begriff des Eigenkapitals (Betriebsvermögen). Diese Vorschrift ist konstitutiv, weil dadurch Teile zum Eigenkapital gerechnet werden, die sachlich nicht dazu gehören (Betrag der Körperschaftsteuererhöhung) oder aus dem Eigenkapital herausgenommen werden, die sachlich Teil des Eigenkapitals sind (Betrag der Körperschaftsteuerminderung). Das so ermittelte Eigenkapital ist eine Fiktion; der Betrag dieses fiktiven Eigenkapitals wird aber zur Durchführung des Anrechnungsverfahrens benötigt.

 

Rz. 24

In der Steuerbilanz der Körperschaft werden der Körperschaftsteueraufwand und die Körperschaftsteuerrückstellung regelmäßig unter Berücksichtigung der ausschüttungsbedingten Minderung oder Erhöhung ausgewiesen. Aktiengesellschaften sind hierzu gesetzlich verpflichtet; für andere Anrechnungskörperschaften empfiehlt sich eine entsprechende Anwendung aktienrechtlicher Vorschriften. Nach § 29 folgt die Gliederung dem Handelsrecht aber nicht; das Eigenkapital in der Gliederungsrechnung wird ohne Berücksichtigung der ausschüttungsbedingten Körperschaftsteueränderungen ermittelt und in der Gliederungsrechnung ausgewiesen.

Die Rechtsfolge des § 29 Abs. 1, dass nämlich das verwendbare Eigenkapital in der Gliederungsrechnung ohne die ausschüttungsbedingten Körperschaftsteueränderungen zu ermitteln ist, ist unabhängig davon, um welche Art der Ausschüttung es sich handelt. Die ausschüttungsbedingten Körperschaftsteueränderungen sind daher nicht zu berücksichtigen,

  • wenn es sich um eine auf einem ordnungsgemäßen Gewinnausschüttungsbeschluss für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr beruhende offene Gewinnausschüttung handelt; dies gilt sowohl für regelmäßige Ausschüttungen, als a...

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