Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 15
Die organschaftliche Ergebnisabführung auf Grund des Gewinnabführungsvertrages steht außerhalb des Anrechnungsverfahrens; es handelt sich um Wirkungen eines gesellschaftsrechtlichen Organisationsvertrages, nicht um Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2 EStG.
Ausschüttungen i.S.d. Anrechnungsverfahrens bilden jedoch Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter, Ergebnisabführungen auf Grund einer verunglückten Organschaft, Abführungen vororganschaftlicher Rücklagen bei eingegliederten Gesellschaften und Folgewirkungen aus Geschäftsvorfällen aus vororganschaftlicher Zeit.
Rz. 16
Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter hat die Organgesellschaft nach § 16 zu versteuern; sie sind nach § 36 Nr. 1 in der Gliederungsrechnung der Organgesellschaft, nicht des Organträgers, darzustellen. Es handelt sich bei dem Minderheitsgesellschafter um Bezüge auf Grund der Beteiligung an der Anrechnungskörperschaft i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, also auch um sonstige Leistungen i.S.d. § 41 Abs. 1 KStG. Ausgleichszahlungen nehmen daher am Anrechnungsverfahren teil. Sie sind jedoch "andere Ausschüttungen" i.S.d. § 27 Abs. 3, § 28 Abs. 2, da sie nicht auf einem den handelsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverwendungsbeschluss beruhen (vgl. § 27 Rz. 139, § 28 Rz. 29 f.; Einzelheiten zur Behandlung der Ausgleichszahlungen vgl. Kommentierung zu § 16 sowie die Behandlung im Anrechnungsverfahren § 36 Rz. 3 f.).
Rz. 17
Auskehrungen auf Grund einer verunglückten Organschaft sind, im Gegensatz zu Ergebnisabführungen auf Grund eines wirksamen Ergebnisabführungsvertrages (vgl. Rz. 30), Zuwendungen an den Anteilsinhaber auf Grund der Beteiligung an der Körperschaft und fallen daher unter § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Sie sind dementsprechend "sonstige Leistungen" nach § 41 KStG und nehmen am Anrechnungsverfahren teil. Sie sind keine Gewinnausschüttungen, da es an einem Gewinnverwendungsbeschluss fehlt.
Eine Organschaft ist "verunglückt", wenn die steuerlichen Voraussetzungen für die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft bei dem Organträger nach § 14 nicht vorliegen, insbesondere, wenn der Ergebnisabführungsvertrag steuerlich nicht anzuerkennen ist (vgl. § 14 Rz. 219). Ergebnisabführungen bei verunglückter Organschaft sind "andere Ausschüttungen" i.S.d. § 27 Abs. 3, § 28 Abs. 2 (vgl. § 28 Rz. 29).
Rz. 17a
Handelt es sich bei einer Organgesellschaft um eine eingegliederte Gesellschaft i.S.d. § 319 AktG, können handelsrechtlich auch vororganschaftliche Rücklagen abgeführt werden. Steuerrechtlich unterliegt die Abführung vororganschaftlicher Rücklagen aber nicht der Einkommenszurechnung nach § 14, sondern wird wie eine Auskehrung behandelt (vgl. § 14 Rz. 136, 139). Sie nimmt daher am Anrechnungsverfahren teil. Es handelt sich, da die Abführung vororganschaftlicher Rücklagen keine Gewinnausschüttung ist, um sonstige Leistungen im Sinne des § 41. Sie bilden "andere Ausschüttungen" i.S.d. § 27 Abs. 3, § 28 Abs. 2 (vgl. § 27 Rz. 139).
Rz. 17b
Treten während der Organschaft Folgewirkungen aus Geschäftsvorfällen aus vororganschaftlicher Zeit ein (z. B. Verschiebung von Abschreibungen durch eine Außenprüfung zwischen vororganschaftlicher und organschaftlicher Zeit), kann hierdurch die handelsrechtliche Ergebnisabführung erhöht werden. Diese höhere Abführung unterliegt steuerlich, ebenso wie in Rz. 17a, nicht der Einkommenszurechnung nach § 14, sondern wird als Auskehrung der Organgesellschaft behandelt (vgl. § 14 Rz. 199). Sie nimmt daher am Anrechnungsverfahren teil. Es handelt sich, da die Abführung vororganschaftlicher Rücklagen keine Gewinnausschüttung ist, um sonstige Leistungen im Sinne des § 41. Sie bilden "andere Ausschüttungen" i.S.d. § 27 Abs. 3, § 28 Abs. 2 (vgl. § 27 Rz. 139).