Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 64
Ist eine inländische Kapitalgesellschaft mit weniger als 10 % an einer französischen Kapitalgesellschaft beteiligt, ist eine Anrechnung der französischen Körperschaftsteuer möglich, wenn die inländische Kapitalgesellschaft einen Antrag auf Erstattung der französischen Kapitalertragsteuer mit dem Vordruck RF 1 A (fünf Ausfertigungen) an die französische Zahlstelle stellt. Dieser Antrag muss zuvor dem zuständigen inländischen Finanzamt vorgelegt werden, das die Angaben über den Sitz bestätigt und eine Ausfertigung des Antrags zurückbehält, die die Grundlage für den späteren Zahlungsausgleich zwischen der deutschen und der französischen Finanzverwaltung bildet. Der Antragsteller erhält 3 Ausfertigungen vom französischen Finanzamt zurück; in diesen Ausfertigungen hat das französische Finanzamt den Betrag der Steuergutschrift und des in der Bundesrepublik steuerpflichtigen Gesamtbetrags der Ausschüttung bescheinigt. Dies bildet die Grundlage für die Durchführung der Anrechnung durch das deutsche Finanzamt.
Wird ein entsprechender Antrag unter Einschaltung des zuständigen inländischen Finanzamts gestellt, wird die Steuergutschrift auf Antrag auf die inländische Körperschaftsteuer für das Jahr angerechnet, in dem die Ausschüttung hier steuerlich erfasst worden ist. In diesem Fall gehört auch die Steuergutschrift zu den der inländischen Besteuerung unterliegenden Einkünften (sogenannte "Bruttobesteuerung").
Rz. 65
Eine aus Frankreich bezogene Bardividende in Höhe von 100 DM wirkt sich bei der Ermittlung des Einkommens, der Festsetzung der Körperschaftsteuer und der Entwicklung des verwendbaren Eigenkapitals wie folgt aus:
Veranlagungszeiträume 1994—1998:
Bardividende (Nettozufluss im Inland) |
100,00 DM |
zzgl. französische Steuergutschrift |
50,00 DM |
steuerpflichtige Dividende |
150,00 DM |
Körperschaftsteuer 45 % |
67,50 DM |
anzurechnende Steuergutschrift |
50,00 DM |
inländische KSt nach Anrechnung |
17,50 DM |
Da der Nettozufluss im Inland mit weniger als 30 % inländischer Steuer belastet ist, erfolgt eine Aufteilung in EK 30 und EK 01.
Aufzuteilender Betrag = Nettozufluss ./. inl. Steuer |
= 82,50 DM |
EK 30: 7/3 × Tarifbelastung (17,50) |
= 40,83 DM |
EK 01: Unterschiedsbetrag |
= 41,67 DM |
Ab Veranlagungszeitraum 1999:
Bardividende (Nettozufluss im Inland) |
100,00 DM |
zzgl. französische Steuergutschrift |
50,00 DM |
steuerpflichtige Dividende |
150,00 DM |
Körperschaftsteuer 40 % |
60,00 DM |
anzurechnende Steuergutschrift |
50,00 DM |
inländische KSt nach Anrechnung |
10,00 DM |
Da der Nettozufluss im Inland mit weniger als 30 % inländischer Steuer belastet ist, erfolgt eine Aufteilung in EK 30 und EK 01.
Aufzuteilender Betrag = Nettozufluss ./. inl. Steuer |
= 90 DM. |
EK 30: 7/3 × Tarifbelastung (10 DM) |
= 23 DM |
EK 01: Unterschiedsbetrag |
= 67 DM |
Rz. 66
Aus der Bardividende sind hervorgegangen:
für die Veranlagungszeiträume 1994—1998:
- EK 30 in Höhe von 40,83 % der Bardividende und
- EK 01 in Höhe von 41,67 % der Bardividende
für die Veranlagungszeiträume ab 1999:
- EK 30 in Höhe von 23 % der Bardividende und
- EK 01 in Höhe von 67 % der Bardividende
Dieses Aufteilungsverhältnis ergibt sich stets, wenn der aus der französischen Ausschüttung entstehende Einkommensteil mit der Ausschüttung übereinstimmt. Das ist der Fall, wenn der Ausschüttung keine anteiligen Betriebsausgaben und keine anteiligen Abzugsbeträge bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte und des Einkommens zuzuordnen sind.
Rz. 67
In Fällen der Anrechnung erfolgt ein Zahlungsausgleich zwischen der französischen und der deutschen Finanzverwaltung, an der der Steuerpflichtige durch seinen Antrag auf Erstattung der in Frankreich gezahlten Kapitalertragsteuer mitwirkt (vgl. Rz. 64).
Die französische Steuerverwaltung erstattet der deutschen Steuerverwaltung die
Steuergutschrift von |
50,00 Punkten, |
behält hiervon aber eine Kapitalertragsteuer in Höhe |
|
von 15 % der Bruttodividende (150 Punkte), d. h. von |
22,50 Punkten |
ein. Der Erstattungsbetrag beträgt somit |
27,50 Punkten |
bzw. 27,5 % der Bardividende (vgl. Art. 20 Abs. 1b) bb) letzter Satz des DBA).
Nach Auffassung der Finanzverwaltung gehört der vom französischen Staat gezahlte Ausgleich nicht zur inländischen Tarifbelastung, sondern zu den ausländischen Steuern. Dieser Auffassung ist m. E. zuzustimmen.