Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 4
§ 38 enthielt seit der KSt-Reform die Regelung des verwendbaren Eigenkapitals bei Vermögensübernahme; zum Inhalt dieser Regelung vgl. Anm. 6. Die Vorschrift galt nicht nur für die Verschmelzung, sondern für alle Fälle des Vermögensübergangs durch Gesamtrechtsnachfolge.
Durch das Gesetz zur Änderung des Umwandlungssteuergesetzes vom 28.10.1994 ist § 38 neu gefaßt worden. Der sachliche Geltungsbereich der Vorschrift wurde auf Verschmelzungen beschränkt. Die Neuregelung enthält nach wie vor das Prinzip der Zusammenrechnung der verwendbaren Eigenkapitalteile der übertragenden und der übernehmenden Körperschaft, wurde jedoch um eine Regelung der Anpassung im Bereich des Nennkapitals erweitert. Neu ist auch die Regelung der Behandlung der Differenzbeträge, wenn die Summe der zusammengerechneten Eigenkapitalteile von dem verwendbaren Eigenkapital nach der Steuerbilanz abweicht. In der Neuregelung ist die erforderliche Korrektur im EK 04 vorzunehmen; nach der bisherigen Regelung waren der überschießende Betrag vom EK 0 (also EK 01—EK 04) abzuziehen, aber nur in Höhe der positiven Beträge; dadurch nicht ausgeglichene Beträge wurden vorgetragen. Die Neuregelung vermeidet den Vortrag und dient daher der Vereinfachung.
Rz. 5
Die Neuregelung ist nach § 54 Abs. 12 erstmals auf den Übergang von Vermögen anzuwenden, der auf Rechtsakten beruht, die nach dem 31.12.1994 wirksam werden. Da die handelsrechtliche Wirksamkeit mit Eintragung im Handelsregister eintritt, gilt die Neuregelung also für Verschmelzungen, die nach dem 31.12.1994 in das Handelsregister eingetragen werden. Da steuerlich eine Rückwirkung bis zu 8 Monaten eintritt, kann die Neuregelung auch schon auf Vorgänge anzuwenden sein, die sich mit steuerlicher Wirkung im Jahr 1994 abspielen.
Für die Übergangszeit vertritt die Finanzverwaltung eine einschränkende Interpretation, um Kongruenz mit dem handelsrechtlichen Umwandlungsgesetz herzustellen. Nach § 318 UmwG ist das neue Recht auf Vorgänge nicht anzuwenden, zu deren Vorbereitung bereits vor dem 1.1.1995 ein Vertrag oder eine Erklärung beurkundet oder notariell beglaubigt oder eine Versammlung der Anteilsinhaber einberufen worden ist. Aus dieser handelsrechtlichen Inkrafttretensregelung schließt die Finanzverwaltung, daß der Ausdruck "beruht" so auszulegen ist, daß Umwandlungen auch von der steuerrechtlichen Neuregelung nicht erfaßt werden, bei denen Vorbereitungshandlungen der genannten Art vor dem 1.1.1995 vorgenommen worden sind. Diese Auslegung des Gesetzes ist nicht zwingend; sie ignoriert den Satzteil "…… die nach dem 31.12.1994 wirksam werden" in § 54 Abs. 12 KStG. Mit dieser Formulierung unterscheidet das Gesetz deutlich die Vornahme der Handlungen von deren Wirksamwerden; nur der letztere Zeitpunkt muß nach dem 31.12.1994 liegen. Umwandlungshandlungen werden aber eindeutig erst mit der Eintragung in das Handelsregister wirksam; für die Anwendung des neuen Rechts kommt es daher steuerlich nur auf den Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister an. Eine Angleichung an die Inkrafttretensregelung des handelsrechtlichen Umwandlungsgesetzes wäre wohl zweckmäßig gewesen, hat im Gesetzestext aber keinen Ausdruck gefunden. Dazu wäre eine wörtliche Übereinstimmung der Regelung über das Inkrafttreten in beiden Gesetzen erforderlich gewesen, was auch deshalb hätte erwartet werden können, weil beide Gesetze an demselben Tag erlassen worden sind. Im übrigen besteht auch in den materiellen Regelungen keine vollständige Kongruenz zwischen Umwandlungsgesetz und Umwandlungssteuergesetz (vgl. z. B. Einbringungen, §§ 20ff. UmwStG; zum gleichgelagerten Problem des Inkrafttretens des Umwandlungssteuergesetzes vgl. § 1 UmwStG Rz. 17).