Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 43
Nach Abs. 4 hat die ausschüttende Körperschaft eine Bescheinigung, die den Absätzen 1 bis 3 der Vorschrift nicht entspricht, vom Inhaber der Bescheinigung zurückzufordern und durch eine berichtigte Bescheinigung zu ersetzen, die als berichtigte Bescheinigung zu kennzeichnen ist. Eine Bescheinigung entspricht nicht den Vorschriften der genannten Absätze, wenn sie unrichtig oder unvollständig ist.
Rz. 44
Eine Bescheinigung ist unrichtig, wenn sie Angaben enthält, die einer objektiven Prüfung nicht standhalten. Es kann sich um Fehler handeln, die offensichtlich erkennbar sind, z. B. das Anrechnungsguthaben beträgt nicht 3/7 der Leistungen. Es kann sich aber auch um Fehler handeln, die nicht offenbar, sondern nur für einen beschränkten Personenkreis erkennbar sind, z. B. der Anteilseigner ist falsch bezeichnet. Die Berichtigung der Bescheinigung durch die Gesellschaft setzt aber neben dem objektiv falschen Inhalt der Bescheinigung auch das subjektive Wissen der Körperschaft um diesen Fehler voraus. Stellt eine Körperschaft in Unkenntnis eines bestehenden Treuhandverhältnisses eine Steuerbescheinigung für den Treuhänder aus, weil sie diesen aufgrund eines Tatsachenirrtums für den Anteilseigner hält, und wird das Treuhandverhältnis für sie auch später nicht erkennbar, kann sie eine berichtigte Bescheinigung auf Grund ihres Wissensstandes nicht ausstellen, obgleich die von ihr erteilte Bescheinigung objektiv unrichtig ist (vgl. Rz. 8—10, 50). Wird der Körperschaft nach Erteilung der Steuerbescheinigung bekannt, daß ein Treuhandverhältnis vorliegt, ist sie zur Berichtigung der Bescheinigung verpflichtet.
Eine Bescheinigung ist nicht deshalb unrichtig, weil der Anteilseigner, dem sie erteilt wird, nicht zur Anrechnung der Körperschaftsteuer berechtigt ist. Die Anrechnungsberechtigung wird nicht bescheinigt, ihr Fehlen kann also nicht zur Unrichtigkeit der Bescheinigung führen.
Rz. 45
Eine Bescheinigung ist unvollständig, wenn sie zwar objektiv richtig ist, aber Angaben nicht enthält, die zwingend wären.
Beispiele:
- Ein Kreditinstitut erteilt einem Anteilseigner, dessen Aktie im Zeitpunkt des Zufließens nicht in einem auf den Namen des Empfängers der Bescheinigung lautenden Wertpapierdepot bei dem Kreditinstitut verzeichnet ist ("Schalterfall"), eine Bescheinigung, die nicht mit einem entsprechenden Hinweis versehen wird (Verstoß gegen § 44 Abs. 1 letzter Satz ;i. V. m. § 45 Abs. 2).
- Eine Kapitalgesellschaft stellt einem Anteilseigner eine Ersatzbescheinigung aus, ohne diese als solche zu kennzeichnen (Verstoß gegen § 44 Abs. 3).
Nach § 44 Abs. 1 Nr. 5 muß die Bescheinigung Angaben über den Betrag der nach § 52 zu vergütenden Körperschaftsteuer enthalten. Ist die Bescheinigung hinsichtlich dieses Betrages unrichtig, weil sich z. B. später herausstellt, daß andere Teilbeträge zu verwenden gewesen wären, besteht keine Berichtigungspflicht. Der Grund hierfür liegt darin, daß bei Vergütung der Körperschaftsteuer nach § 28 Abs. 7 eine Festschreibung der Verwendung der Teilbeträge eintritt, d. h., die tatsächliche Verwendung richtet sich im Ergebnis nach der bescheinigten Verwendung. Damit ist die Steuerbescheinigung nicht "unrichtig".
Unterläßt es die Körperschaft, die Verwendung des EK 03 zu bescheinigen, weil an ihr nachweislich nur anrechnungsberechtigte Anteilseigner beteiligt sind, liegt insoweit keine unvollständige Bescheinigung vor, da eine Bescheinigung des EK 03 gegenstandslos wäre (vgl. Rz. 21ff.). Diese Angaben sind daher von der Berichtigungspflicht ausgenommen.
Rz. 46
Wurde ursprünglich die Verwendung belasteten Eigenkapitals bescheinigt, und stellt sich später heraus, daß andere Teilbeträge zu verwenden gewesen wären (insbesondere EK 01), schreibt § 28 Abs. 4 eine Finanzierung aus dem EK 02 vor. Damit erfolgt auf jeden Fall eine Anrechnung von 3/7 der Auskehrung, was bei Verwendung von EK 01 nicht der Fall wäre. Die Steuerbescheinigung ist damit nicht unrichtig und braucht nicht berichtigt zu werden.
Rz. 46a
Von der Berichtigungspflicht ausgenommen sind auch Bescheinigungen, die nach Abs. 1 Nr. 6 ein verwendetes EK 45 zu hoch oder die Verwendung des EK 45 überhaupt nicht ausweisen.
Wird ein zu hoher Betrag an verwendetem EK 45 bescheinigt, hat dies bei dem Anteilsinhaber als Empfänger der Ausschüttung zur Folge, daß ein zu hoher Teil der Einnahmen nach § 23 Abs. 2 mit dem besonderen Steuersatz von 45 % (statt 40 %) besteuert wird. Aus der Sicht der Finanzverwaltung ist eine Berichtigung der Bescheinigung nicht erforderlich, da allenfalls eine zu hohe Steuer entsteht, aber kein Steuerausfall droht.
Wird überhaupt keine Verwendung von EK 45 bescheinigt, greift die Vermutung der Nr. 6 S. 3 ein, wonach die ganze Leistung (abzüglich bescheinigter Verwendung von EK 01 und EK 04) als aus dem EK 45 finanziert gilt. Somit wird die gesamte Leistung, soweit nicht bescheinigt ist, daß sie aus EK 01 und EK 04 finanziert worden ist, dem besonderen Steuersatz von 45 % unterworfen. Auch insoweit besteht daher keine Gefahr vo...