Prof. Dr. Gerrit Frotscher
4.2.2.1 Gründung einer Kapitalgesellschaft
Rz. 53
In der gedachten Eröffnungsgliederung einer neu gegründeten Kapitalgesellschaft wird sich nur verwendbares Eigenkapital ergeben, das einlagegeboren und demgemäß dem EK 04 zuzuordnen ist (vgl. jetzt ausdrücklich Abs. 3; Rz. 183). Ein einlagegeborenes EK 04 entsteht, soweit der Wert der Gesellschaftereinlagen den Nominalwert der Einlageverpflichtung der Anteilseigner übersteigt, vorausgesetzt, daß der übersteigende Betrag nicht als Schuld der Gesellschaft an die Anteilseigner auszuweisen ist. Ein EK 04 ergibt sich
- bei Bargründungen, wenn ein Aufgabeaufgeld erhoben wird,
- bei Sachgründungen, insbesondere in Fällen der Umwandlung oder der Einbringung, wenn der Wert, mit dem die Sacheinlage in der Eröffnungsbilanz der Kapitalgesellschaft anzusetzen ist, den Nennwert der Einlageverpflichtung übersteigt, vorausgesetzt, daß der Mehrbetrag als Eigenkapital ("Rücklage aus Einlage") auszuweisen ist.
Die Höhe des Zugangs zum EK 04 wird in den Fällen der Bargründung durch die Höhe des Ausgabeaufgeldes, in den Fällen der Sacheinlage durch den Mehrwert der Einlage bestimmt.
Rz. 54
Handelt es sich bei der gegründeten Kapitalgesellschaft um eine Gesellschaft, die aus der Verschmelzung durch Neugründung hervorgegangen ist, ist regelmäßig bereits für die Rechtsvorgängerinnen ein verwendbares Eigenkapital festgestellt worden. Die sich aus der letzten Gliederung der Rechtsvorgängerinnen ergebenden Teilbeträge sind grundsätzlich zu addieren; die Summe der so ermittelten Teilbeträge ist in die Eröffnungsgliederung der aufnehmenden Kapitalgesellschaft zu übernehmen (vgl. § 38). Entsprechendes gilt bei der Neugründung durch Spaltung; hier sind Teile des Eigenkapitals der aufgespaltenen Kapitalgesellschaft zu übernehmen.
In beiden Fällen enthalten die §§ 38, 38a Sonderregelungen für die Entwicklung des verwendbaren Eigenkapitals. § 30 Abs. 3 mit der Regelung der Einstellung in das EK 04 gilt insoweit nicht; die Einordnung der Eigenkapitalteile in das EK bleibt grundsätzlich erhalten. Bei Verschmelzung zur Neugründung auf eine steuerbefreite Körperschaft gilt ebenfalls eine Sonderregelung; hier erfolgt die Einstellung in das EK 02 (vgl. § 38 Rz. 33). Entsprechendes gilt für eine Spaltung zur Neugründung auf eine steuerbefreite Körperschaft.
4.2.2.2 Übergang von der beschränkten in die unbeschränkte Steuerpflicht
Rz. 55
Wird eine beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft durch Verlegung der Geschäftsleitung und/oder des Sitzes in das Inland unbeschränkt steuerpflichtig, beginnt ihre Verpflichtung zur Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals mit dem Eintritt in die unbeschränkte Steuerpflicht. Es handelt sich um einen einlageähnlichen Vorgang; das das Nennkapital übersteigende Eigenkapital ist somit in das EK 04 einzustellen (vgl. Abs. 3; Rz. 183).
4.2.2.3 Wegfall einer Steuerbefreiung
Rz. 56
Entfällt bei einer unbeschränkt steuerpflichtigen, von der Körperschaftsteuer befreiten Anrechnungskörperschaft der Grund für die Steuerbefreiung, ergeben sich keine Gliederungsprobleme, wenn aufgrund der subjektiven Verpflichtung zur Erstellung einer Gliederung schon vor dem Wegfall der Steuerbefreiung tatsächlich Gliederungen erstellt worden sind. Die unter der Herrschaft der Steuerbefreiung erstellten Gliederungsrechnungen bilden nach dem Wegfall der Steuerbefreiung die Grundlage für die Weiterentwicklung des verwendbaren Eigenkapitals.
Rz. 57
War die Körperschaft vor dem Eintritt in die unbeschränkte Steuerpflicht zwar subjektiv zur Erstellung einer Gliederung verpflichtet, ist aber tatsächlich eine Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals unterblieben, ist das verwendbare Eigenkapital bei Wegfall der Steuerbefreiung den Teilbeträgen zuzuführen, in denen es ausgewiesen worden wäre, wenn von Anfang an Gliederungsrechnungen erstellt worden wären. Nach dem Systemwechsel erzielte, infolge der persönlichen Steuerpflicht unversteuert gebliebene Einkünfte, wären hiernach dem Teilbetrag im Sinne des Abs. 2 Nr. 2 (EK 02) zuzuordnen. Macht die Körperschaft aber glaubhaft, daß es nach der Systematik des § 30 anderen Teilbeträgen zugeordnet werden muß, ist es diesen Teilbeträgen zuzuordnen.
4.2.2.4 Formwechselnde Umwandlung
Rz. 58
Die Notwendigkeit, verwendbares Eigenkapital erstmals zu gliedern, kann sich auch aus einer formwechselnden Umwandlung ergeben. Das ist der Fall, wenn ein Rechtsträger, der bisher nicht zu den Anrechnungskörperschaften gehörte, in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wird.
Auch in diesem Fall richtet sich die erstmalige Aufstellung der Gliederungsrechnung zum Schluß des ersten Wirtschaftsjahres, in dem die Rechtsform der Kapitalgesellschaft bestand, nach § 30 Abs. 3. Das gesamte in der Eröffnungsbilanz auszuweisende verwendbare Eigenkapital ist daher in das EK 04 einzustellen, ohne Rücksicht darauf, ob es aus Einlagen im technischen Sinne stammt oder aus thesaurierten Gewinnen (vgl. Rz. 183).
4.2.2.5 Erstmalige Gliederung bei Körperschaften der ehemaligen DDR
Rz. 59
Eine Eröffnungsgliederung im Rechtssinne war nach § 54a Nr. 7 von Körperschaften aus dem Gebiet der ehemaligen DDR einschließlich Berlin (Ost) erstmals zum 1.1.1991 aufzustellen. Diese Körperschaften hatten
- ihr Eigenkapital in für Ausschüttungen verwendbares Eigenkapit...