Prof. Dr. Gerrit Frotscher
6.1.3.1 Schachtelgewinne aus Entwicklungsländern
Rz. 117
Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Tochtergesellschaft in einem Entwicklungsland mit mindestens 10 % (Schachtelbeteiligung) beteiligt, so kann unter den Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 bis 4 die auf die Schachteldividende entfallende ausländische Steuer mit dem Betrag angerechnet werden, der der deutschen Körperschaftsteuer entspricht (vgl. § 26 Rz. 102). Soweit die im Entwicklungsland entrichtete Steuer die sich auf die Schachteldividende ergebende inländische Körperschaftsteuer unterschreitet, ist die Anrechnung fiktiv. Durch die Anrechnung einer fiktiven Steuer wird die Schachteldividende aus dem Entwicklungsland im Ergebnis von inländischer Körperschaftsteuer freigestellt.
Das Einkommen einer Kapitalgesellschaft, die Schachteldividenden aus einem Entwicklungsland in Höhe von 10.000 DM — darauf lastende ausländische Quellensteuer 2.500 DM — bezogen hat, berechnet sich wie folgt:
Jahresüberschuß |
61.500 DM |
zuzüglich inländische KSt |
36.000 DM |
Quellensteuer Entwicklungsland |
2.500 DM |
Einkommen |
100.000 DM |
Die Körperschaftsteuer wird nur auf das Inlandseinkommen erhoben.
Sie beträgt |
36.000 DM |
Die auf die Schachteldividende entfallende |
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Körperschaftsteuer in Höhe von |
4.000 DM |
bleibt unerhoben, obgleich die effektive |
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anrechenbare ausländische Quellensteuer nur |
2.500 DM |
beträgt. |
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Rz. 118
Bei der Entwicklung der Teilbeträge ist die Schachteldividende abzüglich der darauf entfallenden ausländischen Quellensteuer als Zugang im EK 01 zu erfassen. Es ist nicht möglich, den Unterschiedsbetrag zwischen der inländischen Steuer in Höhe von 4.000 DM und der ausländischen Steuer in Höhe von 2.500 DM — d. h. den fiktiv angerechneten Betrag in Höhe von 1.500 DM — als Abgang im EK 01 zu erfassen, weil dieser Betrag tatsächlich nicht gezahlt worden ist und das Eigenkapital daher nicht vermindert hat.
Der Zugang zum EK 01 beträgt
10.000 ./. 2.500 |
7.500 DM |
Außerdem ergibt sich ein Zugang zum |
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belasteten EK 40 |
54.000 DM |
Summe der Zuführungen = |
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Jahresüberschuß |
= 61.500 DM |
6.1.3.2 Sonstige Fälle der fiktiven Anrechnung
Rz. 119
In einigen DBA mit Entwicklungsländern ist neben der effektiven Anrechnung auch eine fiktive Anrechnung ausländischer Steuern vorgesehen. Die fiktive Anrechnung führt anders als bei Schachtelgewinnen aus Entwicklungsländern regelmäßig nicht zu einer vollständigen Freistellung von inländischer Körperschaftsteuer, so daß in aller Regel eine Aufteilung nach § 32 vorzunehmen ist (vgl. § 32 Rz. 76). Eine Freistellung von inländischer Steuer kann erfolgen, wenn durch Zuordnung von anteiligen Betriebsausgaben zu den ausländischen Einnahmen ein Einkommensteil entsteht, für den sich eine inländische Körperschaftsteuer ergibt, die die Summe aus der effektiv und fiktiv anrechenbaren ausländischen Steuer nicht übersteigt. Der Zugang zum EK 01 entspricht in diesen Fällen dem Unterschiedsbetrag zwischen dem ausländischen Einkommensteil und der effektiv anrechenbaren ausländischen Steuer. Die fiktiv angerechnete ausländische Steuer vermindert, weil nicht gezahlt, das verwendbare Eigenkapital nicht.